Konrad Krebs, Oskar Gerhard und Norbert Gerhard sprachen anlässlich der Jubiläumsjahres „1200 Jahre Weinbau in Stetten“ im Winzerkeller über die Geschichte des Weinbaus allgemein in der Region und speziell auch in Stetten.
Die Zuhörer staunten nicht wenig, dass die Wildrebe, die Urahnin der heutigen Weinrebe, tatsächlich schon vor 35 Millionen Jahren existierte und sich seitdem kaum verändert hat. So berichtete Konrad Krebs, dass man in dem Museumsbergwerk in der Rhön entsprechende Funde in einem uralten Braunkohleflöz machte.
Natürlich aber kam die Weinrebe aus den südlichen Ländern aus dem Gebiet um das Kaspische Meer nach Mainfranken. Gefördert durch die alten Hochkulturen breiteten sich der Weinbau und selbstverständlich auch der Weingenuss über Ägypten, Griechenland und Rom aus. Über das Rhone-Tal, Elsaß, Mosel und Rhein erreichte die Kulturpflanze schließlich auch durch das Vordringen der Franken die Mainlande, wo sie um 200 nach Christus erstmals greifbar wird.
Wichtiges Lebensmittel
Der Wein wurde in unserer Gegend schnell ein wichtiges Lebensmittel und auch ein erheblicher Finanzfaktor. Krebs berichtete zum Beispiel, dass die Menschen im Mittelalter täglich und viel Wein tranken, weil dieser angesichts der unsicheren Trinkwasserhygiene wesentlich sicherer war. Andererseits hatte der Wein weitaus weniger Alkohol als heute und eine wesentlich geringere Qualität. Der Weinbau sei damals bis in die Rhön hinauf betrieben worden. Insgesamt hat es im Mittelalter in Mainfranken bis zu 600 Weinbaugemeinden gegeben.
Existenzkrise vor 400 Jahren
Die Existenzkrise des Weinbaus begann mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), in dem viele Gemeinden brach lagen. Außerdem begann ab 1526 das Bier den Wein als Volksgetränk abzulösen. Die Industrialisierung der Neuzeit zog die Arbeitskräfte aus den Weinbergen in die Fabriken, und um die Wende zum 20. Jahrhundert kamen dann noch die gefährlichen Krankheiten Mehltau, die Peronospora und natürlich die Reblaus dazu. Das alles brachte auch in Stetten den Weinbau nahezu zum Erliegen.
Neue Techniken
An dieser Stelle führte Oskar Gerhard die Wein-Geschichte Stettens fort. Die Wende kam durch neue Arbeitstechniken, Schutzmaßnahmen und bessere Vermarktung. Deshalb, so berichtet die Chronik, habe es um diese Zeit erste Überlegungen gegeben, eine Genossenschaft zu gründen. Aber erst in den 1930er Jahren wurde der Gedanke von dem damaligen Bürgermeister, Anton Gerhard, und dem Hauptlehrer Hermann Braun realisiert.
Im September 1937 gründeten 27 Winzer die Winzergenossenschaft Stetten unter Vorsitz von Anton Gerhard. Da Vollablieferung verlangt wurde, erklärte sich jeder bereit, sein vorhandenes Fassmaterial der neu gegründeten Genossenschaft zur Verfügung zu stellen. Seit Gründung der Genossenschaft war der Stettener Wein sehr gefragt, er reichte oft nicht bis zur neuen Ernte.
Eine Zäsur war dann der Zweite Weltkrieg, und erst im November 1950 übernahm Anton Gerhard wieder den Vorsitz. Er stellte zur Bedingung, dass die Trauben voll abzuliefern seien, weitere Fässer angeschafft, ein weiterer Keller angemietet und die Planung eines genossenschaftseigenen Kellers vorangetrieben wurden.
1953 wurde der neu gebaute Winzerkeller in Betrieb genommen. Ein Jahr später kamen aus Retzstadt, Gambach, Karlburg, Mühlbach, Thüngen, Eußenheim und Stetten insgesamt 103 Neumitglieder dazu. Sechs Jahre später traten die Stettener der neu gegründeten Gebietswinzergenossenschaft Franken bei.
Es wurde viel gebaut und ständig modernisiert, bis 1997 die jetzigen Verkaufsräume entstanden. Heute wird in Stetten kein Wein mehr ausgebaut, es besteht hier nur noch eine Annahmestelle für Trauben und ein Verkaufskontor für Wein. Im nächsten Jahr feiert der Winzerkeller Stetten sein 80-jähriges Bestehen.
Als Dritter im Bunde sprach Norbert Gerhard über die Weinbergsbereinigung in Stetten. Bis zu 200 Hektar waren vormals mit Weinreben bepflanzt, heute sind es noch rund 50, allerdings auf wesentlich höherem Niveau. Grund für die Verbesserung ist die Weinbergsbereinigung, die 1957 ihren Anfang nahm und bis 1975 in der Lage „Loch“ endete.
Die ehemals schlechten Weinbergs-Strukturen wurden dabei enorm verbessert, unrentable Grundstückszuschnitte zusammengelegt und vor allem angemessene Wege gebaut. So zum Beispiel die heutige Kreisstraße MSP 8, die das Maintal mit Stetten verbindet und die Weinberge erschließt.
Mehr als sieben Millionen Mark wurden dafür aufgewendet und viel Eigenleistung erbracht. Eine Beregnungsanlage erwies sich allerdings langfristig als nicht adäquat.
Die Folge der Weinbergsbereinigung schlägt sich auch heute im Ertrag nieder. Wurden 1902 zum Beispiel geringe drei Hektoliter Wein pro Hektar geerntet, sind das heute im Schnitt weit über 70 Hektoliter. Natürlich tragen auch verbesserter Pflanzenschutz und optimierte Arbeitsmethoden dazu bei.
Weinbau in Main-Spessart
Die „Mutter aller Weinbaugemeinden“ im Landkreis Main-Spessart ist keiner der bekannten Orte wie Retzstadt, Retzbach oder Homburg, sondern das kleine Werntaldörfchen Halsheim, dessen Weinberge als erste in der Region im Jahr 770 urkundlich erwähnt sind.
Der kleinste Weinberg des Landkreises liegt ebenfalls in Halsheim mit gerade mal acht Ar Fläche (800 Quadratmeter).
Unter den 28 Weinbaugemeinden im Landkreis mit einer Gesamtanbaufläche von rund 400 Hektar hat Retzstadt mit 71,5 Hektar die größte Rebfläche. Zurzeit werden 15 weiße und sechs rote Rebsorten hier angebaut. Mit 37,5 Prozent der Anbaufläche ist der Müller-Thurgau der meist angebaute, das fränkische Aushängeschild, der Silvaner, kommt nur auf 25,1 Prozent. Danach kommen Bacchus und Riesling. In letzter Zeit hat aber das Interesse an fränkischen Rotweinen wie Domina, Spätburgunder oder Regent zugenommen. Geprägt wird der Wein des Landkreises von den besonderen Böden des unteren und oberen Muschelkalks sowie des Buntsandsteins.
Die älteste Winzergenossenschaft der Region war eigentlich die von Retzbach, die 1897 gegründet wurde, aber bald wieder schließen musste. Heute noch Bestand haben jedoch die Genossenschaften in Stetten und Homburg, die 1934 ins Leben gerufen wurden. th