Welche Identität hat ein gebürtiger Oberfranke, der in Lohr Abitur gemacht hat, seit 17 Jahren in Indien arbeitet und zwei Wochen im Monat auf Reisen ist? "Ich fühle mich als bodenständiger Franke", betont Gerd Höfner, als er am Freitag in der Alten Turnhalle in der Reihe "Wieder mal daheim" über 100 Zuhörern von seinem Leben in einem ganz anderen Kulturkreis berichtet.
Als die Kulturinitiative die Reihe von Joachim Salzmann übernommen habe, "habe ich sofort an Gerd Höfner gedacht", sagte Schriftstellerin Krystyna Kuhn. Den 60-Jährigen, der für die Siemens-Medizintechniksparte in leitender Position im indischen Bangalore tätig ist, kennt sie, "seit ich 15 war" – vom Lohrer Gymnasium.
Facharbeit über Gedicht
So drehte sich der erste Teil des Abends, für den neben der Kulturinitiative noch das städtische Kulturamt verantwortlich zeichnete, um Höfners Schulzeit. An die hat er nach eigenen Worten "nur positive Erinnerungen". In der heutigen Alten Turnhalle habe er angefangen, Basketball zu spielen – selbst in den Schulferien, wenn er mit seinen Freunden durch die Fenster einstieg, um zu trainieren.
Höfners Jahrgang war der zweite mit der neuen Kollegstufe, seine Leistungskurse waren Mathematik und Latein. An seine Facharbeit kann sich der Manager noch erinnern: Es war ein Vergleich eines Ovid-Gedichts über Orpheus und Eurydike mit einem Relief, das Eurydikes Auszug aus der Unterwelt zeigt, wofür er acht Punkte bekam (was einer 3 entspricht).
Krystyna Kuhn sprach von "unerwarteten Talenten". Mit Zahlen hatte und hat Höfner dennoch mehr zu tun, etwa mit der "12", seiner Stammnummer im Basketballteam. Die Erfahrungen im Sport wie Disziplin und Mannschaftsgeist habe er im Beruf gut brauchen können, sagte der Manager.
Anderer Kulturkreis
Gewöhnen musste sich Höfner an das Leben in Indien, denn »akzeptiertes Verhalten ist von Kulturkreis zu Kulturkreis verschieden« – wobei das Essen mit den Fingern noch ein geringes Problem ist. Deutschland sei eher eine egalitäre Gesellschaft, "in Indien ist der Chef noch der Chef". Das Individuum stehe in Deutschland im Vordergrund, in Indien nehme die Familie immer die erste Stelle ein.
Einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden Ländern machte Höfner in der Unsicherheitsvermeidung aus. In Deutschland werde perfektionistisch versucht, jede Unsicherheit möglichst auszuschließen. In Indien gebe es das Konzept der "ausreichenden Qualität", in der auch nicht Perfektes akzeptiert werde, so lange es seinen Zweck erfülle.
Im Ballungsgebiet Bangalore mit seinen 12,5 Millionen Menschen, in der man den Landkreis Main-Spessart flächenmäßig bequem unterbringen könne, habe er Geduld und Dankbarkeit gelernt, so Höfner. Ein Geschäftsfreund habe das einmal so formuliert: "Für Choleriker ist Indien tödlich."
Abgestimmte Oldies
Für den musikalischen Teil des Abends sorgte die Band Yep! mit Hubert Auth (Keyboard und Gesang), Werner Hartmann (Gitarre, Bass, Gesang), Micha Günther (Gitarre) und Schorsch Ries (Cajon und Gesang). Die ausgesuchten Oldies waren auf den Besuch Höfners abgestimmt, etwa "Come together" von den Beatles, denn der Abend war ein Zusammentreffen mit Schulfreunden und den Basketballkumpeln von früher.