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Aura
Dieter Dauth: Ein Leben mit 32 Hunden und 60 Wildschweinen
In seinem Anwesen im Spessart-Weiler Deutelbach hält der Frankfurter Geschäftsmann über drei Dutzend Hunde. Das gefällt nicht jedem im Dorf. Die Anwohner beschweren sich.
Dieter Dauth liebt seine Hunde. 32 hält er auf seinem Anwesen im Auracher Gemeindeteil Deutelbach.
Foto: Klaus Gimmler | Dieter Dauth liebt seine Hunde. 32 hält er auf seinem Anwesen im Auracher Gemeindeteil Deutelbach.
Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:39 Uhr

Für einen Reporter war es kein einfacher Termin - zumindest beim Schreiben der Notizen. Überall Hunde, die sich freuen, dass sie ins Freie dürfen. Ausgelassen springen sie im Hof herum, begrüßen ihr Herrchen, stupsen mit ihren feuchten Nasen. Auch während des Interviews mit Besitzer Dieter Dauth fordern sie Aufmerksamkeit. Sie legen die Pfoten auf den Schoss, schnüffeln an Kugelschreiber, Schreibblock und Kamera.

Dieter Dauth liebt sie alle. 

32 Hunde hält er in Grüppchen auf seinem Anwesen in Deutelbach, ein kleiner Weiler mit ein Dutzend Häusern oberhalb des Sinntals am Rande der bayerisch-hessischen Grenze, der zur Gemeinde Aura gehört. Es waren schon einmal 70. Die Hunde sind Mischlinge, manche schon sehr alt. Dauth hat sie aus einigen Tierheimen der Umgebung übernommen. Jeder Hund hat einen Namen. Einer ist blind, ein anderer kann nicht mehr auf den Hinterbeinen laufen. Gepflegt sind sie nicht. "Ich habe nicht die Zeit, allen jeden Tag das Fell zu striegeln", sagt Dauth. Den Hunden scheint das egal zu sein. Sie wirken friedlich, jetzt sind sie ausgelassen, weil sie ins Freie dürfen.

Es riecht ein bisschen streng auf dem Hof und im Haus

Es riecht ein bisschen streng auf dem Hof und auch im Haus, in dem Dauth sein Schlafzimmer hat, das er mit Hunden teilt. Dauth stört das nicht. "Die halten warm", sagt er lachend und fügt hinzu. "Im Winter ist das gut, denn das Haus hat keine Heizung." Wo Hunde sind, riecht es nach Hund. Das sei ganz normal. Doch er teile sein Leben gerne mit den Vierbeinern, ein Eis wird auch mal gemeinsam geschleckt. "Das macht mir nichts aus", sagt er und glaubt auch, dass dies der Grund für seine Vitalität ist. Dies muss man anerkennen. Für seine 72 Jahre wirkt Dauth erstaunlich körperlich fit, seine Stimme klingt wie die eines 40-Jährigen. Krankheiten kenne er nicht, sagt er.

Dauth lebt in zwei Welten. Denn sein Leben in dem abgeschiedenen Weiler im Spessart ist nur die eine Seite. Die andere verbringt er in einem Büro in der Frankfurter Innenstadt. Mit Immobiliengeschäften sei er reich geworden, sagt er. Diese hätten es ihm vor 25 Jahren ermöglicht, das Anwesen Birkenhof, die ehemalige Gaststätte in Deutelbach, zu kaufen. Zudem gehören ihm dort 35 Hektar Land. Das ist zirka ein Drittel der Gemarkungsfläche von Deutelbach.

Dieter Dauth hält auch zirka 60 Wildschweine auf seinem Anwesen in Deutelbach. 
Foto: Klaus Gimmler | Dieter Dauth hält auch zirka 60 Wildschweine auf seinem Anwesen in Deutelbach. 

