Es ist eine kleine Welt, die Dominikus Bönsch in seinem Wohnzimmer geschaffen hat, wie sie beispielsweise im Roten Meer zu sehen ist. Zwei gestreifte Kardinalbarsche schwimmen langsam zwischen den Korallen hin und her. Bönsch zeigt auf den männlichen von beiden. "Der ist gerade schwanger", erklärt er schmunzelnd. Das war kein Versprecher, denn bei den Barschen ist es so, dass das Männchen die vom Weibchen gelegten Eier in seinem Maul ausbrütet. Drei Wochen braucht er dazu.
An einer anderen Stelle im Aquarium ist eine gelbe Grundel zu sehen, die mit einem Knallkrebs eine Symbiose eingegangen ist. Die sind glücklich miteinander. Der Knallkrebs kümmert sich um den Bau einer gemeinsamen Behausung, die Grundel besorgt dafür das Essen.
Noch viele weitere Bewohner gibt es in diesem 550 Liter fassenden Aquarium – neben vielen Fischen auch Korallen in den unterschiedlichsten Farben, die auch Tiere sind. Ein Seeigel putzt die Scheiben. Die Scheren- und Putzergarnelen sind aufgeregt, denn sie haben den Besuch vor ihrem Aquarium registriert und wittern die Chance auf Futter. Auch ein Pinzettfisch wird hektisch, weil er bemerkt, dass Bönsch die Schublade mit den Futterdosen geöffnet hat.
Seit sechstem Lebensjahr begeisterter Aquarianer
Schon seit seit seinem sechsten Lebensjahr ist Bönsch begeisterter Aquarianer. Er hat ein großes Süßwasser-und ein Meerwasser-Aquarium in seiner Wohnung auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses, dessen ärztlicher Direktor er ist. Ein weiteres Meerwasser-Aquarium soll demnächst in seiner Küche eingerichtet werden. Eine Zeit lang hatte er sogar Pfeilgift-Frösche gezüchtet, dies aber wieder aufgegeben.
Vor ein paar Wochen hat sich Bönsch auf einer öffentlichen Lohrer Facebook-Seite zu seiner Leidenschaft bekannt. "Ich oute mich als Nerd", hatte er geschrieben und gefragt, ob es Interesse an einem Aquarianer-Stammtisch gebe. Ein erstes Treffen hat es nun schon in Lohr gegeben. Zehn Aquarianer aus Lohr und Umgebung waren gekommen, weitere Treffen sollen folgen.
Als Nerd wird in der Regel ein Computerfreak bezeichnet, es steht aber auch im positiven Sinne für einen Sonderling und so hat Bönsch das auch gemeint. Denn die Zahl der Aquarianer ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Woran das liegt? Bönsch hat eine Erklärung. Er glaubt, das das Aquarium im Nachkriegsdeutschland ein Statussymbol für Wohlstand war. Da hat sich die Zeit gewandelt. Auch wollten viele Aquarianer sich ein bisschen Exotik ins Wohnzimmer holen, weil sie selbst nicht in fremde Länder fliegen konnten. Auch dies ist – zumindest vor Corona – leichter geworden.
Wie ein Modellbauer
Bei Dominikus Bönsch ist die Begeisterung geblieben und diese teilt er mit seiner Familie. "Ich mag es, eine eigene Welt zu schaffen", sagt er. Bönsch vergleicht sein Hobby mit dem eines Modellbauers. Auch dieser hat Freude an seiner Eisenbahn als kleinem Ausschnitt aus der Wirklichkeit. Bönsch betont, dass die Fische in seinen Aquarien fast alle Nachzuchten sind.
Es mache ihm Freude, ihre Verhaltensweisen zu studieren und kommt zu dem Fazit, dass ihre Verhaltensmuster sich mit denen von anderen Tieren gleichen. Sie sind aufgeregt, wenn es zur Fütterung geht und balzen miteinander. Namen hat er seinen Fischen keine gegeben, schließlich sind es keine Haustiere wie eine Katze oder ein Hund. Das heißt aber nicht, dass er nicht um sie trauert, wenn ein Fisch stirbt. Erst vor ein paar Wochen ist ein Clownfisch aus dem Aquarium gesprungen. Das habe ihm sehr leid getan.
Bönsch wirbt für sein Hobby. Man bekomme dadurch einen Zugang zur Natur und müsse für diese Welt Verantwortung übernehmen. Daher sei dies gerade für Kinder eine wertvolle Beschäftigung.
Wer Interesse hat, bei den nächsten Stammtischen der Aquarianer dabei zu sein, kann Dominikus Bönsch eine Mail schreiben. Seine Adresse: dominikus.boensch@t-online.de