Die Spessart-Trachtenkapelle und der Singkreis „Leuchtspur“ aus Bischbrunn-Oberndorf verbrachten ein Wochenende auf einer gemeinsamen Reise nach Sittard in der niederländischen Provinz Südlimburg. Dort wurde auch eine Reihe von Auftritten im Rahmen des örtlichen Oktoberfests im „deutschen Stil“ absolviert. Die musikalische Partnerschaft begann 2010, als der gemischte Chor „Thirdwing“ aus der Nachbarstadt Heerlen einen Gastgeberchor für ein Konzert in Deutschland suchte.
Mit einiger Ungewissheit, was sie genau erwarten würde, brachen die 50 Musikerinnen und Musiker im Bus gen Norden auf. Im Vorfeld hatte sich die Absprache mit der Festleitung als schwierig erwiesen – doch bei der Ankunft zeigte sich, dass die Gemeinde Großes geleistet hatte. Die ganze Stadt präsentierte sich in blau-weiße Dekorationen gehüllt, überall warteten niederländisches Weißbier, Schnitzel, Filzhüte und Lodenhosen auf feierlustige Käufer. Aus Raummangel wurde etwa die Hälfte der Kirmesbuden und Fahrgeschäfte auf die engen Klinkergassen der Sittarder Altstadt verteilt. Der Festplatz war den größeren Bierzelten und Achterbahnen vorbehalten.
2005, so erklärte der niederländische Lokalpolitiker und Kontaktmann der Vereine, Gerard van Rens, führte die 100 000-Seelen-Stadt das „Oktoberfeest“ ein, um beim inoffiziellen Festivalwettkampf der Städte in der Region mitzuhalten und die Festsaison auf Oktober zu verlängern. Größenmäßig ist das Volksfest, auf dem sich 2011 knapp 300 000 Limburger, Flamen und Rheinländer einem Gefühl von „süddeutscher Lebensfreude“ hingaben, inzwischen mindestens mit der Würzburger Kiliani-Messe zu vergleichen.
Zwischen Kitsch und Kultur
Zwischen Plastikmaßkrügen, Auftritten von „Antonia aus Tirol“ und Dirndln „made in China“ versucht die Gemeinde zunehmend, den Kitsch um kulturelle Substanz zu erweitern. Hier kamen die Oberndorfer ins Spiel. Nach einer Freizeit mit Besuch im nahen Maastricht und einer Führung durch die karolingische, jülicher, französische, belgische und schließlich niederländische Vergangenheit Sittards gestaltete der Singkreis einen katholischen Gottesdienst mit dem Dekan Wilbert van Rens, dem Bruder des Organisators Gerard van Rens, in der St.-Petrus-Kerk musikalisch mit der Gospelmesse „Body and Soul“ von Lorenz Maierhofer.
Wie Dirigentin Christa Gutmann später sagte, war der Auftritt in dem voll besetzten, hochgotischen Dom in Sachen Atmosphäre schon ein Erlebnis einer neuen Dimension für den kleinen Frauenchor. Die Besucherzahlen wurden durch die Video-Liveübertragung in die örtlichen Altenheime noch vergrößert. Tags darauf umrahmte der Chor den Festgottesdienst, der zum ersten Mal in der neugotischen Basilika „Onze Lieve Vrouw van het Heilig Hart“ abgehalten wurde, mit spirituellen Liedern aus dem Repertoire von Haydn bis Hanne Haller.
Mit Trommeln vorneweg
Dies war auch der Tag, für den die Trachtenkapelle mitgekommen war. Erst geleiteten sie eine Delegation der Dominikanerschwestern von St. Cecilia aus dem US-amerikanischen Nashville von ihrer Unterkunft im nahen Karmelitessenheim zur Basilika, am Mittag zogen sie ein Stück über die Plätze der Stadt. Vor allem aber hatten sie die Ehre, beim großen Festumzug am frühen Nachmittag dem trommlerlosen Sittarder Schützenverein voranzuschreiten.
Die „echten Bayern“ mit dem rot-weiß gezackten Wappen fielen als einzige Marschkapelle unter den 40 beteiligten Schützen- und Trachtenvereinen der Niederlande, Belgiens und Deutschlands auf. Die Einheimischen verfolgten den Umzug in großer Zahl und Erregung.
Nach den Strapazen des Wochenendes überwog auf der Heimfahrt ein Gefühl tiefer Zufriedenheit über das bestandene Abenteuer. Vor Ort wurden von den Verantwortlichen auf beiden Seiten bereits neue Pläne geschmiedet, um die musikalische Partnerschaft zwischen der Dorfgemeinde Bischbrunn-Oberndorf und dem urbanen Ballungsraum Sittard-Heerlen-Maastricht zu vertiefen.