Zwischen diesen beiden Welten pendelt er fast täglich, denn seine Tiere müssen gefüttert werden. Er hat ja dort nicht nur die Hunde. Es gibt noch zirka 60 Wildschweine in einem umzäunten Areal, alle kastriert und sterilisiert, damit sie sich nicht mehr vermehren. Dauth hält sie nicht wegen des Fleisches. "Ich weine um jedes Tier, das stirbt", sagt er. Die Schweine dürfen dort in Ruhe ihr Leben verbringen ebenso wie seine Ziegenherde. 

Dauth pendelt zwischen Frankfurt und Deutelbach

Die beiden Welten, in denen Dauth lebt, können unterschiedlicher nicht sein. In Frankfurt die Finanzwelt mit seinen Immobiliengeschäften, in Deutelbach der abgeschiedene Weiler. 70 Minuten braucht er, um von hier nach dort zu kommen. Dafür nutzt er den Zug. Jeweils am Südbahnhof in Frankfurt und am Bahnhof im hessischen Wächtersbach hat er einen festen Parkplatz für seine Autos, in die er dann umsteigt. Manchmal sind ein paar Hunde dabei.

Urlaub? Nein, das könne er sich nicht leisten. Nicht wegen des Geldes. Die Tiere müssen gefüttert werden. "Mir helfen ab und zu meine Lebensgefährtin und meine Schwester", sagt er. Doch die meiste Zeit sei er für die Tiere da. Vor ein paar Jahren wollte er zusammen mit einem Freund nach Südamerika. Den Urlaub habe er am Tag der Anreise abgesagt, weil ein Hund im Sterben lag. "Das hat mich eine Stange Geld gekostet", sagt er. "Aber ich habe nicht einen Moment gezögert." Der Hund sei in seinem Armen gestorben.

Der Bürgermeister äußert sich nicht: Er will kein Öl ins Feuer gießen

Dauth ist ohne Zweifel ein großer Tierfreund, der aber bei den Menschen in Deutelbach nicht nur Freunde hat. Ja, es gibt Konflikte, äußert sich ein Anwohner vorsichtig. Die Hunde seien laut. Wenn einer bellt, bellen alle. Und bei starkem Regen werden Fäkalien von Dauths Grundstück, das etwas höher liegt, in den Ort gespült.

Deutelbach gehört zu Aura. Bürgermeister Wolfgang Blum bestätigt die Verstimmungen, will sich aber nicht weiter äußern, um kein Öl ins Feuer zu gießen. Denn es gibt noch einige Fragen, die rechtlich geklärt werden müssen – darunter aus Sicht der Gemeinde fehlende Zahlungen von Hundesteuer. Zudem hat Dauth nach Auffassung des Landratsamts einen Zaun ohne Genehmigung im Außenbereich gebaut.

Dieser Rechtsstreit geht schon auf das Jahr 2004 zurück. Denn Dauth wurde von der Gemeinde Aura aufgefordert, seine Hunde nicht mehr frei laufen zu lassen. Daher hat er Stahlzäune und Totholzwälle rund um seinen Birkenhof angelegt und ein großes Areal auch im Außenbereich eingefriedet. Dies hatte er auch mit sogenannten Benjeshecken gemacht. Dies sind Hecken, die durch lockere Ablagerungen von dünnem Gehölzschnitt wie Ästen und Zweige entstehen. Dazu sei ihm von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt geraten worden, sagt er.

Eine Baugenehmigung hatte Dauth dazu nicht. Die hätte er aber gebraucht, urteilte im Jahr 2010 das Verwaltungsgericht Würzburg. Denn im Außenbereich seien Einfriedungen in jedem Fall genehmigungspflichtig. Das gelte auch für die Benjeshecke wegen ihrer Ausmaße und da unter ihr ein Drahtzaun gespannt ist. Dagegen hatte wiederum Dauth Rechtsmittel eingelegt. Deshalb liegt der Fall bei der nächst höheren Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof in München, zur Entscheidung an.

Wurden Zäune ohne Baugenehmigung errichtet?

