Wo denn das Waldsterben geblieben sei, fragte Stadtrat Waldemar Zang in der Sitzung des Bau- und Forstausschusses die versammelten Experten. Vor 20 Jahren habe man angesichts der vielen Katastrophenmeldungen in den Medien den Eindruck gehabt, es werde bald keinen Wald mehr geben. Armin Otter vom Amt für Landwirtschaft und Forsten Würzburg antwortete, tatsächlich sei der Schadstoffausstoß so drastisch zurückgegangen, dass der Wald überleben konnte.
Otter bezog sich auf eine Erhebung des Umweltbundesamts, derzufolge zwischen 1990 und 2010 die Schwefelverbindungen in der Luft um 91,5 Prozent (!) abgenommen haben. Staub ging um rund 86, Kohlenmonoxid um 73 und Stickoxid um 54 Prozent zurück. Dank der Verbannung von Blei aus dem Benzin reduzierte sich dieses um 90,8 Prozent. Beim Feinstaub beträgt die Abnahme nur 29,9 Prozent. Otter berichtete am Rande der anschließenden Waldbegehung auch davon, dass schon vor der Wende Bayern an die Tschechoslowakei Geld für die Abgasreinigung in den dortigen Braunkohlekraftwerken gezahlt habe.
Kernthema der Sitzung aber war speziell die „Forsteinrichtung“ der Karlstadter Stadtwälder. Unter diesem Begriff versteht man eine Art Inventur im Wald mit anschließender Planung für die nächsten 20 Jahre.
Der freiberuflich tätige Diplom-Forstwirt Leo Egg war damit beauftragt worden. Er berichtete, dass die Karlstadter Wälder vor 20 Jahren einen Holzvorrat von nur 142 Festmetern je Hektar hatten. „Das war ein etwas magersüchtiger Patient.“
Nachhaltig
Inzwischen ist er auf 226 Festmeter angewachsen. Damit ist klar bewiesen, dass die Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden. Doch liegt Karlstadt immer noch unter dem Durchschnitt der unterfränkischen Kommunalwälder (239). Ziel solle sein, den Wert des Gemündener Stadtwalds zu erreichen. Der verfügt über 262 Festmeter Holz je Hektar.
Erreicht werden kann dies, indem weiterhin weniger Holz geerntet wird, als nachwächst. Außerdem sollten die Bäume erst dann gefällt werden, wenn sie ihre optimale Größe erreicht haben. Der jährliche Zuwachs in den Stadtwäldern beträgt 7,8 Festmeter pro Hektar. Entnommen werden nur 4,2 Festmeter, sodass 3,6 Festmeter pro Hektar hinzuwachsen können.
Seit 1991 hat sich das Verhältnis von Laubholz zu Nadelholz kaum geändert. Der Laubholzanteil wurde von 69 auf lediglich 72 Prozent gesteigert. Deutlich war der Rückgang allerdings bei der Fichte, die aber nur fünf Prozent des Bestands ausmacht. Sie war betroffen von Windwurf und Borkenkäfer. Sie eignet sich für die meisten Standorte um Karlstadt herum überhaupt nicht und wird daher weiter zurückgehen. Egg gab eine Empfehlung ab, wie der Wald in den nächsten 50 Jahren umgebaut werden sollte – im Hinblick auf Eignung der Baumarten für den jeweiligen Standort und auch im Hinblick auf den Klimawandel.
Er empfahl eine deutliche Zurücknahme der Baumarten Fichte und Tanne. Die Douglasie sollte zunehmen, vor allem aber die Buche, die am besten zur hiesigen Gegend passt. Bekanntlich würde, wenn man den Wald sich völlig selbst überließe, daraus irgendwann eine Buchen-Fast-Monokultur. Die Eiche, die viel Licht braucht und sich gegenüber der Buche schlecht behaupten kann, werde abnehmen. Auch die Edellaubhölzer wie Ahorn, Esche, Kirsche, Speierling, Mehlbeere oder Elsbeere aber sollten deutlich zunehmen.
Schon jetzt weisen die Karlstadter Stadtwälder eine große Sortenvielfalt auf, von der sich die Forstleute regelrecht begeistert zeigten: „Das ist einer der abwechslungsreichsten Wälder in Unterfranken.“ Die Bandbreite der Standorte reicht von Böden mit Ackerqualität bis zu steinigen Kuppen, wie zum Beispiel dem Saupurzel.
Die Gesamtfläche beträgt mehr als 2000 Hektar. Davon sind fast 1800 Hektar bestockt, 57 Hektar dienen als Waldwege, 230 Hektar könnten noch aufgeforstet werden. Schwerpunktmäßig sind die Bäume der Karlstadter Stadtwälder 80 bis 100 Jahre alt, also mittelalt.
In den vergangenen Jahren hatte Karlstadt jährlich einen Gewinn von durchschnittlich rund 70 000 Euro aus den Wäldern erlöst. Neben den zwei fest angestellten Waldarbeitern sind drei Forstunternehmen, zudem kleinere selbstständige Forstwirte und die Mainfränkischen Werkstätten für die Stadt im Wald tätig. Die Nachfrage nach Brennholz wird aus dem eigenen Wald gedeckt. Der Karlstadter Förster Klaus Weierich hat errechnet, dass die Stadtwälder in den vergangen 20 Jahren rund 150 000 Tonnen CO2 gebunden haben.