Nach 32 Jahren ist Siegfried Kimmel nicht mehr als Revierförster im Gemeindewald von Eußenheim tätig. Er geht in Altersteilzeit. Mit dem Wald hatte er aber länger als diese 32 Jahre zu tun – zumindest mit dem von Aschfeld.
„Mit dem Wald in Aschfeld bin ich schon seit Kindertagen verbunden“, blickt er zurück. Beispielsweise hat er als 13-Jähriger mit seiner Mutter im Wald Erdbeeren gesucht. Sie hatte sich verlaufen, doch er fand ohne Probleme den Weg nach Aschfeld zurück. Als 16-jähriger hat er als Ferienjob in Aschfeld im „Albach“ Eichenbestände durchgepflegt, für die er dann 15 Jahre später selbst die Verantwortung übernommen hat.
„Mein Traumberuf war von Kind an Förster“, berichtet Siegfried Kimmel. Aber ohne den passenden Schulabschluss war das nicht möglich. Da ihm auch der Weg zu einer Ausbildung als Büchsenmacher verwehrt blieb, nutzte er nach seiner Lehre als Graveur die Ausbildung an der IHK Würzburg/Schweinfurt, um in der Fachrichtung Gestaltung die Fachhochschulreife zu erwerben. So begann er 1976 an der Fachhochschule in Weihenstephan sein Studium der Forstwirtschaft.
Kein Kahlschlag mehr
„Schon dort wurde uns beigebracht, dass die Kahlschlagwirtschaft keine Zukunft mehr hat“, verdeutlichte er. Das lernte er auch im Vorbereitungsdienst für den gehobenen technischen Forstdienst am staatlichen Forstamt Partenstein, den er Ende 1981 abschloss.
Doch zunächst widmete er sich knapp 17 Monate schwerpunktmäßig seinem Hobby, dem Fotografieren. Ausgestattet mit einer Hasselblad fotografierte er alte bäuerliche Gehöfte und bäuerliches Handwerk. „Ich hab‘ ein ganzes Archiv davon voll“, schwärmt er und hofft nun, dieses ordentlich aufzuarbeiten.
Als die Stelle als Revierförster in Eußenheim frei wurde, bewarb er sich und zog nach seiner Einstellung 1983 in das Dienstgebäude der staatlichen Forstverwaltung in Eußenheim, in dem er heute noch wohnt.
Mit 17 erwarb Kimmel den Jugendjagdschein und ist noch heute aktiver Jäger als Mitpächter einer Eigenjagd in Aschfeld im „Unteren Ölgrund“. Da er der Meinung ist, das Wild sollte in der Nacht Ruhe haben, geht er jeweils erst morgens auf die Jagd – ab Oktober jeweils gegen 6 Uhr.
„Als ich in Eußenheim meinen Dienst antrat, wurde noch die Kahlschlagwirtschaft betrieben und meist mit Douglasien oder Fichten aufgeforstet“, verdeutlichte er. Seine erste Anpflanzung war im „Diebsgrund“, wo aber einheimische Edellaubbäume wie Ahorn, Kirsche, Linde und Hainbuchen gepflanzt wurden. Dass die Abkehr davon 1983 die richtige Entscheidung war, bestätigte beim Waldbegang der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Klaus Bernhart.
„Ich habe von Anfang an auf einen naturnahen Wald gesetzt“, erklärt Kimmel. Er strebte einen gemischten Bestand an und setzte auch auf Naturverjüngung. Dadurch konnten Wildlinge selbst gezogen oder auch verkauft werden, was auch der Gemeindekasse guttat.
Und durch die Naturverjüngung flächendeckend über alle Gemeindeteile konnte auch die Wildproblematik entschärft werden, denn das Rehwild hat heute im Wald alles, was es braucht. Auch wurden in mehreren Gemeindeteilen Tümpel angelegt, die das ganze Jahr Wasser haben und einen Lebensraum für Molche, Erdkröten und sonstige Kleinlebewesen bilden.
