
Münzen für San Marino? Kein Problem, haben sich der Gemündener Grafiker und Illustrator Arno Ludwig und seine Frau Vera, gelernte Fotografin, gedacht, als ihnen die Anfrage aus Italien weitergeleitet wurde. Zwar hieß es, der Künstler für die Euro-Sammelmünzen solle „jung und kreativ“ sein, aber Ludwig, dem man den Künstler an der Nasenspitze ansieht, antwortete: „Wir können das, aber jung sind wir leider nicht mehr.“ Und wie sie es konnten.
Seit November gibt es eine 20- und eine 50-Euro-Sammelmünze in Gold, entworfen von den Ludwigs. In San Marino ist man offenbar sehr zufrieden mit der Arbeit der beiden. So zufrieden, dass sie einen Vertrag zur Erstellung des gesamten neuen Satzes der offiziellen Euro-Münzen der Mini-Adria-Republik nahe Rimini in der Tasche haben – von der 1-Cent- bis zur 2-Euro-Münze.
Dass Arno, 54, und Vera Ludwig, 46, den Auftrag erhalten haben, ist kein Zufall. Zufall war nur, dass die Anfrage genau bei den Richtigen landete. Denn die beiden entwerfen schon seit 25 Jahren Sammelmünzen für Göde, einen Münzhändler mit Sitz in Waldaschaff. Sie haben schon Münzserien mit Eisenbahnen, Sehenswürdigkeiten oder Politikern gestaltet. Am Computer zeigen sie Entwürfe von Münzen mit Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt. Auf „bestimmt 10 000“ schätzen sie die Anzahl der von ihnen gestalteten Münzen.
Gelernter Retuscheur
Arno Ludwig, ein gebürtiger Karlstadter, hat seine Arbeit von der Pike auf gelernt. Einst ließ er sich von Werner Hofmann, bekannt als Kabarettist, zum Retuscheur ausbilden. Er kennt es noch, dass alles per Hand gezeichnet wird. Heute passiert einiges am Computer. Zudem wisse er, wie Zeichnungen zu sein haben, damit Münzprägeanstalten und Druckereien damit etwas anfangen können. Wie etwa die Tuschestriche zu setzen sind.
Gerade „junge Kreative“ hätten davon oft wenig Ahnung, weshalb die Entwürfe manchmal nicht zu gebrauchen sind. Da habe er als etwas Älterer, aber aus seiner Sicht nicht weniger Kreativer Vorteile, findet er. Etwas überrascht sind er und seine Frau, dass sich offenbar in ganz Italien niemand findet, der Münzen so gestalten kann wie sie. Als sie eine Auswahl ihrer bisherigen Werke nach Italien schickten, bekamen sie gleich den Zuschlag zur Gestaltung der beiden 20- und 50-Euro-Sammlermünzen. Seine Frau hat per Hand nach Fotos einer Kirche und eines Gebäudeensembles Tuschezeichnungen angefertigt, die dann in den Computer gescannt und dort von ihrem Mann mit Schriftzügen und Zahlen vervollständigt wurden.
„Wir wissen oft schon, wie sie werden“, sagt Arno Ludwig verschmitzt. Zwar kämen oft noch Änderungswünsche, die er gerne vornehme, damit der Auftraggeber das Gefühl habe, selbst zu entscheiden, doch am Ende setze sich sein Vorschlag häufig durch.
Fotos als Vorlagen
Nachdem das mit den Sammelmünzen so gut klappte, wurde Ludwig im September 2015 nach San Marino eingeladen. 1100 Kilometer Fahrt. Die 20- und 50-Euro-Münzen waren nur eine Probe. Weil sie jetzt den Auftrag über die offiziellen Zahlungsmittel San Marinos erhielten, machte er bei seinem Besuch Fotos von allen möglichen Sehenswürdigkeiten und aus verschiedenen Perspektiven. Er sei bei seinem Besuch auch hingekommen, wo normale Touristen nicht hinkommen, etwa ins Parlament, erzählt er.
Inzwischen läuft die Produktion der Entwürfe für die Münzmotive schon auf Hochtouren. Drei Entwürfe der entsprechenden Sehenswürdigkeit machen die beiden jeweils. Der Großteil der Entwürfe ist schon fertig. Wenn sich das komplett von Italien umschlossene San Marino für je einen Entwurf entschieden hat, geht es an die Feinarbeit. Bei genauen Fragen und Perspektiven tue auch Googles Dienst StreetView mit seinen abfotografierten Straßenzügen gute Dienste. 2017 dann werden die neuen in Gemünden entworfenen San marinesischen Cent- und Euro-Münzen ausgegeben.
In Deutschland habe die Nachfrage nach Sammelmünzen in den vergangenen Jahren etwas nachgelassen, berichten die Ludwigs. Der Grund: „Die Sammler sterben aus.“ Deswegen hatten sie zuletzt auch weniger Aufträge für Münzen. Dafür ließen immer öfter Firmen Münzen für Jubiläen oder Vereine für Ehrungen anfertigen. Aber Arno Ludwig macht alle möglichen Illustrationen. So hat er etwa vor Jahren einmal die Junior-Tüte von McDonald's entworfen oder aktuell für ein Möbelhaus in der Region eine neue Werbefigur. Über Design-Preise für ihn haben wir bereits berichtet.
Dass die entworfenen 20- und 50-Euro-Münzen dann ausgegeben wurden, haben die Ludwigs nur durch Facebook mitbekommen. Eigene Belegexemplare der Goldmünzen haben sie nicht erhalten. Das wäre bei einem Preis von zusammen 985 Euro vielleicht auch ein etwas teures Belegexemplar. Aber vielleicht bekommen sie wenigstens ein Set ihrer Euromünzen. Und womöglich hat der ein oder andere ab 2017 ein von ihnen entworfenes Geldstück im Geldbeutel.