Das Landratsamt hatte über die Frage entscheiden müssen, ob Dauth eine privilegierte Nutzung betreibt, die es ihm erlaubt, die Zäune aufzustellen. Das gleiche gilt für den von Dauths Bauantrag eines Tierheimes mit Verwalterwohnung auf seinem Anwesen. Der Gemeinderat von Aura hat bereits zweimal sein Einvernehmen dazu versagt.

In der Begründung hieß es, es gehe aus dem Antrag nicht hervor, für welche Tiere das Asyl geschaffen werden soll. Außerdem befinde sich das vorgesehene Gelände in einem Naturschutzgebiet und im nicht erschlossenen Außenbereich, so Bürgermeister Blum. Er gab in der Sitzung zu Bedenken, dass weder die Trinkwasserkapazitäten noch das Fassungsvermögen der Kanalisation in Deutelbach für den zusätzlichen Betrieb eines Tierheimes ausreichen würden.

Die Hunde werden gefüttert.
Foto: Klaus Gimmler | Die Hunde werden gefüttert.

Die Sache mit dem Naturschutzgebiet nimmt Dauth ernst. Die beiden anderen Gründe hält er für vorgeschoben. Aber er hofft auf ein Entgegenkommen. Mut schöpft er aus einer mündlichen Verhandlung, die vor einem Jahr vor dem Verwaltungsgerichtshof München stattgefunden hat. Da habe der Richter alle Parteien aufgefordert, nach einem Vergleich zu suchen, sagt er. Inzwischen ist die Sache komplizierter geworden. Die verwachsenen Benjeshecken lassen sich nicht mehr so einfach entfernen, da sie sich in der Zwischenzeit zu Biotopen entwickelt haben.

Verwaltungsgerichtshof muss entscheiden

Weder das Landratsamt noch die Gemeinde Aura äußern sich zu dem schwebenden Verfahren. Es gelte die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten, hieß es. Dort muss die Frage geklärt werden, ob die Tierhaltung von Dauth im Deutelbach ein privilegiertes Vorhaben ist. Die endgültige Entscheidung – also das Urteil beziehungsweise der Beschluss – soll bis zum Jahresende erfolgen.

 
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  • H. F.
    @cimb24 und Albatros - Ich bin voll und ganz bei Ihnen. Er liebt seine Tiere und die Tiere lieben ihn. Also, man sollte diesem guten Menschen keine Steine in den Weg legen. Wer ihn nicht unterstützen will, okay, hat er möglicherweise - zumindest was das Finanzielle angeht - gar nicht nötig - aber dann bitte wenigstens in Ruhe lassen. Ich bin sicher, das ist für ihn die beste Unterstützung.
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  • G. L.
    Wir haben einen Hinweis zu Ihrem Kommentar: Das ist ja nett! Wenden Sie sich am besten per Mail an die Kollegen im Landkreis Main-Spessart: redaktion.main-spessart@mainpost.de Herzliche Grüße, Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • J. S.
    Fakt ist, dass die Tiere total abhängig sind von ihrem Besitzer
    Was passiert, wenn diesem ein schwerer Unfall zu stößt oder er sich ganz aufgibt? Dann wird es sehr plötzlich eine große Not geben und viel viel Leid für all diese Tiere? Dann wird das Pedel des "Tiermitleids" sehr schnell umschlagen in "Tierquälerei". Siehe dazu der Fall des Landwirts, der sich um seine Schweine im Stall monatelang nicht mehr kümmerte. Die armen Nachbarn und die armen Tiere! Wo bleibt eine diesbezügliche Prüfung mit Auflagen durch das Landratsamt?
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  • R. B.
    @Erding, wenn wenn ....... Was glauben Sie wohl wo die Tiere wären, hätte Herr Dauth diese nicht bei sich aufgenommen? Vermutlich würde keines dieser armen Kreaturen noch leben. Wie ich schon gesagt habe, es ist ein schmaler Grad, denn wie vielen Tieren kann ich gerecht werden. Ich habe das in meinem persönlichen Umfeld miterlebt, die Grenze zwischen Tier- und Nächstenliebe und heilloser Überschätzung. Sie haben natürlich nicht ganz Unrecht, was ist wenn Herr Dauth krank wird oder für länger ausfällt? Wichtig ist in so einem Umfeld, dass man Freunde und Freiwilige um sich hat, die einem helfen die Tiere zu versorgen. Außerdem bedarf es finanzieller Mittel, meist in Form von Spenden, damit ein solches Unterfangen überhaupt irgendwie funktionieren kann. Der ganz wesentliche Punkt jedoch ist, dass der Betreiber selbst Grenzen setzt und weiß ab wann er kein weiteres Tier aufnehmen kann ohne Gefahr zu laufen, dass er komplett die Kontrolle verliert.
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  • U. S.
    Dieser Mann will Tieren helfen. Er fällt niemand zu Last und finanziert alles aus eigener Geldbörse. Warum wirft man ihm Steine in den Weg? Weil es "nur" Tiere sind?

