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Lohr
Ein Abend auf der Festwoche mit Fotograf Ernst Huber oder: Wie seine Bilder einst den Server von Rexroth lahmlegten
Kaum eine Veranstaltung findet in Lohr statt, ohne dass der Mann mit der charakteristischen Schildkappe sie fotografisch begleitet. Warum macht sich Ernst Huber diese Mühe?
Ernst Huber in seinem Element: Im Festzelt der Lohrer Spessartfestwoche ist der Hobbyfotograf stets auf der Jagd nach dem nächsten Schnappschuss.
Foto: Simon Hörnig | Ernst Huber in seinem Element: Im Festzelt der Lohrer Spessartfestwoche ist der Hobbyfotograf stets auf der Jagd nach dem nächsten Schnappschuss.
Simon Hörnig
 |  aktualisiert: 10.08.2024 02:38 Uhr

Durch die Menge treffen sich ihre Blicke, die junge Frau mit Dirndl und Septum-Piercing lächelt und nickt dem Mann mit der schwarzen Schildkappe zu. Eine Szene im gut besuchten Festzelt der Lohrer Spessartfestwoche am Dienstagabend, die fast romantisch anmutet. Tatsächlich ist sie für Partyfotograf Ernst Huber Arbeitsalltag. Der perfekte Eisbrecher: Seine treue Fujifilm XS-1-Bridge-Kamera, die er seinen potenziellen Fotomodellen über die Köpfe der Menge entgegenstreckt und damit nonverbal die alles entscheidende Frage stellt: Willst du fotografiert werden?

Die junge Frau und ihre Mutter wollen. Einmal abdrücken und einen Blitz später ist die Aufnahme im Kasten. Zur Zufriedenheit der Fotografierten, wie sich gleich darauf herausstellt. Dass sie das Foto direkt im Anschluss auf dem kleinen Kameradisplay ansehen dürfen, gehört für den 67-jährigen Huber zum guten Ton. "Mir ist wichtig, dass sich die Leute auf meinen Fotos gefallen und dass es den Leuten Spaß macht. Ich will sie damit nicht nerven", erklärt der Sendelbacher.

Mutter und Tochter beim gemeinsamen Festzeltbesuch: Eine weitere schöne Impression für Ernst Hubers endlose Online-Galerie über den Lohrer Festbetrieb.
Foto: Ernst Huber | Mutter und Tochter beim gemeinsamen Festzeltbesuch: Eine weitere schöne Impression für Ernst Hubers endlose Online-Galerie über den Lohrer Festbetrieb.

Jedes Wochenende auf der Jagd nach neuen Veranstaltungsimpressionen

Eine Strategie, mit der Huber seit mittlerweile fast drei Jahrzehnten sehr gut gefahren ist. Mit seinen Fotoserien von gefühlt jeder Veranstaltung im Lohrer Raum hat er es zu einer gewissen Lokalprominenz gebracht. Dabei möchte der berentete Elektrotechniker eigentlich überhaupt nicht im Vordergrund stehen: "Hinter meiner Kamera fühle ich mich am wohlsten", sagt er und lacht.

Wie wohl er sich mit seinem Hobby fühlt, belegt sein unermüdlicher Einsatz: Jedes Wochenende und manchmal auch unter der Woche ist er auf Festen in Lohr und Umgebung unterwegs und präsentiert seine Eindrücke im Anschluss in kostenlos aufrufbaren Fotoserien auf seiner Homepage. Richtig anstrengend wird es für ihn in Lohrs "fünfter Jahreszeit", der Spessartfestwoche. "Da bin ich natürlich jeden Abend drunten", betont Huber.

"Hinter meiner Kamera fühle ich mich am wohlsten."
Ernst Huber, Hobbyfotograf

So auch am Dienstagabend. Auf der Bühne spielen die Troglauer auf, eine Rockband aus Troglau in der Oberpfalz, die der 67-Jährige gut kennt und im Laufe des Abends noch für ein paar Schnappschüsse auf der Bühne besuchen wird. Um kurz vor 10 Uhr hat Huber bereits drei Fotorunden durch die auf den Bierbänken tanzende Menge gezogen und seine bevorzugte Ruheposition am Biergartenausgang gegenüber der Bühne bezogen.

Ernst Huber kennt das Zelt und seine Besucher

Ein strategisch gut gewählter Ort, wie sich zeigt. Der rege Strom an Festpublikum, das dort in beide Richtungen unterwegs ist, ermöglicht dem Hobbyfotografen immer wieder Begegnungen wie die eingangs beschriebene. Dabei muss Huber jedoch nicht immer selbst den ersten Schritt machen. "Ernst!", begrüßt ihn eine Frau im langen, schwarzen Kleid und die beiden umarmen sich herzlich. Sie unterhalten sich kurz und es folgt ein Paarporträt mit ihrem Partner.

