
An diesem Dienstag begeht Ernst Weber, ehemaliger Handballer des TSV Lohr, seinen 80. Geburtstag. Ihm die Jahre zu glauben fällt schwer. Mit seiner Familie wurde er nach Kriegsende aus Schlesien vertrieben und kam nach der Flucht aus der ehemaligen DDR 1958 nach Lohr. "Hier habe ich durch Arbeit und den TSV Lohr Freunde und Heimat gefunden", sagt er.
Die Handballabteilung der "Rot-Gelben" prägte Weber über Jahrzehnte entscheidend mit; für sie wurde der unermüdliche Schaffer zum Glücksfall. Aufhebens darüber zu machen, ist Weber aber zuwider. Er sagt: "Von Kindheit an hat meinen zwei Jahre älteren Bruder Gerhard und mich geprägt, was unsere Großeltern und Eltern uns vorlebten: Üb' Treu und Redlichkeit, sei dankbar für Gutes, das dir widerfahren ist und gib es zurück. Das ist mir zum Leitspruch geworden." Ihm ist er bis heute treu.
Nach seinem Ruhestand 2004 und dem Ende von 48 Berufsjahren – die letzten 25 Jahre als Konstruktionsleiter bei der Lohrer Firma Hunger – engagierte sich Ernst Weber verstärkt im Altenheim St. Martin und bei der Lohrer Tafel, außerdem spendete er 120-mal Blut. Die Liste ließe sich verlängern.
Dem TSV gehört der Jubilar seit 63 Jahren an. Erste sportliche Kontakte beim Tischtennis in der alten Turnhalle führten ihn 1958 zu seiner ersten Lehrstelle als Schlosser in der Heil- und Pflegearbeit und diese wiederum zum Jugendhandball unter dem damaligen Trainer Helmut Schaller. "Turnschuhe und Trainingsanzug hatte ich keine, Helmut schenkte sie mir einfach", sagt er rückblickend. Neben dem Handball war Weber 17 Jahre lang aktiver Tennisspieler in der TSV-Mannschaft, ab 1986 Initiator und elfjähriger Organisator des Alfred-Stumpf-Turniers, ein Vierteljahrhundert agierte er im Hauptverein als Sportabzeichenprüfer.
Seine größte Leidenschaft jedoch blieben die "Rot-Gelben". Als erster Inhaber der Trainerlizenz im TSV gründete und trainierte er 1968 die Damenmannschaft. Daraus wurde nicht nur sportlich eine Herzensangelegenheit. Beim Lohrer Pfingstturnier 1963 lernte er seine spätere Frau Ingrid aus Bad Neustadt kennen. Sie wurde die erfolgreichste Werferin in seinem Team. Er selbst war zwei Jahrzehnte lang Spielertrainer der ersten Herrenmannschaft, schaffte mit ihr den Aufstieg in die Bezirksliga und trainierte neben ihr und den Damen die männliche und weibliche A-Jugend.
Über Letztere sagt der Vater zweier erwachsener Kinder und Opa von vier Enkeln: "Jungen Menschen in einem Verein Werte zu vermitteln, erachte ich als wichtig für die Charakterbildung." Einen sportlichen Coup landeten er und der Aktive Helmut Schaller 1973. Sie holten den ehemaligen Nationalspieler und Weltmeister Josef ("Sepp") Karrer vom TV Großwallstadt als Spielertrainer nach Lohr. Dieser führte die Herren I binnen zwei Jahren in die bayerische Oberliga und damit in die dritthöchste Spielklasse in Deutschland.
Abseits des Spielfelds war Weber Organisator zahlloser TSV-Veranstaltungen. Zur wirtschaftlichen Unterstützung der Handballabteilung gründete er 2000 den Freundeskreis Lohrer Handballer. Bis heute ist er ehrenamtliches Mitglied im Sportberatungsgremium.
Den privaten Ernst Weber halten tägliche Spaziergänge fit. Er liebt Literatur – allen voran Goethe und Schiller –, Geschichte und Kunst. Entspannung finden er und seine Frau seit fast zwei Jahrzehnten im Urlaub an der Ostseeküste.
