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Karsbach/Retzstadt
Dreimal ins selbe Haus eingebrochen: Zehn Jahre Zuchthaus für Karsbacher
Vor 150 Jahren wurde der Bäckergeselle Georg Popp aus Karsbach vom Schwurgericht Unterfranken wegen Einbrüchen in Retzstadt verurteilt.
Ortsschild Karsbach.
Foto: Björn Kohlhepp | Ortsschild Karsbach.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 11.02.2024 18:51 Uhr

Ganze drei Mal stieg Georg Popp aus Karsbach im Oktober und November 1871 in ein Wohnanwesen in Retzstadt ein – zwei Mal machte er Beute, beim dritten Mal wurde ihm die Gier zum Verhängnis. Das Schwurgericht von Unterfranken und Aschaffenburg verurteilte den 26-jährigen Bäckersgesellen dafür im April 1872. Zehn Jahre musste er ins Zuchthaus und weitere zehn Jahre verlor er seine bürgerlichen Ehrenrechte. Ein weiterer Karsbacher musste immerhin für acht Tage in Haft.

Das Ziel von Popps Einbrüchen war das gemeinschaftliche Wohnanwesen der Bauern Franz Anton Feser und Johann Rudolph in Retzstadt. Das erste Mal brach Popp am Vormittag des 15. Oktober 1871 von hinten ein, berichtete der "Würzburger Stadt- und Landbote". Die Hausherren waren an jenem Sonntag vermutlich in der Kirche. Popp stieg über eine Öffnung des überwölbten Kellerzugangs in die Scheune, durch deren Dach, indem er Ziegel entfernte, auf das Dach des Wohnhauses und von dort durch ein leicht zu öffnendes Fenster ins Haus. Aus einer versperrten Kommode des Bauern Rudolph, die er öffnen konnte, entwendete er 25 Gulden Bargeld und den unterschriebenen Entwurf eines Wechsels über 336 Gulden sowie 50 Ellen Leinwand aus einer Truhe.

Am Sonntag darauf kam der Einbrecher wieder

Eine Woche später, wieder ein Sonntag, kehrte er nachmittags zurück. Er wollte wieder auf die gleiche Weise einsteigen, aber diesmal waren Eisenstäbe am Fenster angebracht. Also sprang Popp in den Garten und brach eine Holzremise auf, gelangte von da in den Stall, wo er die Verbindungstür zum Wohnhaus aufbrechen konnte. Diesmal machte er bei Feser Beute in Höhe von 330 Gulden Bargeld, diversem Schmuck, 33 Ellen Leinwand und einem wollenen Kleid.

Bevor Popp wiederum in Retzstadt einbrach, brach er vom 11. auf den 12. November 1871 bei der Bauerswitwe Margaretha Stamm in Karsbach ein und klaute Kleidung, Taschen- und Tischtücher. Und abermals an einem Sonntag, sechs Wochen nach der ersten Tat, war Popp wieder bei seinem Lieblingshaus in Retzstadt. Diesmal gelangte er mit einer Leiter in die Speisekammer Rudolphs und von da ins Wohnzimmer. Er versuchte die dort stehende Kommode, in der sich 100 Gulden Bargeld und 7000 Gulden Wertpapiervermögen befanden, aufzubrechen. Allerdings vereitelte diesmal die Frau Rudolphs, die laut um Hilfe rief, sein Vorhaben.

Mit gefälschtem Wechsel Geld ergaunert

Mit dem erbeuteten Wechsel hatte er zwischenzeitlich einen kleinen Kredit bei einer Witwe in Würzburg, bei der er ein Zimmer mietete, erlangt. Als er dies noch zweimal versuchte, schenkte sie ihm aber keinen Glauben mehr, dass der Wechsel, den er mit "Ludwig und Ferdinand Keßler" unterzeichnet hatte, echt sei.

Georg Popp wurde von den Geschworenen für schuldig befunden. Der königliche Staatsanwalt forderte zwölf Jahre Zuchthaus und zehn Jahre Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, der Verteidiger plädierte auf fünf und drei Jahre. Das Schwurgericht blieb mit seinem Urteil nahe an der Staatsbehörde.

Ein Helfer, der bei der letzten Tat Schmiere gestanden hatte, wurde zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt und ein 41-jähriger Würzburger Metzgergeselle, der aus Karsbach stammte und Popp den Schmuck abgenommen hatte, zu acht Tagen Haft. Popps Geliebte aus Zellingen wurde freigesprochen.

 
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