
Die Stadt Lohr will im Stadtgebiet ungenutzte Flächen renaturieren und teilweise neue Freizeitmöglichkeiten schaffen. Zu den Details gab es nun im Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss allerdings kontroverse Diskussionen. Die Folge: Eines der von der Umweltstelle vorgeschlagenen Projekte wurde vorerst auf Eis gelegt.
Seit Jahren legt das Rathaus ein Augenmerk auf Biodiversität und klimagerechte Stadtentwicklung. Erst 2023 hatte man in einem "Klimaanpassungsgutachten" untersuchen lassen, was die Stadt unternehmen kann, um die Folgen des Klimawandels vor Ort abzumildern. Während die Umsetzung aufgrund noch zu klärender Fördermöglichkeiten stockt, will die Stadt jetzt an drei Stellen kleinere Akzente in Sachen Renaturierung setzen und dabei auch das Ortsbild verschönern.
Die Ideen dazu wurden nach Aussage des städtischen Umweltreferenten Manfred Wirth mit Unterstützung der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege entwickelt.
Drei Teilprojekte in Lindig
Ein Projekt betrifft den Eingangsbereich zur Lindigsiedlung. Dort soll die direkt an der Bahntrasse gelegene und zuletzt dem Glasfaserbau als Lagerplatz dienende Fläche in einen Lebensraum für trockenheitsliebende Arten verwandelt werden. Allerdings wird zu prüfen sein, ob die Fläche nach der jüngsten Nutzung mit problematischen Ablagerungen kontaminiert ist. Verschiedene Räte forderten, unbedingt sicherzustellen, dass in letzterem Fall die verantwortlichen Firmen zur Rechenschaft gezogen würden.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite soll eine Grünfläche naturnaher gestaltet und ein laut Wirth kaum genutzter Gehweg zurückgebaut werden. Im nur einen Steinwurf entfernten Kastanienwäldchen soll überdies ein Streifen zur Straße zur Blüh- und Kräuterwiese werden.
Herr: Parkplätze statt Blühwiese
Einwände hatte Ernst Herr (CSU). Laut ihm sei zu prüfen, ob die kleine Grünfläche nicht ein Bauplatz sein könnte. Auch die jetzige Lagerfläche sei "zu wertvoll", um sie der Natur zu überlassen. Und statt im Kastanienwäldchen eine Blühwiese zu schaffen, solle man dort lieber einen Pendlerparkplatz mit bis zu 35 Plätzen einrichten, regte er an.
Bürgermeister Mario Paul verwies auf den Pendlerparkplatz auf der anderen Seite der Bahnstrecke unterhalb des Bahnhofs, Torsten Ruf (ÖDP) auf häufig ungenutzte Parkplätze an der Ruppershüttener Straße. Mathilde Lembach (Grüne) und Brigitte Riedmann (Freie Wähler) erklärten, dass es um mehr Biodiversität gehe, nicht um mehr Parkplätze.
Herr blieb bei seiner Sicht: Pendlerparkplätze in Bahnhofsnähe förderten die Verkehrswenden. Bei der Abstimmung war Herr jedoch der einzige, der die ökologische Aufwertung der drei Flächen in Lindig nicht weiterverfolgen wollte.
Fläche für Natur und Freizeit
Knapper war das Votum bei einem anderen Projekt: Am Brunnenwiesenweg soll die direkt neben der ehemaligen Jugendherberge gelegene Grünfläche mit Quelle und See zu einer "Natur- und Klimaoase" mit Freizeitwert werden. Auf dem gut 3000 Quadratmeter großen Gelände sollen alte Betonmöbel entfernt und ein Wasserspielbereich, ein Barfußpfad und wilde Ecken geschaffen werden. Der Lattenzaun um das Grundstück soll weichen.

Die Idee gefiel einem Besucher der Sitzung nicht. "Dann sieht es aus wie am Tretbecken in Sackenbach", machte er seinem Unmut Luft. Im Gremium überwog jedoch die Zustimmung. Karl-Hermann Hummel (Bürgerverein) bezeichnete das Projekt als "riesigen Schritt vorwärts". Er regte an, gleich noch ein Buswartehäuschen für die nahe Stadtbus-Haltestelle zu schaffen.
Einwände kamen erneut von Herr. Er verwies darauf, dass die Baugenossenschaft auf Nachbargrundstücken Veränderungen beabsichtige. Man solle mit einer Umgestaltung warten, bis diese Vorhaben spruchreif seien. Am Ende wurde das Weiterverfolgen der Idee mit acht zu drei Stimmen befürwortet.
Skepsis bei Wegerückbau in den Rodenbacher Schrebergärten
Ganz anders sah es beim dritten von Wirth vorgestellten Projekt aus. Es sieht vor, in den Rodenbacher Schrebergärten die asphaltierte ehemalige Ortsverbindungsstraße zurückzubauen und durch einen Schotterweg zu ersetzen. Die Entsiegelung von rund 150 Metern Wegstrecke diene dem Boden- und Klimaschutz, argumentierte Wirth und regte auch einen Gehölzstreifen entlang des Weges an. Allerdings, so sagte Wirth auch, könne es passieren, dass der Fahrbahnbelag entsorgt werden müsste.

Nicht nur das weckte Skepsis. Marc Nötscher (SPD) äußerte Zweifel, ob die zu erwartenden Kosten im Verhältnis zum Nutzen stünden. Womöglich könne man mit dem Geld andernorts mehr bewirken. Frank Seubert (CSU) fürchtete, dass ein Schotterweg die überwiegend älteren und oft das Fahrrad benutzenden Gartenbesitzenden abschrecken und Gärten am Ende ungenutzt bleiben könnten.
Ernst Herr regte an, den Grünstreifen den Kleingärtnern zum Kauf anzubieten. Clemens Kracht (Grüne) fragte, ob der Weg nicht entbehrlich sei und die Fläche verkauft werden könnte. Lediglich Torsten Ruf forderte, den Rückbau der Asphaltstraße umzusetzen. Am besten sei es, wenn man stattdessen keinen Schotterweg, sondern einen ungebundenen Erdweg schaffe, regte er an. Bis auf Ruf stimmten schließlich alle dafür, das laut Bürgermeister Paul wohl nicht billige Vorhaben vorerst nicht zu forcieren. Stattdessen soll zunächst die Akzeptanz unter den Grundbesitzenden erkundet werden.
Kommune müsse aktiv werden
Insgesamt, das wurde abschließend von mehreren Ratsmitgliedern betont, solle die Stadt den Weg der Stärkung von Biodiversität und der Beachtung von Aspekten des Klimaschutzes unbedingt weitergehen. "Wenn wir als Kommune nicht aktiv werden, dann können wir es nicht von den Bürgern verlangen", begründete Brigitte Riedmann.
Man müsse noch viel mehr in diese Richtung umsetzen, forderte Clemens Kracht. Für ihn sei es "frustrierend", wenn es selbst bei solch vergleichsweise kleinen Projekten Widerspruch gebe. Wie Wirth am Ende erklärte, sollen die Planungen in Lindig und am Brunnenwiesenweg nun weiterverfolgt werden. Wann die Umsetzung erfolgen kann, ist noch offen.