
Daniela Kirschner blättert in dem Ordner mit alten Zeitungsartikeln. "Da, ich auf der Laurenzi-Messe", sagt sie und zeigt auf ein Bild, das sie strahlend und singend inmitten der Festbesucher zeigt. Fast 20 Jahre ist das her. Damals war sie die "Spessartlerche von Oberndorf" und hatte unter dem Künstlernamen Daniela Merk große Erfolge mit volkstümlicher Musik. Ein anderes Bild zeigt sie beim Grand Prix der Volksmusik in Meran im weißen Hosenanzug mit langem lockigen Haar zusammen mit Carolin Reiber. Sie sei eine der "sympathischsten Erscheinungen der Volksmusik", wurde ihr von der bekannten Moderatorin bestätigt.
Der Ordner ist voll mit solchen Presseberichten, die meisten aus den Jahren 2000 bis 2002. Sie zeugen von einem vielbeachteten Ausflug auf die große Bühne der Volksmusik. Höhepunkt war dieser Grand Prix in Meran im Jahr 2002. Doch danach ist es ruhig geworden um die junge Sparkassenangestellte aus Oberndorf bei Marktheidenfeld. Einer der letzten Artikel in ihrem Ordner hat die Überschrift "Die Spessart-Lerche trällert unter dem Nebelhorn". Die Allgäuer Zeitung berichtete von ihrem Umzug der Liebe wegen nach Oberstdorf. Sie hat den gebürtigen Oberstdorfer Hannes Kirschner geheiratet und mit ihm in dem Kurort im Allgäu eine Familie gegründet.
"Ich bin da irgendwie reingerutscht"
Das Blättern in dem Ordner zu Hause auf ihrem Wohnzimmertisch in Oberstdorf ist daher für Daniela Kirschner wie ein Ausflug in ihre Vergangenheit, die ein paar Jahre lang von Fernsehauftritten, Festbesuchen und CD-Aufnahmen geprägt war. Mit Hits wie "Ein bisschen Vino", "Bleib ich doch bei Dir" und "Dies bisschen Zärtlichkeit" eroberte sie die Herzen der Volksmusikfans. Sie habe gute Erinnerungen an die Zeit, sagt sie, ein Plan für ihr Leben sei eine Karriere als Schlagersängerin aber nie gewesen. "Ich bin da irgendwie reingerutscht", sagt die 44-jährige zweifache Mutter heute rückblickend, die sich in Oberstdorf wohlfühlt, aber auch ab und zu Heimweh nach dem Spessart hat.
Eine Plattenfirma war im Jahr 2000 auf Daniela Mergler – so hieß sie damals korrekt – aufmerksam geworden, weil sie für ihren Schwager Volker Liebler aus Erlenbach ein von ihm geschriebenes Lied als Demo eingesungen hatte. Die Plattenfirma sah Potenzial in der jungen, unverbrauchten Sängerin und sie wurde ein paar Monate später zu Tonaufnahmen eingeladen. "Probier es mal damit", habe man ihr gesagt und so entstand ihr erster Hit "Ein bisschen Vino". Aus Daniela Mergler wurde Daniela Merk. Die Plattenfirma hatte offensichtlich Gefallen gefunden an der authentischen Ausstrahlung der damals 25-Jährigen. "Ich musste mich nicht verstellen, ich mag diese Musik", sagt sie noch heute.

Es folgte die Anmeldung zum Grand-Prix der Volksmusik, dem bedeutendsten Musikereignis für volkstümliche Musik, bei dem Künstler aus den Ländern Schweiz, Italien, Österreich und Deutschland sich einen musikalischen Wettstreit liefern. Um dabei sein zu dürfen, muss ein Vorentscheid gewonnen werden. Dreimal trat Daniela Merk an, 2002, beim dritten Mal, hatte es endlich geklappt. Sie zog ins Finale des Grand Prix in Meran ein. "Der ganze Landkreis drückt die Daumen", kommentierte dies die Main-Post damals.
Es sind Tränen geflossen
Ihr bis dahin größter Erfolg wurde dann aber zu einer bitteren Erfahrung. Daniela Merk landete auf dem letzten Platz. Woran es gelegen hat? Sie weiß es nicht. "Vielleicht hätte ich ein Dirndl anziehen sollen, vielleicht war ich zu nervös, vielleicht zu viel Lack im Haar", sagt sie heute und lacht dazu. Fast zehn Kilo habe sie in der Zeit bis zu dem Auftritt abgenommen. Allgemein wurde ihr bestätigt, toll gesungen zu haben. Die Bilder von damals zeigen sie strahlend auf der Bühne, innerlich habe es aber anderes ausgesehen. "Ja, es sind schon Tränen geflossen", erinnert sie sich. Dankbar war sie, dass ihre Familie in Meran dabei war. Sie habe sie aufgefangen. Auch ihr heutiger Mann stand ihr damals schon zur Seite.
Der Grand Prix war ein Einschnitt. Er hätte bei einem Erfolg ihre Karriere als Schlagersängerin befeuern können, so ist es aber ruhig geworden um Daniela Merk. Das hing mit ihrem Umzug nach Oberstdorf zusammen, aber auch damit, dass die Plattenfirma das Interesse verlor. Das sieht sie rückblickend ganz nüchtern und ohne Verbitterung. "Die sind da eiskalt", sagt sie. So sei das Geschäft und das sei kurzlebig.
Das war auch kein Unglück. Längst hatte sie sich für eine Familie entschieden, und diese wäre mit ihrem Leben als Schlagersängerin nur schwer vereinbar gewesen. Damit waren auch die Zeiten vorbei, in denen sie tun musste, was die Plattenfirma sagt. Sie erinnert sich, wie sie einmal kurz vor einem Auftritt in Baden-Baden ihr Kleid wechseln musste, weil es dieselbe Farbe wie das von Carolin Reiber hatte. Heute kann sie darüber lachen. In dem Moment habe sie sich schon sehr herumgeschubst gefühlt.

Heute ist Daniela Kirschner glückliche Mutter zweier Kinder, Pius und Luis, beide begeisterte Skispringer und Ski-Langläufer. Sie freut sich, dass diese in einer herrlichen Umgebung aufwachsen. In Oberstdorf fühlt sie sich auch gut integriert. Eine Zeit lang hatte sie mit ihrem Mann ein Sportgeschäft geführt. Dort lag ein Gästebuch für ihre Fans aus, denn es kam häufig vor, dass Gäste vor allem aus Unterfranken sie sehen wollten.
Sie selbst blieb dem Gesang verbunden, gründete den Kolpingchor und leitet diesen als Dirigentin. Mit ihrem Chor kommt sie nun am ersten Mai-Wochenende wieder in ihre alte Heimat. Übernachtet wird auf Burg Rothenfels, besucht werden das Schloss Mespelbrunn und die Würzburger Altstadt. Mit dem Oberndorfer Chor "Singkreis Leuchtspur", in dem Daniela Kirschner selbst gesungen hat, gibt es einen gemeinsamen Gottesdienst in der Kirche in Oberndorf, der am Samstag, 4. Mai, um 18.30 Uhr beginnt. Wer die Spessartlerche dort erleben will, ist herzlich willkommen.