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KARLSTADT
Die Psychonauten
Auf Erfolgskurs: Die Karlstadter Band Shaky Foundation hat vor Kurzem ihr erstes Album veröffentlicht. Weil ihre Songs auch Musikexperten gefielen, dürfen die 19-Jährigen nun im Berliner Festspielhaus auftreten.
Shaky Foundation: von links Jannis Scheurich (Schlagzeug, Background-Gesang), Sebastian Höhn (E-Bass, Synthies) und Maximilian Seeger (Gesang, Gitarre). Das Bild stammt von Lukas Kunzmann aus Duttenbrunn, der auch schon Musikvideos für die Band produziert hat.
Foto: LUKAS KUNZMANN | Shaky Foundation: von links Jannis Scheurich (Schlagzeug, Background-Gesang), Sebastian Höhn (E-Bass, Synthies) und Maximilian Seeger (Gesang, Gitarre).
Jochen Jörg
 |  aktualisiert: 07.11.2019 20:33 Uhr

Sonnenuntergangs- und Sternenhimmelmusik – Worte, die die Band Shaky Foundation selbst einmal kreiert hat, um ihren Stil zu beschreiben. Eine Nachtfahrt mit dem Auto über entlegene, neblige Straßen scheint also gut geeignet, um sich ihrem ersten Studio-Album „Psychonaut“ zu nähern. Mit den zwölf verträumten, sphärischen Songs gelingt den Musikern ein Kunststück: Sie erschaffen einen Mikrokosmos, der unendlich zu sein scheint.

Fotoserie

Mit dem Vorsatz, so zu klingen wie irgendeine andere Band, sind Maximilian Seeger (Himmelstadt – Gesang, Gitarre), Sebastian Höhn (Karlstadt – E-Bass, Synthies) und Jannis Scheurich (Karlstadt – Schlagzeug, Background-Gesang) nie ans Werk gegangen. Wer sich ihre Debüt-CD zu Gemüte führt, muss tatsächlich lange überlegen, wo er so etwas zumindest in Ansätzen schon einmal gehört hat. Bei The Notwist vielleicht oder den frühen Coldplay oder – und auf diesen Vergleich sind die drei dann doch ein bisschen stolz – bei Radiohead.

Wie ein Album von drei 19-Jährigen klingt es jedenfalls nicht, was Shaky Foundation da vollendet hat. Produziert wurde „Psychonaut“ von Jürgen Daßing, dem Betreiber des Tonstudios Würzburg. „Er hat großes Vertrauen in uns – mehr noch als wir selbst. Das pusht uns natürlich sehr“, sagt Sebastian. Schon der EP „Walk off fame“ (Weg vom Ruhm) hatte Daßing den letzten Schliff verpasst. Das ist jetzt zwei Jahre her – und seither hat die Band sowohl ganz persönlich als auch von der musikalischen Qualität her einen Riesenschritt nach vorne gemacht.

Auch andere Künstler haben diese Weiterentwicklung bemerkt. 2013 hatte sich Shaky Foundation bei den Berliner Festspielen für die Teilnahme am „Treffen junge Musik-Szene“ beworben. Damals wussten sie die Jury noch nicht zu überzeugen. In diesem Jahr, mit dem neuen Album, war es anders. Knapp 100 junge Bands und Solisten aus ganz Deutschland hatten Promo-Material nach Berlin geschickt – und die Jungs aus Karlstadt gehören zu den zwölf Preisträgern. Sie dürfen nun am Donnerstag, 6. November, um 19.30 Uhr bei einem Konzert aller Gewinner im Haus der Berliner Festspiele zwei ihrer Songs spielen. „Für uns ist das eine große Ehre und ein weiterer Ansporn, den Weg, den wir eingeschlagen haben, weiterzugehen“, sagt Jannis. Dieser Weg hat im Jahr 2006 begonnen – zu einem Zeitpunkt, als paradoxerweise noch keiner der Jungs ein Musikinstrument spielen konnte. Sebastian und Jannis gingen damals aufs Karlstadter Johann-Schöner-Gymnasium. Zusammen mit einem Klassenkameraden, der ihr Gitarrist wurde, gründeten sie eine Band und trafen sich ab sofort regelmäßig, um Musik zu machen. Einen Bandnamen gab es noch nicht, genauso wenig wie eigene Songs. „Wir hatten aber schon immer vor, später etwas Eigenes zu machen“, erinnert sich Sebastian.

Im Jahr 2010 kam Maximilian zur Band hinzu. Für einige Zeit wurde aus dem Trio ein Quartett – bis der ursprüngliche Gitarrist die Band aus persönlichen Gründen verließ. Mit dem Neuen, den alle nur Max nennen, komponierten Sebastian und Jannis dann auch das erste eigene Lied. Ihren ersten Auftritt als Shaky Foundation hatte die Band 2012 im Würzburger B-Hof. Hier hatte sich auch schon der heutige Stil herauskristallisiert.

