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Homburg
Die „Wasserräder am rauschenden Bach“
Ein Bild aus früheren Zeiten: Wasserrad an Wasserrad reihte sich damals am Schlossberg-Hang aneinander.
Foto: Repro Günter Reinwarth | Ein Bild aus früheren Zeiten: Wasserrad an Wasserrad reihte sich damals am Schlossberg-Hang aneinander.
Bearbeitet von Günter Reinwarth
 |  aktualisiert: 30.04.2023 02:30 Uhr

Nicht in den Spessarttälern, sondern in einem beschaulichen Winzerdorf am östlichen Mainviereck drehten sich früher die „Wasserräder am rauschenden Bach“. Es war ein Bächlein von gerade mal 840 Meter Länge, das noch heute am Rand einer Gartenkolonie aus einem Berghang sprudelt und die 1400 Einwohner des Triefensteiner Ortsteils reichlich und zuverlässig mit Trinkwasser versorgt. Über Jahrhunderte bescherte der Bischbach zehn Müller-Familien  ein regelmäßiges Einkommen. Stolze 45 Liter pro Sekunde fördert die Bischbach-Quelle ans Tageslicht – eine Wassermenge, um die das Kallmuth-Dorf von anderen Kommunen beneidet wird.

Es waren nicht nur typische Getreidemühlen, die einst die Wasserräder zum Laufen brachten, auch eine Gips- und Sägemühle profitierten mit Hilfe der Wasserkraft von dem „nassen Segen“. Mehr noch: Die Schlossmühle der Familie Freund zum Beispiel nutzte den Wasserreichtum auch zur Stromerzeugung für Homburg und das rechtsmainische Trennfeld. Möglich war dies, als zusätzlich zum Wasserrad im Zuge der aufkommenden Elektrifizierung ein moderner Sauggasmotor installiert wurde.

Im Dezember 1921 schloss der geschäftstüchtige Schlossmüller Johann Carl Freund mit der Gemeinde Homburg einen Vertrag, in dem eine Stromlieferung für Homburg und Trennfeld bis 1. Januar 1947 dokumentiert wurde. Damals nutzten 141 von 159 Haushalten das Freundsche Angebot. Die Freude in dem Winzerdorf war groß, als in vielen Wohnungen  das Licht anging. Nach Kriegsende versorgte das Überlandwerk Unterfranken Homburg mit Elektrizität.

Es wurden immer mehr

Die wohl bekannteste Homburger Mühle ist die Papiermühle, die mit einem großen Wasserrad vom Bischbach mit maschineller Energie versorgt wurde. Sie stellte erst Mitte der 1970-er Jahre die Produktion ein. Das markante Bauwerk der Familie Follmer ist heute ein viel besuchtes Industriedenkmal unter der Trägerschaft des Landkreises Main-Spessart. Die Papiermühle Homburg möchte auch Unesco-Weltkulturerbe werden.

Fast 700 Jahre muss man in Homburgs Historie zurück blättern, bis man auf die erste urkundliche Erwähnung der Mühlen-Geschichte stößt. 1333, ein Jahr nachdem Homburg mit Stadtrechen ausgestattet worden war, werden drei Burgmannen als erste Mühlenbetreiber erwähnt. Vermutlich waren diese bereits am Schlossberg-Hang angesiedelt, wo sich in den folgenden Jahrhunderten Wasserrad an Wasserrad aneinander reihten.

Das größte Wasserrad in der Homburger Mühlen-Geschichte dreht sich in der Papiermühle. Seit 1907 liefert der Bischbach zuverlässig nutzbare Wasserkraft.
Foto: Günter Reinwarth | Das größte Wasserrad in der Homburger Mühlen-Geschichte dreht sich in der Papiermühle. Seit 1907 liefert der Bischbach zuverlässig nutzbare Wasserkraft.

Viel Geld konnten Homburgs Müller, wie die Volkskundlerin Stefanie Arz in einem Beitrag zum 30-jährigen Bestehen des Kulturvereins schreibt, nicht verdienen. Es waren gerade mal 1,5 Tonnen Mehl, die im Jahr erzeugt wurden. Für einen Zuerwerb sorgten häufig Felder und Weinberge, selbst Pferde und Schweine gehörten zum Besitz mancher Müller-Familien. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Kunden dies- und jenseits des Mains mit Mehl aus Homburg versorgt.

Wiedergeburt im Jahre 2017

Dass Mühlenbesitzer in dem Dorf am östlichen Mainviereck eine besondere soziale Stellung einnahmen, ist in alten Protokollbüchern festgehalten. Sie engagierten sich im sozialen Leben, manche saßen zum Beispiel im Gemeindeausschuss, Anton Baumeister bekleidete sogar das Amt des Ortsvorstehers.

Ein Blick in die Homburger Mühlengeschichte wäre unvollständig, würde man nicht das Engagement von sechs Bürgern erwähnen, die 2017 am Bischbach eine Turbine für ein „ökologisches Kleinwasserkraftwerk“ installierten und damit sechs Kilowatt Strom für das öffentliche Versorgungsnetz produzieren können. Dieser Einsatz kam quasi einer Wiedergeburt der umweltfreundlichen Nutzung der Wasserkraft gleich.

Quasi für ein „historisches Schmunzeln“ sorgte einst der ehemalige Besitzer der Weierichsmühle, die in der Maintalstraße stand. Als der Main einmal so viel Hochwasser führte, dass der leidenschaftliche Pfeifenraucher nasse Füße bekam, wenn er sein Anwesen verlassen wollte, setzte er eine Badewanne als Floß ein, um Tabak für seinen geliebten „Gips“ (Pfeife) zu kaufen.

Viele Geflüchtete versorgt

Wenn heute in Homburg immer wieder mal von guten alten Zeit die Rede ist, dann taucht gelegentlich auch das eine oder andere „Gschichtle“ über Schlossmüller Emil Freund, einen hoch angesehenen  Bürger, auf. Freund war bekanntermaßen auch ein Freund eines guten „Homericher Schoppens“. So soll es gelegentlich vorgekommen sein, dass der Schlossmüller zu lange am Wirtshaustisch saß – sehr zum Ärger seiner besseren Hälfte. Ihr Rezept, mit dem sie den Ehemann zur Heimkehr bewegen wollte, war klug durchdacht: Da zu jener Zeit die Schlossmühle auch Strom erzeugte, schaltete sie diesen einmal oder auch mehrfach kurzerhand ab, so dass es im Wirtshaus „zuckte“  -  ein „Vorgang“, der den Emil manchmal ziemlich rasch zum Aufbruch bewogen haben soll.

In der Homburger Ortschronik erinnert Heiuz Otremba auch an manche  gute Tat der Homburger Müller. Als in dem Winzerdorf nach dem Krieg viele Geflüchtete aus Schlesien und dem Sudetengau sowie Bombengeschädigte aus der Pfalz eine neue Heimat fanden, war die Versorgung mit Lebensmitteln immer wieder denkbar knapp. Es seien die Mühlenbesitzer gewesen, so Otremba, der selbst Heimatvertriebener war, die die hungernden Leute mit Mehl versorgten.

 
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