
Die ganze Welt sehen, im Cockpit großer Flugzeuge sitzen: Pilot ist für viele ein Traumberuf. Thomas Roth aus Adelsberg, 49, hat es geschafft, er ist Pilot, genauer gesagt Flugkapitän. Die ganze Welt hat er zwar noch nicht gesehen, aber doch sehr viel. Dabei fliegt er nicht irgendwelche Maschinen, sondern seit einigen Monaten das größte Passagierflugzeug der Welt, den doppelstöckigen A380 von Airbus, in den über 500 Personen passen.
Drei bis fünf Tage die Woche ist der 49-Jährige nicht zu Hause. „Das ist nicht die Montag-bis-Freitag-Geschichte.“ In Städten, in die viele nie, manche vielleicht einmal im Leben kommen, hat Pilot Roth Stammlokale. Im Winter stehen für ihn vier Ziele in den USA – Miami, Houston, San Francisco und Los Angeles – auf dem Flugplan, außerdem Hongkong, Singapur, Shanghai und Delhi. Im Sommer erweitert sich die Zahl der Zielflughäfen noch einmal.
Lieblingsziele Hongkong und Singapur
Bei jedem Flug hat die Crew 24 bis 72 Stunden Aufenthalt. Roth nutzt die Zeit oft für Sport oder Unternehmungen mit der Crew. Als er noch den kleineren A320 geflogen ist, bestand die Kabinencrew aus drei bis fünf Personen, bei einem A380 sind es gleich 21. Er hat das Glück, auch immer wieder an seine Lieblingsziele zu kommen: Hongkong und Singapur. In beiden Städten genieße er die große Vielfalt und das gute Essen, erzählt er. Allerdings sei er nach zwölf Stunden Flug im Fall von Singapur oft erst einmal „schlagkaputt“.
Eigentlich wollte Thomas Roth, der 1987 sein Abitur am FLG in Gemünden machte, Informatik studieren. Er hatte schon einen Programmierwettbewerb hinter sich und war auch an der Uni eingeschrieben. Als er jedoch davon hörte, dass die Lufthansa Piloten sucht, dachte sich Roth, der damals ab und an in der Fränkischen Schweiz in Segelfliegern saß, warum nicht? Es klang verlockend: gutes Einstiegsgehalt, kein langes Studium. Also bewarb er sich.
Schweres Auswahlverfahren
Doch so einfach wird man nicht Pilot. Damals durfte ein Bewerber keine Brille tragen, musste eine bestimmte Größe und bestimmte Noten haben, erinnert sich der Adelsberger. Und dann noch ein Teil, der es in sich hat: ein mehrtägiges Auswahlverfahren mit einem Wissensteil und verschiedenen Tests.
Roth schaffte es und war nach zweieinhalb Jahren fertiger Co-Pilot, hatte, so betont er, die gleiche Qualifikation wie ein Kapitän, allerdings weniger Befugnisse. Seine Karriere begann er als Co-Pilot an Bord des A320 auf Kurz- und Mittelstrecken, vor allem Europa, nach fünf Jahren wechselte er zum A340 und auf die Langstrecke, bevor er nach zwölf Jahren eine Kapitänsausbildung begann. Seit 2003 ist Roth nun Flugkapitän, bis zum vergangenen Jahr auf Kurzstrecken an Bord des A320 und mittlerweile im A380. Ein „typischer Standard-Werdegang“, wie der Adelsberger meint. Dass er stolz darauf ist, mit dem Riesenflieger abzuheben, muss man aus dem bescheidenen Mann erst herauskitzeln.
Auch erfahrene Piloten müssen trainieren
Obwohl Roth mittlerweile ein sehr erfahrener Pilot ist, muss er dennoch mehrmals jährlich mehrstündige Simulatorflüge absolvieren, um Dinge zu wiederholen und unvorhergesehene Situationen, etwa starken Nebel, einen Triebwerksausfall oder Systemfehler, einzuüben. Als Pilot auf der Langstrecke ist er vor allem bei Start und Landung gefragt, den Reiseflug übernimmt der Autopilot. Die Piloten haben dann aber nicht etwa Freizeit. So müssen sie laut Roth die Treibstoffsituation im Auge behalten, mit der Flugsicherung Kontakt halten, die Reiseflughöhe „optimieren“. Je nach Wetterlage müssen Gewitter, starke Quellwolken und Turbulenzgebiete umflogen werden.
Passiert ist bei Flügen während seiner Pilotenlaufbahn zum Glück noch nichts weiter, sagt Roth. Es komme bei gut 500 Passagieren aber immer wieder zu großen und kleinen Problemen, etwa gesundheitlicher Art oder auch betrunkene oder pöbelnde Passagiere.
Bei manchen Fragen, wie etwa nach mitfliegenden Flugsicherheitsbegleitern (englisch „sky marshals“), die Entführungen verhindern sollen, oder nach neuen Sicherheitsregeln nach dem in Suizid-Absicht herbeigeführten Germanwings-Absturz 2015 interveniert die bei dem Gespräch in Adelsberg mitlauschende Dame von der Lufthansa-Presseabteilung freundlich.
Schnelle Hobbys
Bei der ganzen Fliegerei genießt es Thomas Roth auch einmal, einfach zu Hause zu sein. Er geht gerne laufen oder mountainbiken. Dass er so viel unterwegs ist, bedeutet für sein Privatleben „eine gewisse Herausforderung“. Aber seine Frau, sein Sohn und seine Tochter kennen es nicht anders. Für ihn selbst heißt das, dass ein Hobby im Verein schwierig ist, da er nur unregelmäßig zu Hause ist.
Ganz vom Geschwindigkeitsrausch lassen, kann er auch in der Freizeit nicht. Thomas Roth setzt sich gerne mal in Rennautos, aufs Moped oder ins Cart. Die ganze Welt hat auch der 49-jährige Adelsberger übrigens noch nicht gesehen: In Australien war er noch nie – weil die Lufthansa dorthin keinen Direktflug anbietet.