Ein bisschen Wildnis erwünscht
Kimmel, der schon die Naturwälder in Kanada und den Dschungel im Amazonasgebiet besucht und erforscht hat, versucht auch im Gemeindewald ein bisschen Wildnis reinzubringen. Totholz gehöre zu einem gesunden Wald, auch wenn der Wald dadurch unübersichtlicher wird. Und trotzdem wurde seit seinem Dienstantritt der Gemeindewald stärker durchforstet und auch mehr als früher üblich eingeschlagen. Es gab dadurch mehr Licht, es entwickelte sich eine andere Bodenvegetation, die auch am Boden grün ist. „Die Gemeinde unterstützt mich dabei“, verdeutlicht er. Auch wenn es viel Kritik dafür gab, wird Totholz bewusst liegen gelassen und auch „Charakterbäume“ bleiben stehen. Dazu gehören nicht nur besonders große Exemplare, sondern auch Bäume wie Speierling, Mehl- oder Elsbeere.
Die Baumartenvielfalt soll auch in Zukunft erhalten bleiben und so sind 15 bis 20 verschiedene Baumarten in beinahe jedem Bestand zu finden. Sie seltensten Arten sind die Wildbirne und der Wildapfel. Um die Vielfalt zu erhalten, wird bei der Durchforstung im Regelfall die Buche zurückgenommen. Sie würde als „Mutter des Waldes“ bald die anderen verdrängen.
Kritisch betrachtet Siegfried Kimmel den zugenommenen Papierkrieg, den er mehr als Computerkrieg sieht. Früher sei alles einfach und durchschaubar gewesen, heute sei im Büro der Computer-Spezialist gefragt und es geht dadurch Zeit verloren, die eigentlich dem Wald gehöre.
Nun zieht es Kimmel wieder nach Kanada, wo er vermutlich nächstes Jahr längere Zeit in der unberührten Wildnis verbringen will, im Kanu, ohne Handy, ohne Karte . . .
„Man wird mich aber auch weiterhin hier in Wald und Flur sehen.“ Ein Umzug ist nicht geplant, seine Jagdpacht läuft noch drei Jahre und die Gemeinde wird zumindest in der nächsten Zeit nicht ganz auf sein Wissen und seine Erfahrungen verzichten können.
Gemeindewald Eußenheim
Revierförster Siegfried Kimmel führte bei seinem letzten offizielle Waldbegang die Teilnehmer in den „Diebsgrund“ nach Eußenheim (Wiederaufforstung 1983 nach Kahlschlag), in den Albach (150-jähriger Eichenbestand) und Bettel (75-jähriger Kiefer- und Fichtenbestand) in Aschfeld, in die Kohlplatte (Wiederaufforstung 2010 mit Tanne und Buche) in Bühler sowie in den Rotherain (Umbau von Fichten-Reinbeständen in Mischbestände aus Buche, Ahorn, Esche und Eiche unter Einbeziehung von Fichten-Naturverjüngung) in Hundsbach.
Für rund 2100 Hektar ist der Revierförster in Eußenheim zuständig, die sich über 1750 Hektar Gemeindewald (verteilt auf die Ortsteile Eußenheim 420 Hektar, Aschfeld 390 Hektar, Bühler 270 Hektar, Hundsbach 250 Hektar, Obersfeld 250 Hektar, Münster 170 Hektar) sowie 350 Hektar Privatwald erstrecken.
Der Gemeindewald besteht zu 75 Prozent aus Laubhölzern und zu 25 Prozent aus Nadelhölzern, wobei die Eiche mit 30 Prozent die häufigste Baumart ist. Der älteste Baum im Gemeindewald ist die „Dicke Eiche“, die rund 350 Jahre alt ist.
1983 betrug die Vorratshaltung im Gemeindewald rund 117 Festmeter pro Hektar. Sie ist inzwischen auf 217 Festmeter pro Hektar (gesamt 346 000 Festmeter) gestiegen.
Der Hiebsatz beträgt momentan 7300 Festmeter im Jahr. Der jährliche Zuwachs liegt bei rund 12 000 Festmeter, was in der Nachhaltigkeit einen Überschuss (Zuwachs) im Gemeindewald von rund 4700 Festmetern im Jahr ergibt.
Für den scheidenden Revierförster Kimmel hat jetzt die Freistellungsphase der Altersteilzeit begonnen. Als Gäste beziehungsweise Vertreter der Gemeinde nahmen am Waldbegang der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt, Klaus Bernhart, Christoph Kirchner und Christoph Hamann (der momentan als Revierförster für das Gemeindegebiet zuständig ist), Bürgermeister Dieter Schneider mit dem Gemeinderat und die bei der Gemeinde beschäftigten Forstleute teil. TEXT: PP
Was kommt nach Kimmel???
Hoffentlich erwählt die Gemeinde einen würdigen Nachfolger, der die Fahne der naturnahen Waldwirtschaft weiterhin hoch hält !!!