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WIESENFELD/HOFSTETTEN
Die grausige Tat des Heinrich Schuhmann
Von unserem Redaktionsmitglied Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 29.12.2012 12:05 Uhr

Der Andrang an Schaulustigen in Würzburg an jenem Samstag Anfang November 1850 war enorm. Es war Allerseelen und Markttag. Die Hinrichtung ging sehr schnell: Der Bauer Heinrich Schuhmann aus Hofstetten wurde auf einen Stuhl gesetzt und schon trennte ihm der Scharfrichter mit einem Schwertstreich das Haupt vom Rumpf. Der gebürtige Steinfelder musste mit seinem Leben dafür büßen, dass er am 4. Februar 1850 in Wiesenfeld die 57 Jahre alte jüdische Witwe Hevel Löwenthal und deren 32 Jahre alte Dienstmagd Marianna Rosenfelder mit einem Dengelhammer erschlagen und drei Säckchen mit Geld gestohlen hatte.

Was den Fall 160 Jahre später unter anderem so interessant macht, ist, dass man heute problemlos Zeitungsartikel zum Mordfall im Internet findet – von der ersten Polizeimeldung über Prozessberichte bis zu Artikeln über die Hinrichtung. Ganze Jahrgänge an Zeitungen und Zeitschriften, wie auch viele Bücher, hat die Staatsbibliothek München vom Internetgiganten Google für das Projekt „Google Bücher“ (books.google.de) digitalisieren lassen.

„Ueberdieß sei er ein roher Mensch, der selbst das Vieh unnütz plage und mißhandle.“

Aus dem Gerichtsbericht im Würzburger Stadt- und Landboten

Der erste Artikel zum Fall aus dem Würzburger Stadt- und Landboten lautete (leicht gekürzt): „Am 4. d., Vormittags gegen 10 Uhr, wurde im Orte Wiesenfeld, die israelitische Wittwe Nathai Löwenthal im Vorplatze ihrer Wohnung und auf dem Vorplatze des 2ten Stockes die Magd derselben durch mehrere Schläge auf die Hirnschaale ermordet und hierauf durch Oeffnen eines Komodes mit den dazu gehörigen Schlüsseln eine bedeutende Summe an Gold und Silber geraubt.

Wegen Verdacht dieses Doppelmordes und Raubes wurde durch mehrere Wiesenfelder Burschen ein gewisser Heinrich Schuhmann, Ortsnachbar von Hofstetten, verfolgt, im Orte Steinfeld erreicht und sofort der k. Gerichtsbehörde Rothenfels eingeliefert.“ Interessant auch: „Von der geraubten Baarschaft soll jedoch nichts bei ihm gefunden worden sein.“ Mehrere 1000 Gulden in Gold und Silber soll Schuhmann, der Schulden bei der Witwe gehabt hatte, geraubt haben und in einem Anger vergraben haben.

Irgendwer muss dort jedoch schon gegraben haben, als die Polizei kam, denn es war nur noch ein Beutel aufzufinden. In den Gerichtsberichten heißt es unter anderem, der 31-jährige Schuhmann habe, da er zur Unwahrheit neige, den Beinamen „Lügenhenner“ gehabt.

„Ueberdieß sei er ein roher Mensch, der selbst das Vieh unnütz plage und mißhandle.“ Eine Zeitung versuchte psychologisch zu ergründen, wie Schuhmann seinen Mordgedanken entwickelte, mit dem er sich angeblich schon zwei Jahre vorher getragen hatte. Weil seine Schulden, die er bei der Witwe hatte, Anfang 1850 eingetrieben werden sollten, habe er schließlich seinen fatalen Entschluss gefasst.

Schuhmann, der sechs Jahre zuvor nach Hofstetten gezogen war, wurde in der Gerichtsverhandlung im September 1850 wegen „qualifizirten doppelten Mordes“ zum Tod durch das Schwert verurteilt. Er sollte als einer der Letzten, wenn auch nicht als der Letzte, wie man auch schon lesen konnte, öffentlich in Würzburg hingerichtet werden.

So wurde er am 2. November 1850, vom Henker wie ein Hund am Strick gehalten, mit einem Wagen durch die Stadt gefahren. Am Stadtgericht wurde sein Urteil noch einmal verlesen und der Stab über ihn gebrochen, bevor es weiter hinauf zum Galgenberg ging.

Es war eine von nur drei Hinrichtungen in Bayern in jenem Jahr. Da „öffentliche Hinrichtungen nur zur Beförderung der Rohheit und der Entsittlichung des Volkes beitragen“, wurden sie 1861 mit der Neufassung des bayerischen Strafgesetzbuches abgeschafft.

Hingerichtet wurde fortan ohne Öffentlichkeit.

Gleich nach der Hinrichtung schnappte sich der Anatom Albert von Kölliker den Leichnam und brachte ihn zu Untersuchungszwecken in die Anatomie. Wann bekommt man schließlich schon mal eine frische Leiche?

35 Minuten nach der Enthauptung unterzogen Kölliker und der hier durch seine Studie über die damaligen Lebensverhältnisse im Spessart bekannte Professor Rudolf Virchow die Leiche Schuhmanns einigen Versuchen.

Für die beiden kleinen Kinder des Hingerichteten sammelten „edelgesinnte Bürger“ Geld. Seine Witwe Gertraud heiratete nur vier Monate nach der Hinrichtung einen gewissen Michael Dittrich aus Halsbach. Schuhmanns Sohn Adam zog 1886 ins Haus Nummer 22, heute Mainbrückenstraße 6, das der Hofstettener Erwin Höfling vor ein paar Jahren gekauft und mit seinem Sohn über Jahre aufwendig renoviert hat.

Im Jahrbuch der Stadt Karlstadt 2012/13 widmet sich ein Beitrag dem Fall. Das Buch kostet 17,80 Euro.

Porträt eines Doppelmörders: Eine Abbildung von Heinrich Schuhmann aus Hofstetten aus einer Beilage des Würzburger Stadt- und Landbotens vom 10. November 1850.
Foto: Repro: Universität Würzburg | Porträt eines Doppelmörders: Eine Abbildung von Heinrich Schuhmann aus Hofstetten aus einer Beilage des Würzburger Stadt- und Landbotens vom 10. November 1850.
 
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