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HAFENLOHR
Die Hüter des Hafenlohrtales
Kämpfer für den Schutz der Natur: (von links) Sebastian und Veronika Schönauer und Hubert Weiger.
Foto: Ernst Dürr | Kämpfer für den Schutz der Natur: (von links) Sebastian und Veronika Schönauer und Hubert Weiger.
Ernst Dürr
Ernst Dürr
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:33 Uhr

Gut 100 geladene Gäste hatten sich am Sonntag zur Jubiläumsfeier „40 Jahre Aktionsgemeinschaft Hafenlohrtal (AGH)“ im Gasthaus „Hochspessart“ in Lichtenau eingefunden. Die AGH wurde 1978 gegründet und leistete über 30 Jahre Widerstand gegen einen geplanten Stausee im Hafenlohrtal.

Zu Beginn wurde dem 75-jährigen Sebastian Schönauer, dem sein Alter nicht anzumerken ist und der in altbekannter und couragierter Weise zu Werke ging, vom Liederkranz Rothenbuch das von dessen Vorsitzenden Erich Hasenstab getextete „Hafenlohrtallied“ gesungen. In seiner Begrüßung bezeichnete Schönauer, der dem Verein heute noch vorsteht, die einst größte Bürgerinitiative Nordbayerns als eine aus der Not entstandene Gemeinschaft, die aus kleinen Anfängen heraus über viele Jahrzehnte stark geblieben sei.

Erste Gerüchte über die Planungen seien im Jahr 1976 aufgekommen. In der Folge hätten sich Umweltschützer aus dem Umfeld des Bund Naturschutz und Kommunalpolitiker auf Einladung des damaligen Rothenbucher Bürgermeisters Günther Eich getroffen. Schönauer berichtete, dass er, von einer Veranstaltung in Aschaffenburg kommend, später zur Versammlung gekommen sei und dann vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Man hatte ihn in Abwesenheit zum kommissarischen Vorsitzenden gewählt und erwartete nur noch seine Zustimmung, die er schließlich nach Erläuterungen durch Hubert Weiger, damals junger Landesbeauftragter des BN, auch gab. Kurz danach folgte die Gründungsversammlung im Gasthaus „Hoher Knuck“, in der die Vorsitzendenwahl bestätigt wurde. Stolz zeigte sich Schönauer, dass die AGH sich nicht auf ein Nein zum Stausee beschränkt habe, sondern dass stets konstruktive Vorschläge für eine umweltverträgliche Trinkwasserversorgung getätigt wurden. Als Beweis führte er Flugblätter aus den 1980er Jahren zu den Themen Nitrat und Pestiziden im Trinkwasser auf, die heute noch aktuell seien.

Größter Erfolg der AGH sei es gewesen, dass man gemeinsam mit dem Bund Naturschutz die bayerische Wasserwirtschaft „um 180 Grad gedreht“ habe. Vom Ziel der großen zentralen Wasserversorgungsanlagen mit großräumigen Verbundsystemen sei man dort inzwischen zum Beibehalten dezentraler Trinkwasserversorgungen und zum Grundwasserschutz übergegangen.

In seinem Grußwort dankte Gerd Aulenbach, Bürgermeister von Rothenbuch, den Mitgliedern der AGH, die eine ganze Generation lang für die Erhaltung des Hafenlohrtals gekämpft hatten. „Ihr seid die Hüter des Tales“, sagte er. Mit dem Bau eines Stausees hätte seine Gemeinde, in der die Hafenlohr entspringt, einen großen Teil ihrer Geschichte und Landschaft verloren. Er lobte insbesondere die langjährigen Aktivitäten Schönauers, der stets die Seele des Widerstandes gewesen sei. Frei nach dem Schriftsteller Kurt Tucholsky, der 1927 das Hafenlohrtal als „eine Landschaft, die gibt es gar nicht mehr“ bezeichnet hatte, zog Aulenbach den Schluss: „Die AGH hat dafür gesorgt, dass es diese Landschaft noch immer gibt.“

Das Hafenlohrtal sei zu einem Symbol erfolgreichen Einsatzes zum Erhalt der Natur geworden, stellte Prof. Dr. Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des Bund Naturschutz (BN) in Bayern und Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), in seiner Festrede fest. Dieses Symbol gebe damit auch anderen Hoffnung, Positives für die Natur zu bewegen. Weiger brach eine Lanze für die Europäische Union. Erst im Rahmen der europäischen Richtlinie Natura 2000 wurde das Hafenlohrtal als schutzwürdig festgelegt. Dies müsse national weiterentwickelt werden. „Wir brauchen im Hafenlohrtal ein Schutzgebiet von der Quelle bis zur Mündung“, forderte er unter dem Beifall der Anwesenden.

Weit habe die Möglichkeit des kommunalen Volksbegehrens geholfen, die der Staatsregierung durch ein bayernweites Volksbegehren abgetrotzt worden sei. Im Ergebnis habe es dabei keinen einzigen Bürgerentscheid auf kommunaler Ebene gegeben, der eine eigene dezentrale Wasserversorgung abgelehnt habe, obwohl häufig sogenannte Fachbehörden anders votiert hatten. Weiger zeigte sich überzeugt: „Wir haben in Bayern die beste Verfassung, die es weltweit gibt.“

Er würdigte auch den Einsatz Schönauers über die AGH hinaus, so als stellvertretender BN-Landesvorsitzender und als Sprecher des Arbeitskreises Wasser des BUND. Als solcher sei er Pionier gegen die Privatisierung unserer Ressourcen Wald und Wasser und leiste Wichtiges für die Demokratie. Weiger bezog auch Schönauers Gattin Veronika in seinen Dank mit ein und überreichte ihr ein Blumenpräsent.

Anschließend nahmen noch weitere Teilnehmer die Gelegenheit wahr, ihrem „Wastl“ zu danken. So berichtete sein AGH-Co-Vorsitzender Erich Perchermeier, langjähriger BN-Vorsitzender aus Main-Spessart, mit einem Augenzwinkern von AGH-Vorstandssitzungen als Ein-Mann-Shows mit Reiseberichten des Vorsitzenden aus Berlin und München.

Christine Scheel, ehemalige Landtags- und Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Aschaffenburg, berichtete, wie sie als junges Mädchen als Helferin bei den Hafenlohrtalfesten aktiv war und von Schönauer und dem Umfeld der AGH so weit politisiert wurde, dass sie in den Landtag wollte, um dort etwas zu verändern.

Sebastian Schönauer appellierte an die aktuell über 600 Mitglieder, der Aktionsgemeinschaft weiter die Treue zu halten. Von den geringen Mitgliedsbeiträgen würden beispielsweise Infotafeln im Tal sowie die Unterhaltung des Bohlenstegs finanziert. Er rief dazu auf, im Engagement für die Natur nicht nachzulassen: „Es müssen genügend natürliche Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen übrig bleiben.“

Bereits am Morgen hatte das Jubiläum mit einem Dankgottesdienst am Hafenlohrtal-Bildstock in Einsiedel begonnen und war dann vor der Jubiläumsfeier in der Lichtenau mit einem gemeinsamen Mittagessen fortgesetzt worden.

 
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