Auch über 350 Jahre nachdem eine Pestepidemie drohte, von Hanau den Main hinauf nach Lohr zu kommen, haben die Lohrer die Krankheit und ihre Furcht davor nicht vergessen.
Beinahe 200 Menschen haben sich am Freitagmorgen schon vor acht Uhr auf dem Kirchplatz versammelt, um gemeinsam hinter der schwarzen Pestfahne zur Valentinuskapelle zu ziehen. Sie wollten dem Heiligen Rochus dafür danken, dass die Stadt im Jahr 1666 von der Seuche verschont worden ist. Neben Pfarrer Sven Johannsen und Bürgermeister Mario Paul beteiligten sich unter anderem Stadträte, Mitarbeiter der Stadt und Mitglieder der Kirchengemeinde an der Prozession.
1632 war bei einer schweren Epidemie ein Großteil der Lohrer Bevölkerung ums Leben gekommen. Als 34 Jahre später die Pest erneut vor den Toren der Stadt stand, baten die Bürger den Pestheiligen um Hilfe. Rochus soll im 14. Jahrhundert auf einer Pilgerreise nach Rom Pestkranke geheilt und, als er selbst erkrankte, von einem Engel gepflegt worden sein.
Der Rochustag ist außerdem ein lokaler Feiertag, viele Geschäfte in der Innenstadt bleiben am Vormittag geschlossen. Mittags servieren die Lohrer Gasthäuser das traditionelle Rochusessen mit Leberknödeln und Beizfleisch – auch wenn der Rochustag einmal, wie in diesem Jahr, auf einen Freitag fällt. »Traditionen gehen über Werktage«, erklärt dazu Pfarrer Sven Johannsen auf Nachfrage der Redaktion. Da in Lohr der Rochustag ein lokaler Feiertag ist, sei das freitägliche Gebot auf Fleischverzicht nicht bindend. Es werde aber auch keiner davon abgehalten, Fisch zu essen.