In beeindruckender Frische begeht Carola Weis aus der Brunnenrainstraße in Sendelbach an diesem Montag ihren 90. Geburtstag. Ihr Geist ist hellwach. Der Jubilarin sind Herzenswärme, Lebensbejahung und Disziplin eigen. Dank guter körperlicher Verfassung kann sie sich selbstständig versorgen.
Den Garten jedoch schaffe sie nicht mehr, sagt sie. „Ihn bearbeitet mittlerweile mein Sohn Wolfgang.“ Er und seine Frau Christine Kohnle-Weis wohnen im Nachbarhaus, in unmittelbarer Nachbarschaft wohnt auch Hermann Franz, der jüngere Bruder der Jubilarin.
Mathias, ihr zweitgeborener Sohn, lebt mit seiner Familie in Rothenbuch. Ganz besonders freut sich Carola Weis, dass ihre sieben Enkel (25 bis 18 Jahre) oft vorbeischauen. „Schon als sie klein waren, hatten wir eine Mordsgaudi zusammen. Wir sind einander gut.“
Sich selbst beschreibt sie als ausgeprägten Familienmenschen. „Das war auch mein Mann Alfred. Die Kinder gingen uns beiden über alles.“ Mit Alfred Weis, dem Leitenden Oberamtsrat der Stadt Lohr, war sie 62 Jahre verheiratet. Im Juni 2014 starb er im Alter von 94 Jahren.
Carola Weis, geborene Franz, wurde am 27. Juni 1926 in Sendelbach geboren. Nach der Volksschule besuchte sie sechs Jahre lang das Lyzeum der Dillinger Franziskanerinnen. „Ich wollte Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin werden“, sagt sie.
Das jedoch hätte ein Studium in Nürnberg bedingt. „Dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Es war Krieg; Er brachte Einschränkungen mit sich und hat vieles vereitelt.“
Für ein Studium habe ihrer Familie auch das Geld gefehlt. Ein Praktikum in Lohr ermöglichte es der jungen Frau, 1943 ihre erste Stelle als Handarbeitslehrerin anzutreten. An je einem Tag in der Woche unterrichtete sie an den Schulen in Wombach, Rechtenbach, Partenstein, Steinfeld und Steinbach. „Bei Wind und Wetter bin ich mit dem Fahrrad da hingefahren.“
Nach Kriegsende erteilte sie ein Jahr lang Handarbeitsunterricht in fünf Orten um Aschaffenburg. Danach fand sie Anstellung in der Materialbuchhaltung bei Rexroth in Lohr.
Zu dieser Zeit kannte sie ihren späteren Mann Alfred bereits. Als einer der letzten und wenigen war der junge Beamtenanwärter der Stadt Lohr 1945 aus amerikanischer Gefangenschaft zurückgekehrt. Danach nahm er seine Arbeit in der Stadtverwaltung wieder auf.
1952 trat das Paar in Mariabuchen vor den Traualtar. Carola Weis widmete sich nach der Geburt der Söhne Wolfgang (1955) und Mathias (1958) der Kindererziehung. 1966 bezog die Familie ihr Eigenheim in Sendelbach. An die gemeinsamen Reisen mit dem Wohnwagen entlang der Adria und Riviera denkt die Jubilarin gerne zurück. Als Alfred Weis 1982 in den Ruhestand trat, bereiste das Ehepaar mit dem Flugzeug ferne Kontinente. „Mein Mann legte über jede Reise ein Album an. Wenn ich mich manchmal einsam fühle, schaue ich sie an.“
