Hanspeter Stöckel und Michel Knopp sind durchaus schlimme Jungs. Obwohl gemeinsam in dunkle Geschäfte verwickelt, hintergehen und betrügen sie einander, immer auf den eigenen Vorteil bedacht. Eine letzte Gemeinsamkeit aber haben sie doch: sie sterben innerhalb weniger Minuten unterhalb des Gambacher Edelweißes, jeweils niedergestreckt durch einen Kopfschuss.
Auch bei seinem dritten "Ortstermin Karlstadt" lässt Paul Siegfried den Lokalreporter Dux, den Ex-Lehrer Glaubner und den Polizisten Kühlwein in Aktion treten. Diesmal aber verquickt der Autor seine heimatliche Karlstadter Kneipenszene mit der "weiten Welt" – genauer gesagt mit der südeuropäischen Weinmafia. Da werden edle Weine, aber auch billiger Fusel verschoben, da werden Etiketten auf Flaschen gefälscht, da wird gelogen, betrogen – und eben auch gemordet. Bei einer Lesung in einem engen Fankreis stellte er in der "Liesl Karlstadt" sein neuestes Werk vor.
Wie sich die Wein-Mafia bereichert
Recht schnell merkt der Leser, dass Paul Siegfried in beiden Welten zuhause ist. In seinem früheren Beruf als Weinhändler hat er das "Bomben-Kriminelle Geschäft" bis ins Letzte kennen gelernt. "Wenn man aus einfachem Wein Gewinn schlagen will, ist Umgang mit Flaschenetiketten so etwas wie die Lizenz zum Gelddrucken", sagt er. So führt denn der Autor seine Leser ein in diese weitgehend unbekannte Welt mit mafiösen Strukturen. Aber mindestens ebenso spannend ist der lokale Gegenpol: Karlstadt.
Mit großem Vergnügen wird man die "Finzerhütte" am Edelweiß identifizieren, die absichtlich nur andeutungsweise veränderten Kneipennamen, die "Lilie" oder das "Frankeneck" – überhaupt scheint sich hier das Leben hauptsächlich in Gaststätten abzuspielen, denn die Protagonisten treffen sich mangels eigener Familie vorzugsweise an eben diesen Orten.
Seine Geschichte baut Paul Siegfried geschickt auf. Zeitsprünge mögen gelegentlich etwas verwirren, aber sie lassen auch Spannung entstehen. Mit dem Doppelmord führt er gleich unvermittelt in das Geschehen ein. Dann tauchen scheinbar unzusammenhängende Puzzleteile auf, wie die undurchsichtige Swantje, die Witwe des toten Stöckel, ein ominöser Weinfachmann Fürst Leopold und ein verliebter Ferenc.
Der Autor schwelgt in Details
Stück für Stück fügen sich schließlich die wirren Fäden zu einem Netz zusammen. Teilweise ironisch, aber auch mal durchaus derb und dennoch mit einer gewissen feinen Sinnlichkeit ergänzen erotische Begegnungen die Erzählung. Sprachlich malt der Autor quasi plastische Bilder von seiner Stadt und von den Ereignissen. Er schwelgt in Details, wenn er die düstere Abendstimmung am Edelweiß beschreibt oder die ambivalenten Beziehungen innerhalb der Karschter Kneipen.
"Ja, ich bin schon ein Kneipenhocker", sagt Siegfried von sich selbst. Seine Wurzeln hat er in Frankfurt und kam über Oppenheim über Zellingen nach Karlstadt, wo seit gut 15 Jahren lebt. Die Liebe zum Schreiben trägt der Autor schon lange mit sich herum. In Rheinhessen entstanden auch schon zwei Krimis mit Lokalkolorit. Zwei "Ortstermin Karlstadt" sind schon in den Jahren 2010 und 2011 mit "Ein kriminell vergnüglicher Rundgang" und "Eine kriminell verzwickte Affäre" entstanden. Im dritten Ortstermin spürt man den Weinfachmann und dessen Kenntnisse um die internationalen Machenschaften, man spürt aber auch die rustikale Liebe des Paul Siegmund zu seiner Wahlheimat Karlstadt. Das ist spannend, humorvoll und gelegentlich auch prickelnd.
Zu haben ist das "Kriminell erotische Finale" – einen vierten Fall soll es nicht geben – in der "BücherEcke" in der alten Bahnhofstraße, im Bürogeschäft Schmidt und Kurtze sowie in der Pilsstube Altfranken und natürlich beim Autor unter der Email-Adresse paulsiegfried@online.de