    Wer die Großstadt kennt weiss, dass Naturschutz oft nur ein Wort ist. Herr Dauth ist aus Frankfurt und ihm ist durch seinen Beruf sehr wohl bekannt was "machbar" ist. Vor allem wenn die Verantwortlichen zeigen wollen wie hilfsbereit ein Ort ist.... da werden schon mal auf die Schnelle Biotope vernichtet und Grünanlagen zu Bauland. Es geht alles - wenn man will!
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  • M. S.
    schlimm wenn jemand ohne Rücksicht auf Verluste sein Hobby über das Wohlergehen eines ganzen Dorfes stellt - Egoismus par excellence - wirklich traurig so etwas!
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  • B. S.
    Herr Gimmler, Sie haben versucht, die verschiedenen Kritikpunkte zu beleuchten.

    Was ich nachdankenswert empfinden würde, Herrn Dauth konstruktive Vorschläge zu unterbreiten und konkrete Hilfen zukommen zu lassen,z.B. hinsichtlich der im Artikel erwähnten mangelhaften Umzäunung oder suboptimalen Fäkalienbeseitigung.

    Die Tierheime sind voll und ich kann da kein animal hording erkennen.

    Herrn Dauth zolle ich Respekt für seine Tierliebe, den Tieren ein Zuhause zu bieten, die entweder im Tierheim vor sich hin vegetieren würden oder eingeschläfert werden müssten.

    Da stimme ich dem User Albatros zu.

    Wie wäre es mit einem Spendenaufruf für Herrn Dauth?
    Anstelle Kritik,Anzeigen und Gerichtsverhandlungen?

    Manche Menschen verurteilen möglich nicht ganz optimale Tierhaltung und behandeln die damit verbundenen Mitmenschen schlechter als ein Stück Vieh.

    In Herrn Dauths Mimik ist viel Zufriedenheit erkennbar, im Leben mit seinen Tieren.
    Chapeau.
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  • R. G.
    die armen nachbaren!!!
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  • R. B.
    Ich habe diesen Spagat zwischen Tierliebe und Verwarlosung selbst hautnah miterlebt. Man stellt sich selbst nicht die Frage ob dies noch artgerecht ist, denn man ist fest davon überzeugt das Richtige zu tun. Diese Art von Engagement geht einher mit dem Verzicht auf ein eigenes Leben. Wer von den meisten Tierhaltern möchte eine Katze ohne Schwanz oder einen Hund mit drei Beinen, einen blinden Hund oder eine Katze mit epileptischen Anfällen, in der Regel keiner. Ich möchte mir über Herrn Dauth kein Urteil anmaßen, die Art der Tierhaltung ist zweifellos nicht die Beste, aber was wäre für diese Tiere die Alternative? Für nicht wenige von Ihnen die Spritze vom Tierarzt.
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