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KARLSTADT
Ein Denkmal von nationaler Bedeutung
Die Gerüste deuten schon an, dass nun die Sanierung des Gebäudes „Hauptstraße 9“ beginnt.
Foto: Jürgen Kamm | Die Gerüste deuten schon an, dass nun die Sanierung des Gebäudes „Hauptstraße 9“ beginnt.
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:05 Uhr

Vor über 640 Jahren wurde es gebaut, jetzt wird das Haus „Hauptstraße 9“ als neuer Teil des Stadtmuseums saniert. Der offizielle Spatenstich war gleichzeitig Festakt für 40 Jahre Altstadtsanierung. Domkapitular Jürgen Lenssen brachte als langjährige Bau- und Kunstreferent der Diözese Würzburg ein großes Geschenk: Für die von ihm konzipierte neue Abteilung „Zeitbrüche“ stiftet er 182 zeitgenössische Kunstwerke aus seiner privaten Sammlung.

Bürgermeister Paul Kruck ging schon bei der Begrüßung auf die außerordentliche Geschichte des turmartigen Gebäudes ein: Gebaut wurde es 1376 auf Beschluss des Domkapitels Würzburg als Ausweichquartier für Sitzungen. Wie die vor acht Jahren abgeschlossenen Voruntersuchungen ergaben, entstand in dieser ersten Bauphase ein aus Stein gemauertes einstöckiges Haus. 1531 wurde darauf ein zweistöckiger Fachwerkaufbau gesetzt, was heute von außen nicht mehr zu erkennen ist. Als 1563 die Pest in Würzburg wütete floh Bischof „Friedrich von Wirsberg“ nach Karlstadt, in dieser Zeit entstanden wertvolle Wandmalereien mit christlichen Motiven und Sinnsprüchen.

Vielfältige Förderung

Der Bürgermeister begrüßte nicht nur Vertreter der Kirche wie dem kommissarischen Leiter des Kunstreferats Jürgen Emmert, sondern auch den letzten privaten Besitzer des Gebäudes, Karl-Heinz Goldkuhle, und zahlreiche Politiker. Darunter seinen Vorgänger Karl-Heinz Keller, der 35 Jahren in Verantwortung der Altsanierung stand. Bundestagsabgeordneten Alexander Hofmann gelang es, dass der Bund das 2,5-Millionen-Euro-Projekt mit 300 000 Euro Förderung aus einem Denkmalschutz-Sonderprogramm unterstützt. Die weitere Finanzierung besteht aus 920 000 Euro Städtebauförderung (80 Prozent der förderfähigen Kosten von 1,15 Millionen Euro, 230 000 Euro Anteil der Stadt), 393 000 Euro Entschädigungsfond Landesamt für Denkmalpflege, 207 000 Euro Bayerische Landesstiftung, 100 000 Euro Deutsche Stiftung Denkmalschutz, 20 000 Euro Bayerische Landesstiftung und 335 000 Euro Eigenanteil der Stadt Karlstadt.

Die Städtebauförderung vertrat Baudirektor Bernhard Wägelein von der Regierung von Unterfranken. Mit dem Generalkonservator Mathias Pfeil aus München war sogar Bayerns höchster Denkmalschützer angereist. Nicht fehlen durfte der historische Verein mit Vorsitzenden Wolfgang Merklein und Museumsleiter Georg Büttner, Architekt Gerhard Heuser von der freien Planungsgruppe sieben, die lokalen Architekten, ehemaligen Sanierungsbeiräte wie Axel von Erffa und Michael Kellermay sowie Bauherren und Investoren der letzten 40 Jahre, etwa Armin und Herbert Rudolph.

Als „Denkmal von mindestens nationaler Bedeutung“ titulierte Architekt Alfred Wiener das Gebäude. Nach zwei Tagen des offenen Denkmales sei es nicht nur jedem bayerischem Denkmalschützer ein Begriff. Den eigentlichen Spatenstich hätten die Archäologen mit ihren Grabungen übernommen, dabei auch und sogar eine Scherbe aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gefunden. Auch er hob 40 Jahre Altstadtsanierung hervor, 50 Objekte habe er in 40 Jahren vorgestellt, fünf sanierte er persönlich.

Das eigentliche Umbaukonzept stellte seine Tochter Silia Wiener vor: Der Eingang erfolgt künftig von der Touristinformation her, eine Glashalle ermöglicht den Blick in den Innenhof. Gleich neben dem Eingang wird ein Aufzug für die barrierefreie Erreichbarkeit eingebaut, im hinteren Bereich ein neues Treppenhaus. Die zwei Vollgeschosse darüber werden vollständig museal genutzt, samt sichtbarer Wandmalereien.

Historisches und Zeitgenössisches

Domkapitular Jürgen Lenssen hielt schon fast eine Festrede mit Liebeserklärung an Karlstadt und das Gebäude. Weil Architektur und Ausmalung enge Grenzen setzten, dränge sich ein Museum auf. Sein Konzept lege den Blick auf den Beginn der Neuzeit. Für diesen grundlegenden Zeitenbruch stünden Reformation, Humanismus und Renaissance – ein grundlegender Wandel es Welt-, Menschen- und Gottesbildes. Aktuell erführe die Gesellschaft einen vergleichbaren Wandel.

Die Besucher des Museums würden zunächst zeitgenössischer Kunst als Zeugnissen der Gegenwart begegnen, ehe sie in den historischen Räumen auf den Zeitgeist des 16. Jahrhunderts stoßen. Während der historische Bereich mit Leihgaben der Kunstsammlung der Diözese Würzburg bestückt werden kann, stellt die zeitgenössischen Werke die Stiftung von Jürgen Lenssen selbst zur Verfügung. Es geht um 182 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, und Grafiken des 20. und 21 Jahrhunderts. Künstler sind unter anderem Rainer Stolz, Herbert Mehler, Karlheinz Oswald, Jacques Gassmann, Thomas Lange, Jürgen Wolf, Le Corbusier und Polykarp Uehlein. Damit werde das Museum ein Alleinstellungsmerkmal haben, so Lenzen. Er freue sich, damit in Karlstadt ab 2019 zugegen zu sein ohne hier zu wohnen.

Grußworte sprachen Baudirektor Bernhard Wägelein, der insgesamt 16,9 Millionen Euro nach Karlstadt geflossene Städtebaufördermittel erwähnte und Landrat Thomas Schiebel. Dieser hob die gelungene Altstadtsanierung hervor, vor 40 Jahren hätten die Leute bei Karlstadt nur an einen grauen Industriestandort gedacht.

Zum symbolischen Spatenstich ohne Grabwerkzeug posierten vor der Bautafel (von links) Jürgen Lenssen, Bundestagsabgeordneter Alexander Hoffmann, Generalkonservator Professor Mathias Pfeil, Baudirektor Regierung Bernhard Wägelein, Silia und Alfred Wiener, Bürgermeister Paul Kruck und Landrat Thomas Schiebel.
Foto: Jürgen Kamm | Zum symbolischen Spatenstich ohne Grabwerkzeug posierten vor der Bautafel (von links) Jürgen Lenssen, Bundestagsabgeordneter Alexander Hoffmann, Generalkonservator Professor Mathias Pfeil, Baudirektor Regierung ...
 
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