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Lohr
Die Steins hören auf: Der letzte Innenstadt-Metzger schließt
Gabriele und Werner Stein schließen den Metzgerladen an der Vorstadtstraße zum Monatsende. Das Schild, mit dem sie die Kunden darüber informieren hängt schon an der Wand.
Foto: Monika Büdel | Gabriele und Werner Stein schließen den Metzgerladen an der Vorstadtstraße zum Monatsende. Das Schild, mit dem sie die Kunden darüber informieren hängt schon an der Wand.
Monika Büdel
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:30 Uhr

"Wir werden beide 66", sagt Werner Stein über sich und seine Frau Gabriele. Zeit, in den Ruhestand zu gehen. Für Lohr heißt das, dass die letzte Metzgerei in der Kernstadt Ende August schließt. Für seine Kunden im Großhandel wird Stein noch bis zum Jahresende produzieren.

Geplant war laut Werner Stein, auch den Laden an der Vorstadtstraße bis Jahresende zu betreiben, aber seine beiden Verkäuferinnen hätten bereits zum 1. September neue Arbeitsstellen.

Damit gibt es in der Innenstadt nicht nur ein Fachgeschäft weniger. In der Metzgerei Stein konnte man sich auch ein warmes Mittagessen holen. In der Stadt Berufstätige haben sich dort mit einer warmen Mahlzeit versorgt. "Aber 80 Prozent sind ältere Leute", sagt Gabriele Stein. Außerdem waren Steins als Caterer und Verleiher von Party-Geräten tätig.

1982 in Lindig gestartet

Sein Handwerk hat Werner Stein vor 51 Jahren bei Albrecht Scherer in Frammersbach gelernt. "Ein guter Lehrmeister", blickt Stein zurück. Nach Stationen in den Metzgereien Pfaffenberger in Partenstein und Pfister in Gemünden habe er sich im Oktober 1982 selbstständig gemacht und in der Lindig-Siedlung die Metzgerei Lindner übernommen. 1993 ist er in die Stadt gezogen und hat die Räume in der Vorstadtstraße übernommen, in denen bis dahin die Metzgerei Unger ihren Betrieb und Laden hatte.

Nur noch in Wombach

Das einzige Metzgerei-Fachgeschäft im Lohrer Talkessel mit seinen Stadtteilen ist damit Siegler in Wombach. Und im 20 Kilometer vom Zentrum entfernten Stadtteil Ruppertshütten gibt es noch die Metzgerei Harnischfeger. Raimund Freund vom Gasthof "Schwarzer Adler" in Steinbach hat seinen Metzgerladen seit Dezember geschlossen, wie er auf Anfrage der Redaktion mitteilt. Sein Ziel sei jedoch, das Geschäft wieder zu öffnen. Nur wann das zu schaffen sei, wisse er noch nicht.

Dass es so wenig Nachwuchs gibt, liege am Image und der Bezahlung, für die die eigene Zunft nach Meinung Werner Steins zu wenig getan habe. Für den Niedergang der selbstständigen Metzgereien macht Stein auch die Lebensmittelmärkte mit ihren Fleischtheken verantwortlich. Und die vielen Vorschriften und Hindernisse.

So erzählt er von einem syrischen Angestellten. "Der hat super gearbeitet", sagt Stein. Er hätte ihn gerne weiter beschäftigt. Aber es habe mit dem Familiennachzug nicht geklappt. Der Vater zweier Kinder, der das jüngere noch nicht gesehen hatte, sei deshalb in seine Heimat zurückgekehrt.

26 Jahre Festwochenlieferant

Einen neuen Lieferanten müsse sich die Festwirtsfamilie Widmann für die Spessartfestwoche suchen, sagt Stein. 26 Jahre habe er für die Versorgung mit Fleisch- und Wurstwaren gesorgt. Und er gesteht, dass ihm zum Abschluss dieses Jahr zum ersten Mal etwas ausgegangen sei.

Sein Fleisch, berichtet Stein, habe er täglich vom Schlachthof in Aschaffenburg bezogen, der das Vieh aus einem Umkreis von circa 50 Kilometern beziehe. Auch die Schlachthöfe hätten mit Personalmangel zu kämpfen, Fahrer fehlten, die nachts das schlachtwarme Fleisch auslieferten.

"Ich werde es vermissen", sagt Werner Stein über sein Berufsleben. Seine Frau Gabriele hat in Frammersbach in der Kleiderfabrik Mill gearbeitet, bis sich ihr Mann selbstständig gemacht hat. "Es waren oft lange Tage, wenn man um fünf morgens anfängt und abends erst um sechs rauskommt", sagt sie über den Wechsel in die Metzgerei. Sie war für die Tagesgerichte zuständig.

Verarbeitung von Wildfleisch
Die Metzgerei Stein war ein Hauptabnehmer von Wildfleisch aus dem Lohrer Stadtwald, wie André Lamontain von der Forstverwaltung der Stadt Lohr bestätigt. Dass Stein seine Metzgerei schließt, sei nicht nur ein Problem für die städtische Forstverwaltung, sondern auch für Jäger, die den Metzger beliefert hätten, sagt Lamontain. Die Forstverwaltung sei auf der Suche nach einer günstigen Kosten-Nutzen-Lösung. (mb)
 
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