
Die Entwicklung der Religionszugehörigkeit in Lohr und Umland nahm im 16. Jahrhundert eine dynamische Entwicklung mit zum Teil widersprüchlichem Verlauf. Theodor Ruf brachte mit seinem Vortrag am Dienstagabend Licht in die lokale Geschichte der Reformation. Obwohl der Eintritt frei war, kamen nur knapp 20 Zuhörer zu dem Vortrag der Volkshochschule Lohr-Gemünden und des Geschichts- und Museumsvereins Lohr.
Um den enormen Rahmen der Geschichte der Grafschaft Rieneck während der Reformation nicht zu sprengen, konzentrierte sich der Referent hauptsächlich auf die Person Johann Conrad Ulmer. Der aus dem schweizerischen Schaffhausen stammende Reformator wurde 1543 als Geistlicher berufen und erhielt vom Rienecker Grafen Philipp III. noch im selben Jahr in Lohr das Hofpredigeramt. Damit beauftragte der Adelige Ulmer nicht nur, den neuen Glauben strukturell umzusetzen, sondern auch dem Volk schmackhaft zu machen. Ruf ist sich sicher: "Ohne seinen Einfluss hätte sich der politische Wille zur Reformation in der Grafschaft nicht umsetzen lassen."
Strengere evangelische Regeln bei den Lohrern zunächst unbeliebt
Allerdings hatte Ulmer zunächst Schwierigkeiten, den neuen Glauben unter das Volk zu bringen. War eine Umgewöhnung der alten Glaubenssätze ohnehin schon lästig, so waren die damals strengeren evangelischen Regeln bei den Lohrern zunächst recht unbeliebt. Als sich der lutherische Glaube schließlich doch etablierte, stand er mit dem Tod von Philipp III. 1559 schon wieder in Frage. Denn mit dem Aussterben des Rienecker Adelsgeschlechts übernahm das Erzbistum Mainz das Lohrer Territorium und die meisten übrigen Rienecker Lehen.
"Doch anders als man vermuten lässt, waren die Mainzer Domherren dem evangelischen Glauben damals gar nicht so abgeneigt und zeigten sich zunächst ungewöhnlich tolerant", stellte der Historiker klar: "Sie wollten vor allem keine unnötigen Unruhen." So stellten sie in Lohr sogar zunächst einen evangelischen Oberamtmann ein. Dennoch kehrte Ulmann unter anderem wegen innerer Querelen mit der Lohrer Obrigkeit 1565 nach Schaffhausen zurück. Erst 1603 setzte der Mainzer Kurfürst Johann Adam von Brickens in der Region die Gegenreformation durch, so dass die Lohrer zur Rückkehr zum alten Glauben gedrängt wurden.