Wenn die Stimme der zierlichen Paulien Mathues mit den blonden, kurzen Locken zu ihrem Song „There's some place I've got to be“ erklingt, ist es im Saal mucksmäuschenstill. Bereits nach wenigen Takten leitet sie über in den rockigen Teil des Liedes und die Füße des Zuhörers wippen mit.

Die 18-jährige Paulien ist die Schülerin des Zimmerner Tenors und Gesangslehrers Christian Brüggemann und Gewinnerin des belgischen Wettbewerbs „The Voice van Vlaanderen“. Die Gesangs-Castingshow aus Flandern entspricht dem deutschen Format „The Voice of Germany“, das auf ProSieben und Sat.1 ausgestrahlt wird.

Schon immer hat die 18-Jährige gerne gesungen. „Ich singe, so lange ich mich erinnern kann“, sagt sie. Doch ihre Eltern waren der Meinung, ihre Stimme habe nicht genug Potenzial für eine professionelle Gesangskarriere. Dass sie damit falsch lagen, bewies Pauline kürzlich: Im vergangen Jahr nahm sie am heimischen Computer einen Song auf und schickte ihn an die Jury von „The Voice van Vlaanderen“.

Und tatsächlich wurde Paulien daraufhin zu den „Blind Auditions“ eingeladen. Dort singen die Kandidaten zum ersten Mal vor Publikum auf der Bühne; Pauline gab ihre Version von Lily Allens „Smile“ zum Besten. Anfangs können die Jurymitglieder die Kandidaten nur hören, aber nicht sehen. Drehen sie sich während des Auftritts um, sind die Darbietenden eine Runde weiter.

Für Paulien drehte sich Jasper Steverlinck, Mitglied der in Belgien sehr bekannten Band „Arid“, um. Von nun an gab ihr der Rockstar hilfreiche Unterstützung, wenn es darum ging, ihren Auftritt vor dem Publikum und der Jury zu absolvieren. Diese Hilfe hatte sie nötig, denn Paulien hatte bisher keinerlei Erfahrung auf der Bühne. Er war es auch, der Pauliens ersten Song schrieb.

Um sich weitere Unterstützung zu sichern, nahm sie Gesangsunterricht bei Christian Brüggemann, dem langjährigen Freund der Familie, der in Zimmern wohnhaft ist. Paulien ist das Patenkind von Christian Brüggemanns Ehefrau, die aus München stammt – genauso wie Pauliens Mutter. Die beiden sind seit der Schulzeit befreundet. Ihr Vater Jean-Marie Mathues ist ein in Belgien bekannter Karikaturist mit dem Künstlernamen „Quirit“.

Brüggemann ist begeistert von Pauliens Stimme, die unter die Haut geht: „Ein bisschen so wie Amy Winehouse.“ Brüggemann reiste mehrmals die rund 500 Kilometer nach Belgien. Außerdem verabredeten sich Paulien und er wöchentlich zum Internettelefonat. „Wenn sie ein sehr gutes Mikrofon und ich entsprechende Lautsprecher haben, ist das fast besser als Vor-Ort-Unterricht“, sagt Brüggemann.

Wichtig sei, dass er sehen könne, wie Paulien atmet und ihre Stimme einsetzt. Im Gegensatz zu den belgischen Lehrern der Show, die mit ihr an konkreten Gesangsstücken übten, versucht er, allgemeine Grundlagen einzustudieren. Er sagt: „Paulien hatte zuvor noch nie Gesangsunterricht. Sie hat eine natürliche Begabung.“ Und man merkt ihr an, dass sie Spaß am Singen hat. Brüggemann sagt: „Sie wirkt bei ihren Auftritten locker und kommt sympathisch rüber.“

Er muss es wissen: Nachdem es Paulien in die Live-Shows geschafft hatte, fuhr Brüggemann jede Woche nach Belgien, um Paulin zu unterstützen. Nur einmal war sie vor einem Auftritt sehr ängstlich. „Sie musste einen sehr intimen Song, nur mit der Begleitung einer Gitarre, singen. Sie machte auch Fehler, aber die hat die Jury ihr verziehen, denn sie transportierte die Stimmung des Songs super“, erinnert er sich.

Brüggemann ist ausgebildeter Tenor der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen und der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt. Seine Engagements führten ihn bisher nach Detmold, Flensburg und ins europäische Ausland nach Italien, Frankreich und Österreich. Neben dem eigenen Operngesang bildet er auch Schüler in den Bereichen klassischer Gesang und Jazz aus.

Nach ihrem Sieg bei der Casting-Show wird Paulien Mathues im Oktober ihr erstes Album veröffentlichen. Mit dabei werden auch Stücke sein, die Paulin selbst geschrieben hat. Denn seit sie vor kurzer Zeit angefangen hat, Gitarre zu spielen, beschäftigt sie sich damit, eigene Songs zu schreiben. Neben dem Plattenvertrag gewann Paulin einen Peugeot 208 – auch wenn sie bisher nur Zeit hatte, die Theorieprüfung des Führerscheins zu absolvieren.