Um für ihre Live-Gigs gut vorbereitet zu sein, haben die Jungs schon immer fleißig geprobt. Angefangen haben sie im Keller des Hauses von Jannis' Vater. Das liegt zwar recht zentral, gestört hat sich an der Musik aber nie jemand. Inzwischen probt Shaky Foundation in einem kleinen Ort im Raum Lohr, in einem relativ abgelegenen und alleine stehenden Haus. Eine Gefahr, dass sich Nachbarn über die Lautstärke bei den „Sessions“ aufregen könnten, besteht also nicht. „Wir sind da manchmal das ganze Wochenende und haben megaviel Spaß“, erzählt Sebastian. Unstimmigkeiten gibt es so gut wie nie. „Wir machen ja nicht einfach nur Musik zusammen, sondern sind auch privat die besten Freunde.“

Gerade deshalb ist den dreien daran gelegen, dass sich ihre Lebenswege nicht irgendwann einmal trennen. Sebastian arbeitet als Rettungssanitäter in Karlstadt, Max studiert Medienkommunikation in Würzburg, Jannis möchte demnächst auf die Musikakademie gehen. Dass es im Raum Würzburg keine florierende Indieszene gibt, stört die Drei nicht. „Im Moment sehen wir keinen Grund, von hier wegzugehen – auch wenn es ab und zu nervt, dass Musik nach ihrem Entstehungsort abgestempelt wird und manche Menschen erwarten, dass moderne und Trends setzende Musik immer aus Berlin, Hamburg und Co. kommen muss“, sagt Sebastian.

Für ihre Band investieren Sebastian, Max und Jannis viel – zeitlich wie finanziell. „Die Musik nimmt nicht nur unsere Freizeit in Anspruch, sondern auch das meiste Geld.“ Weil sie davon als junge Menschen noch nicht allzu viel haben, haben sie sowohl ihre EP als auch ihr Album durch Crowdfunding finanziert. Das Besondere daran ist, dass eine Vielzahl an Menschen ein Projekt mit Geld unterstützt, am einfachsten geht das Werben und Spendensammeln im Internet. Wenn es gelingt, das Projekt zu verwirklichen, erhalten die Förderer in der Regel eine Gegenleistung vom Projektinitiator. Bei Bands wie Shaky Foundation kann das eine Danksagung im CD-Booklet oder eine Freikarte für ein Konzert sein. Für die Produktion ihrer EP zum Beispiel wollte Shaky Foundation 500 Euro zusammenbekommen, am Ende waren es über 800 Euro. „Für uns war das eine Bestätigung, dass es Menschen gibt, die unsere Musik wirklich mögen“, sagt Jannis.

Und es werden immer mehr. Dazu tragen auch Konzerte wie die in Berlin bei. Neben dem Kurzauftritt am Donnerstag im Festspielhaus hat Shaky Foundation am Freitag einen weiteren Gig in der Bundeshauptstadt: in der „Glühlampe“, einem kleinen Club im Stadtteil Friedrichshain. Überhaupt will die Band in der nächsten Zeit wieder etwas häufiger auf die Bühne, kündigt Sebastian an. „Nachdem wir nun eine ganze Menge Arbeit in unser Album investiert und viel Zeit im Studio verbracht haben, wollen wir uns jetzt erst mal wieder ein bisschen quer durch Deutschland spielen.“

Nachwuchsmusiker-Treffen in Berlin

Eine siebenköpfige Jury hat die diesjährigen Preisträger ausgesucht – sechs Solisten und sechs Bands, die alle zum „Treffen junge Musik-Szene“ nach Berlin eingeladen wurden. Dazu gehört auch die Karlstadter Band Shaky Foundation (im Bild das Cover ihres Albums „Psychonaut“). Bei der Auswahl der Preisträger war nicht die technische Qualität der eingereichten Musikproduktionen entscheidend, sondern die Qualität der Songs: textlich und musikalisch. Das Augenmerk der Jury lag darauf, ob die Songs eine Geschichte erzählen, dem Hörer etwas mitteilen und wie sie musikalisch ausgearbeitet sind, immer das Alter der Bewerber berücksichtigt. Ein Finale der zwölf Preisträger gibt es nicht, ihnen winkt auch kein Preisgeld und kein Plattenvertrag. Das Treffen verspricht etwas Anderes: eine Standortbestimmung. Fünf Tage absolvieren die jungen Musiker ein Campus-Programm aus Workshops zu Gesang, Komposition, Improvisation und Bühnenperformance mit erfahrenen Musikern, darunter Annette Marquardt (Gesangsdozentin der Pop-Akademie Mannheim), Ulrich Zehfuss (Texter, Autor und Singer-Songwriter) und Alexander Riemenschneider (Theater-Musiker und Regisseur). Auftrittsanalysen und Fachgespräche stehen ebenso auf dem Programm wie abendliche Jam-Sessions. Die Berliner Musikerin Dota Kehr, bekannt unter ihrem Künstlernamen „Kleingeldprinzessin“, spricht über Perspektiven im Musikbusiness. Ehemalige Teilnehmer des Treffens sind unter anderen der Singer/Songwriter Philipp Poisel aus Stuttgart und die bayerische Liedermacherin Claudia Koreck.

ONLINE-TIPP

Das Album „Psychonaut“ gibt es bei der Band (www.shaky-foundation.de) oder unter shakyfoundation.bandcamp.com. Hier kann man die Songs auch in voller Länge anhören.

 
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