Für die 1200-Jahrfeier war sie geplant, jetzt ist die neue Himmelstadter Ortschronik fertig. Fast sieben Jahre haben fünf Autoren daran geschrieben. Und neue Erkenntnisse gewonnen, etwa dass der Ortsname nichts mit einer Herzogstochter Immina zu tun hat. Herausgekommen ist ein 400 Seiten starkes Werk, das mehr ist als eine klassische Chronik. Wie der Name "Himmelstadt – neue Erkenntnisse und Wendepunkte in seiner Geschichte" deutlich macht, handelt es eigentlich um ein Himmelstadter Geschichtsbuch mit 24 Kapiteln.
Die Idee für eine neue Chronik entstand schon 2015, als am Burkardstuhl mit geophysikalischen Verfahren in der Erde die Grundmauern von einstiegen Häusern gesucht und gefunden wurde. "Eigentlich wollte ich gar keine Chronik schreiben", sagt Gerhard Hilpert, der Initiator, Ideengeber und treibende Kraft war. Vielmehr suchte der ehemalige Projektleiter am Amt für ländliche Entwicklung und studierte Vermessungsingenieur die Nikolauskapelle.
Erst später zeigte sich, dass dies nicht gelingen konnte, weil sie im 13. Jahrhundert zu einer Klosterkirche erweitert wurde. Dafür schaute er im Staatarchiv auch in einen Teil der 180 Jahrbücher der einstiegen Vogtei (Klosterverwaltung) samt dem 1000 Seiten dicken historischen Immobilienverzeichnis. Für die Chronik arbeitete er mit Dr. Ralf Obst vom Bayrischen Landesamt für Denkmalpflege zusammen, der aus Gammbach stammt.
Chronik wird im Eigenverlag aufgelegt
Zum Redaktionsteam gehörten außerdem Doris Grimm als Autorin in Lektorin, Tanja Schaub-Gütling, die Schulleiterin der Grundschule Himmelstadt als Illustratorin, Altbürgermeister Harald Führer als Autor und Johannes Haimann, der studierter Fachmann für Informatik mit der Fachrichtung E-Commerce übernahm das Layout bis hin zur druckfertigen Vorlage. Denn verlegt wird die neue Chronik im Eigenverlag.
Mehrere Kapitel stammen von Autoren mit fachwissenschaftlicher Expertise. Das sind der Historiker und Sprachwissenschaftler Dr. Joachim Andraschke, , der Archäologe Franz Xaver Bechtold, der Mittelalterhistoriker Professor Dr. Rainer Leng, der Historiker Professor Dr. Peter Rothenhöfer und der Archäologe Philipp Schinkel.
Schon der Umfang des Buchs macht deutlich, dass die ehrenamtliche Arbeit dahinter unbezahlbar ist. Die Gesamtinvestitionen inklusive geophysikalischer Bodenuntersuchungen kosteten 60.000 Euro. Davon übernahm das Bayerische Amt für Denkmalpflege die Hälfte, die Unterfränkische Kulturstiftung 20 Prozent und es gab 11.000 Euro an Spenden von der Diözese Würzburg, der Sparkassenstiftung von des Rotary-Clubs Karlstadt Arnstein. Den Rest finanzierte die Gemeinde Himmelstadt. Der Druck schlug mit letztlich über 14.000 Euro.
Kurzweiliger "Abend der Geschichte"
Vorgestellt wurde die neue Himmelstadter Chronik bei einem kurzweiligen "Abend der Geschichte" bei dem Mehrzweckhalle mit 280 gestellten Plätzen ausverkauft war. Dabei wurde die Ortsgeschichte durch ein "Treffen mit Zeitzeugen" vom Neandertaler bis zum letzten Besitzer des Ummenstaller Hofes Peter Hemmelman erlebbar. Um lebensgroße Pappfiguren, für die Johannes Haimann Vorlagen in stundenlanger Kleinarbeit aufgearbeitet hatte, ließen sich jeweils drei Grundschulkinder nieder. Der Main und die Wälder hätten ihm und seiner Sippe vor 30.000 Jahren gute Ernährungsgrundlagen geboten, erzählte ein Neandertaler. In der Jungsteinzeit seien Menschen dann am Burkardstuhl sesshaft geworden.