Viele Besucherinnen und Besucher der Spessartfestwoche kennt Ernst Huber nach knapp 30 Jahren Fotoeinsatz mittlerweile persönlich – so auch Lokalpolitikerin Maili Wagner, die hier mit ihrem Partner Modell steht.
Foto: Simon Hörnig | Viele Besucherinnen und Besucher der Spessartfestwoche kennt Ernst Huber nach knapp 30 Jahren Fotoeinsatz mittlerweile persönlich – so auch Lokalpolitikerin Maili Wagner, die hier mit ihrem Partner Modell steht.

"Das war Maili Wagner, einstige Landratskandidatin für den Landkreis Aschaffenburg" erklärt Huber. Sie sei für ihn "Germany’s Next Topmodel" und man kenne sich seit Jahren, seit Wagner ihn einst darum gebeten hatte, ein Porträt im Rahmen des Lohrer Keilerfrühshoppens für ihren Online-Auftritt verwenden zu dürfen. Auch andere Gäste verwickeln den Sendelbacher immer wieder in kurze Gespräche. Man sieht: Huber kennt das Festwochenpublikum – und umgekehrt.

Für das Festwochenpublikum schlägt sich Ernst Huber die Nacht um die Ohren

Und er weiß auch ganz genau, was die Festbesucherinnen und -besucher von ihm erwarten. Nämlich, dass die Bilderserie vom Abend am nächsten Morgen online steht. Damit das klappt, folgt Huber in der Festwoche jeden Abend dem gleichen Ablauf. Kurz vor 20 Uhr radelt er von der gegenüberliegenden Mainseite hinüber zum Festzelt, macht dort bis 23 Uhr seine Fotos und tritt anschließend wieder den Heimweg an. Drei Stunden, erklärt er, ist er im Anschluss damit beschäftigt, eine Auswahl zu erstellen und diese dann auf seine Homepage hochzuladen, wo sie für gewöhnlich ab 2 Uhr Nachts zu bewundern ist.

Anzeige für den Anbieter Instagram über den Consent-Anbieter verweigert

Wie gefragt seine Serien besonders in der Festwoche sind, illustriert Huber anhand einer Anekdote aus dem Beginn der 2000er Jahre. Da habe er zur Festwoche eines Morgens einen Anruf von Rexroth bekommen –  Lohrs größtem Arbeitgeber. "Ob ich jetzt alle Bilder oben hätte, wollten die wissen", erinnert er sich. Tatsächlich sei es nämlich so gewesen, dass der Firmenserver zusammengebrochen sei, da bei Arbeitsantritt eine Vielzahl an Angestellten gleichzeitig auf Hubers Bilderserie vom Vorabend habe zugreifen wollen.

Ernst Huber fotografiert nicht nur auf Festen und Feiern:

Fotoserie

Seitdem hat sich bei der IT-Infrastruktur derartiger Großunternehmen einiges getan und in Zeiten von Social Media haben auch die Zugriffszahlen auf Hubers Bilder-Homepage etwas abgenommen. Doch immer noch besuchten 300 bis 400 Menschen täglich seinen Internetauftritt. Der hat sich in den vergangenen Jahrzehnten optisch wenig verändert, liefert den Leuten aber verlässlich das, was sie sehen wollen: Eindrücke aus dem Festzelt und von all den großen und kleinen Feiern in und um Lohr herum.

Bilderserien zeigen, wie viel in Lohr geboten ist

Aber warum macht sich der Mann mit der charakteristischen Schildkappe Woche für Woche, Tag für Tag diese Mühen? Geld verdient er mit seinem Hobby nach eigener Aussage keines, Sponsorendeals habe er stets abgelehnt. "Ich will meinen Spaß haben, ich will meinen Zeitvertreib haben und dabei keine Verpflichtungen eingehen müssen", bringt es Huber auf den Punkt. Darüber hinaus wolle er mit seiner Arbeit einen Beitrag zu der immer wiederkehrenden Diskussion leisten, dass in Lohr nichts los sei. "Dass das nicht stimmt, können sich die, die das behaupten, gerne auf meiner Seite anschauen."

Dass neben seiner Fotografie nur wenig Zeit für andere Hobbys bleibt, ist Huber bewusst. Umso wichtiger ist für ihn, dass seine Frau dagegen keine Einwände habe. "Sie akzeptiert das. Warum ich das mache, kann sie aber nicht so ganz nachvollziehen." Sagt er und muss sich auch schon wieder verabschieden: "Da hinten winken sie", entschuldigt er sich und macht sich auf den Weg durch die Menge, auf zum nächsten Schnappschuss.

 
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