Zu einem bayernweit einzigartigen Kooperationsprojekt fanden insgesamt 27 Schüler einer achten Klasse aus Berlin den langen Weg in den Spessart. Initiiert von Jochen Raue, dem Revieramtsleiter Frammersbach der Bayerischen Staatsforste, planten die Jungen und Mädchen mit ihren Lehrern der katholischen Schule Sankt Marien aus dem Berliner Stadtteil Neukölln ein Holzhaus und bauen dieses im Frammersbacher Forst auf. Mit einer Vorlaufzeit von eineinhalb Jahren entwarfen die Schüler an ihrer Schule fächerübergreifend eine klassische Blockhütte im Maßstab 1:10. Diese wurde mit den Materialien eines Berliner Holzhändlers an der Schule konstruiert und wird jetzt auf einem Grundstück der Bayerischen Staatsforsten – mitten im Wald – in Originalgröße aufgebaut.
Lehrer Brinkmann wollte schon immer mit seinen Schülern ein Holzhaus bauen
Tischlermeister Andreas Birkner, der Werkstattleiter der privaten Integrierten Sekundarschule, lernte Revieramtsleiter Raue bereits vor 20 Jahren kennen. Er wusste von den Plänen des betreuenden Lehrers Werner Brinkmann: „Ich wollte schon immer mal mit meinen Schülern ein Holzhaus bauen“, erklärt Brinkmann die dahinterstehende Idee. Durch den bestehenden Kontakt zu Jochen Raue und die Kooperation mit dem Bayerischen Staatsforst, der für dieses Projekt auch die Kostenübernahme gewährleistet, konnte die Idee des Lehrers realisiert werden.
Neben den Schülern, die in drei Gruppen aufgeteilt, abwechselnd am Holzhaus bauen, Jägerstände errichten oder sich mit einer Ordensschwester auf spirituelle Exkursionen begeben, befindet sich mit Tischlermeister Birkner auch die fachkundige Kompetenz der Schule vor Ort. Er zeigt sich mit dem Fortschritt sehr zufrieden: „Die Kinder sind voll dabei“, sagt er. Manche würden erst jetzt merken, wie hart handwerkliche Arbeit ist.
Eine Woche ohne Handy im Spessart
Im Vorfeld wurden mit den Schülern verschiedene Holzmodelle im Unterricht angefertigt. Revieramtsleiter Raue erschien persönlich zur Nominierung der schönsten Anfertigung in Berlin, die den Zuschlag zum Bau erhielt. Ein Bauunternehmer schaffte die in Berlin angefertigten Module direkt zur Bayerischen Schanz. Der dortige Wirt überführte diese zum Bauplatz.
„Meine Schüler sollen stolz auf sich sein“ sagt Brinkmann, der sich den Bau mit seiner Klasse schwieriger vorgestellt hat. Seine Schüler sollen dadurch Kontinuität und Ausdauer erlernen. „Wenn die Jungs und Mädels sehen, was sie da mit eigenen Händen errichten“, ist sich Brinkmann sicher „wird das deren Wertschätzung stärken.“
Ob die Achtklässler, die auf dem Zeltplatz in Frammersbach untergebracht sind und mit einer Feldküche versorgt werden, auch ohne ihr Handy, das sie während ihrer Woche im Spessart zuhause in Berlin lassen mussten, zurecht kommen? Die Meinungen gehen da auseinander. Während Schüler Robert vom Dach der Baustelle herunter ruft, „geht schon in Ordnung“, widerspricht ihm seine Klassenkameradin Lena und gibt an, dass „das schon verdammt hart“ sei. Die Tiere im Wald und die Ruhe finden dagegen alle einheitlich „klasse“. Auch weitere Exkursionen in und um Frammersbach werden durchgeführt.
Hütte soll später als Schulungseinrichtung für Jäger und Förster genutzt werden
„Einen Unfall hatten wir bisher noch nicht“ freut sich Jochen Raue und zeigt sich von der Teamarbeit begeistert. Betreut werden die Schüler zusätzlich von mehreren Forstwirten und ehrenamtlichen Helfern. Zum Abschluss ihrer Bauarbeiten dürfen die Jugendlichen die letzte Nacht ihres Aufenthalts im Spessart in ihrer 25 Quadratmeter großen Hütte übernachten, die später als Schulungshütte für Jäger oder Förster genutzt werden soll. Ausgestattet wird sie noch mit gebrauchten Möbeln, die Jochen Raue vor dem Sperrmüll rettete. „Vielleicht machen wir ja mal einen Klassenausflug hierher“, ruft Werner Brinkmann, mit einem Hammer in der Hand, vom Dach der Blockhütte herunter.