Nach einem Zeitsprung kam Immin als Burgunder zu Wort, sein Volk hatte Skandinavien nach einer kleinen Eiszeit verlassen. Er war es auch, dem der Ort am Main mit fruchtbaren Äckern, Wald und einer Furt durch den Main von seinen Stammesführern zugewiesen bekam. Er benannte ihn nach sich, mit der Endung "stat" wie in der Heimat seiner Vorfahren, also "Imminestat".
Immenestat im Waldsassengau
Im Jahr 820 gehörte Immenestat im Waldsassengau dem Adeligen Ramuolf und lag schon beidseits des Maines. Er schenkte um seines Seelenheils willen für ein gutes Leben nach dem Tod seinen gesamten Besitz dem Kloster Fulda. 20 Jahr später hatte Kaiser Ludwig der Fromme, als Sohn und Nachfolger von Kaiser Karl dem Großen, ganz ähnliche Motive. Zwölf Tage vor seinem Tod übgab er sein Königsgut in Immenstat als Lehen auf Lebenszeit an den Grafen Bernard und danach dem Bischof von Würzburg.
Im Jahr 1172 bestätigte Kaiser Friedrich Barbarossa eine Urkunde zwischen dem Stift Naumburg und dem Kloster Oberzell, in der der Ort Hymelstat genannt wurde, woraus später Himelstat wurde. Barbarossa wollte mit seinem Kreuzzug des irdische Jerusalem befreien auf dass es eine Himmelsstadt auf Erden werde.
Im Jahr 1231 wurde die Äbtissin Gertrud dem Zisterzienserkloster Himmelspforten zugewiesen, das sich in Himmelstadt befand. Das Leben dort wurde den Schwestern zu unsicher. Sie siedelten erst in das Kloster Schönau bei Gemünden und dann zum Teil nach Würzburg (Zell) über. Damals gab es auf dem Burkardstuhl die kleine Schammburg, bewohnt von Ritter Johannes von Flach. Der Name Burkardstuhl war eine Ableitung von Burkstadel als Verbindung zur niederen Gerichtsbarkeit.
Ära des Klosters Himmelspforten
Die Ära des Klosters Himmelspforten endete in Himmelstadt nach 572 Jahren mit der Säkularisation. Der letzte Vogt berichtete vom Ende des Klosters im Jahr 1803 mit 822 Morgen Wald und 1564 Morgen besten Ackerlands und wunderte sich, wie 34 oft verarmte Ortsbauern 48.000 Gulden zum gemeinsamen Kauf der Vogtei mit drei Höfen und über 1100 Morgen Ackerland aufbringen konnten.
Die Ummenstaller Höfe (auf der Höhe zwischen Himmelstadt und Stadelhofen) ersteigerte Peter Hemmelmann als Sohn des letzten Gutsverwalters für 20.000 Gulden. Wie sein Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel Bürgermeister Herbert Hemmelmann aus dem Off berichtete, wurde es sein Ruin: Erst musste er Napoleons Kriege mitfinanzierten, dann sorgte ein gewaltiger Vulkanausbruch in Indonesien für eine Missernte (ein Jahr fast ohne Sonnenschein) und für Schwefel im Regen, was Kühe und Schweine über das Zisternenwasser vergiftete.
Keinen geschichtlichen Bezug, aber großen Unterhaltungswert hatte der Auftritt des "Vogteigeistes Gertrud" in Gestalt eines jungen Mädchens. Davon steht auch nichts in der neuen Chronik, dafür einiges über die erwähnten Zeitzeugen und noch vieles mehr.