Der Online-Handel boomt, doch in der Berufswelt hat sich das bisher nicht widergespiegelt. Bundesweit gibt's ab dem nächsten Schuljahresbeginn erstmals die Ausbildung zur „Kauffrau oder zum Kaufmann im E-Commerce“. Alle, die in Unterfranken diesen neuen Beruf anstreben, werden die Berufsschule Main-Spessart in Karlstadt besuchen. „Das ist für uns eine Chance und eine große Herausforderung“, sagt Thomas Kraft, Lehrer und Fachbereichsleiter.
Seit 2010 ist der Thüngersheimer der Fachbereichsleiter Wirtschaft an der Berufsschule in Karlstadt und damit verantwortlich für die Auszubildenden im Einzel- und Großhandel. Die Einzelhandel-Azubis kommen aus Main-Spessart, die Großhandel-Azubis auch aus Stadt und Landkreis Würzburg sowie dem Landkreis Kitzingen. Dafür müssen zum Beispiel angehende Bankkaufleute aus Main-Spessart die Berufsschule in Kitzingen besuchen. „Diese Spezialisierung ist für die Schulen sinnvoll – für die Schüler verlängert es natürlich die Wege“, erklärt Kraft.
Weiterbildung für Lehrer
Erst seit April ist klar, dass alle E-Commerce-Auszubildenden aus ganz Unterfranken künftig die Berufsschule in Karlstadt besuchen werden. „Zuerst hieß es, wenn in ganz Nordbayern nur ein oder zwei Klassen für den neuen Beruf zusammenkommen, gäbe es dort nur einen Berufsschulstandort, vermutlich in der Region Nürnberg-Fürth stattfinden“, so Kraft. Doch dann war das Interesse aus Unterfranken so groß, dass die Karlstadter Schule den Zuschlag für die neue Ausbildungsklasse bekam.
Das bedeutet auch, dass die Lehrer sich in Fortbildungen auf die neuen Anforderungen einstellen müssen. „Ein Team von vier Lehrern wird die E-Commerce-Kaufleute betreuen. Sie werden im Blockunterricht beschult“, sagt Kraft. Wenn die Schüler aus ganz Unterfranken anreisen, ist die Fahrt für einen Berufsschultag pro Woche zu lang. Deshalb kommen sie jeden Monat für ein oder zwei Schulwochen nach Main-Spessart. „Wir werden viel in Projekten arbeiten: Erstellen eines Webshops, Waren-Präsentation, Sortimentsplanung, Auslesen und Interpretieren von gewonnenen Daten“, so Kraft.
Ab Januar soll den Berufsschülern das neue Wohnheim zur Verfügung stehen – sicher auch ein positiver Faktor für den Standort Karlstadt. Zudem wurden die Computerräume der Schule gerade neu ausgestattet. Und Projekte oder Praktika am European College of Business & Management in London, an der Uni Birmingham oder in Atlanta, Georgia (USA) stehen den Schülern ebenfalls offen. Berufsspezifisches Englisch und selbstständiges Arbeiten werden in der E-Commerce-Ausbildung stärker gefördert als beispielsweise im Einzelhandel.
IHK wirbt für neuen Beruf
Wie viele junge Frauen und Männer die Ausbildung im Spätsommer beginnen werden, ist allerdings noch nicht klar. „Manche entscheiden sich erst spät für einen Ausbildungsplatz. Anders als andere Schulen erfahren wir unsere Schülerzahlen tatsächlich erst zum Schuljahresbeginn“, so Kraft. 16 pro Klasse sind das Minimum, ab 33 Schülern werden zwei Klassen gebildet. Die IHK wirbt derzeit noch bei den Betrieben dafür, die neue Ausbildung anzubieten.
Die Berufsschule Main-Spessart bietet noch eine weitere Möglichkeit zur Qualifizierung: Neben der Ausbildung ist es im dreijährigen Programm „Berufsschule plus“ möglich, die allgemeine Fachhochschulreife zu erwerben. Dafür nötig: Unterricht in Karlstadt an zwei Abenden in der Woche sowie eine Abschlussprüfung.