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LOHR
Diskussion zur Wahl: Wie hilft man Familien?
Bearbeitet von Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 30.07.2017 03:05 Uhr

Sozialpolitische Themen beherrschten eine Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl, zu der das Bildungswerk der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) in der Diözese Würzburg am Dienstag ins Lohrer Pfarrheim St. Michael eingeladen hatte. Auf dem Podium saßen als Vertreterin der Linken Simone Barrientos, Direktkandidatin im Wahlkreis Würzburg sowie die Kandidaten im Wahlkreis Main-Spessart Alexander Hoffmann (CSU), Bernd Rützel (SPD) und Sabine Stellrecht-Schmidt (Grüne).

Pfarrer Sven Johannsen sagte in einem kurzen Grußwort, die Kirche solle sich zwar aus der Parteipolitik heraushalten, aber es sei ihre Aufgabe, die Politik nach ethischen und moralischen Grundsätzen zu hinterfragen. Der „starke Arm“ der Kirche seien dabei ihre Verbände. Er wünschte sich eine faire Debatte.

In der Diskussion sorgten vor allem die „Experten“ zu den verschiedenen Themen mit Beispielen aus der Praxis dafür, dass die Politiker sich nicht hinter statistischen Zahlen verstecken konnten und konfrontierten auch die Zuhörer mit den Schattenseiten des Lebens vieler Menschen im Landkreis.

Mit roten und grünen Stimmkarten konnte das Publikum Zustimmung oder Ablehnung zu bestimmten Fragen signalisieren. So zeigte sich noch vor dem Einstieg in die Diskussion überwiegend Ablehnung gegenüber einer Fortsetzung der Großen Koalition. Dabei waren sich – bei allen Unterschieden in Einzelfragen – Hoffmann und Rützel darin einig, dass man sich zum Beispiel in der Rechts- und Sicherheitspolitik durchaus einig gewesen sei.

Dagegen sah Barrientos nach wie vor große Defizite in der Gleichstellung der Frauen in der Gesellschaft und Stellrecht-Schmidt sah noch großen Handlungsbedarf im Lebensmittelrecht und im Tierschutz.

„Moderne Formen der Sklaverei“

Dass auch in Main-Spessart trotz geringer Arbeitslosigkeit viele Menschen Probleme haben, mit ihrem Einkommen auszukommen, verdeutlichten Gerlinde Smutny vom Caritasverband Main-Spessart und Björn Wortmann vom DGB Untermain.

Von den wirtschaftlichen Erfolgen profitierten nur wenige. Befristete Arbeitsverhältnisse und Leiharbeit gingen vor allem auf Kosten junger Familien. Selbst da, wo das Einkommen ausreiche, würden Zukunftschancen dadurch verbaut, dass prekäre Arbeitsverhältnisse nicht als ausreichende Sicherheiten für die Gewährung von Krediten gelten.

Zwar meinte Hoffmann, man dürfe nicht alle Arbeitgeber in einen Topf werfen. Auch hätten sich Zeit- und Leiharbeit durchaus als brauchbare Instrumente zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit bewährt. Er räumte aber ein, dass sie sich in einzelnen Fällen zu modernen Formen der Sklaverei entwickelt hätten. Das müsse ausgeschlossen werden.

Auch Rützel forderte das Verbot „sachgrundloser Zeitarbeit“ und die Begrenzung von Leiharbeitsverträgen auf 18 Monate. Seine Feststellung, die SPD hätte das längst gelten, wenn sie nicht durch den Koalitionsvertrag gebunden gewesen wäre ,ließ Hoffmann nicht gelten. „Es gab eine ganze Reihe von Themen, bei denen der SPD die Koalitionstreue nicht so wichtig war.“

„Mehr Zeit für die Familien“

Überwiegend rote Stimmkarten wurden gehoben für die Frage, ob im Landkreis Familie und Beruf gut vereinbar seien. Das gelte vor allem für Menschen in Pflege und sozialen Berufen, sowie bei Schichtarbeit ansteht, erläuterte Silvia Schäfer vom Caritas-Seniorenzentrum.

Theresia Erdmann (KAB) forderte vor allem ausreichende Betreuungsangebote. Die Familien müssten aber auch finanziell gestärkt werden. Hier wurde in der Diskussion ein ganzes Bündel von Maßnahmen ins Gespräch gebracht, auch mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit.

Renten „im Sinkflug“

„Können Sie eigentlich noch ruhig schlafen?“ wollte Michael Donath (Diakonisches Werk) von den Politikern wissen, als er einen besonders drastischen Fall von Altersarmut geschildert hatte.

Auch Rudi Grossmann (KAB) sah die Renten im Sinkflug. Er stellte den jetzigen Bemühungen das seit Jahren immer wieder von seinem Verband propagierte „Cappuccino-Modell“ gegenüber, bestehend aus einer Sockelrente und einer Erwerbstätigenversicherung und zusätzlich einer betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Am Podium wurde dieses Modell allerdings mehr oder weniger deutlich abgelehnt.

Die Debatte war geprägt von der zeitlichen Begrenzungen, um ausufernde Monologe zu vermeiden. Andererseits hatte die kurze Redezeit zur Folge, dass die Teilnehmer, trotz allen Bemühens um Verständlichkeit, ihre Argumente und Gegenargumente dermaßen rasch vortrugen, dass die Zuhörer stellenweise Schwierigkeiten hatten, ihnen zu folgen.

 
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