
In wenigen Wochen startet die 1250-Jahr-Feier in Neustadt. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Doch wie lebt es sich in dem Örtchen am Main mit 1314 Einwohnern, in dem es kein Gasthaus und kein Geschäft mehr gibt? Eingekauft wird in Lohr und Marktheidenfeld, unabhängig vom Dorfladen, da bereits seit Ende der 1990er Jahre kein Geschäft mehr in Neustadt ist, erklärt Bürgermeister Stephan Morgenroth.
Lediglich ein Metzger oder Bäcker war immer wieder mal vor Ort. Als diese auch schlossen, startete die Gemeinde den Versuch eines Dorfladens in Eigenregie. »Leider wurde dieser nicht gut angenommen und daher völlig unrentabel«, so Morgenroth.
Frische Brötchen wären schön
»Frische Brötchen und Wurst am Samstag, ohne wegfahren zu müssen, würde bestimmt genutzt werden«, sagt Ute Gowor (42). Die kleine Umfrage im Ort zeigt aber auch, dass viele Neustadter ihren Arbeitsplatz außerhalb haben und deshalb nach der Arbeit oder am Wochenende groß einkaufen. Da die Testphase mit dem Dorfladen schlecht angenommen wurde, ist das möglichen Partnern zu risikoreich. »Aktuell ist nichts geplant und das Fehlen der Nahversorgung im Ort ist auch kein Thema«, erklärt der Rathauschef.
Viele Senioren nutzen die guten Busverbindungen oder werden von der Familie mitversorgt, erzählt Birgid Merz. Sie betreut die drei großen Seniorenveranstaltungen im Ort und bestätigt, dass die fehlende Nahversorgung kein großes Thema ist. Eines der Angebote für die ältere Generation ist der wöchentliche Mittwochs-Treff, der für jedermann offen steht. »Das läuft zweieinhalb Jahre und hat sich super etabliert«, so Merz.
In der Turnhalle kommen dann 20 bis 25 Gleichgesinnte bei Kaffee und Kuchen zusammen, es wird gespielt, gestrickt, erzählt und Spaß gemacht. »Es hat sich auch eine Männerrunde gebildet, die spielen Skat«, verrät Birgid Merz. Jeden Montag schwingen zwölf rüstige Rentner das Tanzbein im Seniorentanzkreis im Pfarrheim. Der monatliche Seniorenkreis der Pfarrgemeinde, der sich auch im Pfarrheim trifft, rundet das Angebot für Senioren ab.
»Für das dörfliche Leben und die älteren Leute ist das schlimm«, sorgt sich Roland Weyer um die Versorgung der älteren Einwohner. Nur von einem fahrenden Bäcker werden die Neustadter noch beliefert, berichtet Weyer. Der 80-Jährige ist fit und fährt mit seiner Frau jeden Donnerstag mit dem Auto nach Lohr zum Einkaufen. Doch was machen diejenigen in Zukunft, die das nicht mehr können, fragt sich Weyer. Er wünscht sich ein Nahversorgungsangebot. In seiner Freizeit zieht es den Rentner jeden Tag in die Natur, egal bei welchem Wetter. Davon gibt es rund um Neustadt genügend.
»Die Stimmung im Dorf ist sehr gut, man ist füreinander da und hilft sich«, fasst Natalie Klüber ihre Eindrücke zusammen. Die 22-Jährige hat nicht das Bedürfnis, woanders zu wohnen und würde ihr Leben in Neustadt nicht gegen eines in der Großstadt tauschen wollen. Für die amtierende »Hääkönichin« bietet Neustadt viele Möglichkeiten für schöne Aktivitäten mit Freunden und Familie: So wird gerne hoch zur Aurora gewandert. Außerdem gehen die jungen Erwachsenen gerne auf die Dorffeste wie das Maifest.
Hafenfest ist Highlight
Ein Highlight im Jahr ist das Hafenfest von »Hoffnung schenken«, das im Spätsommer stattfindet. »Die Location unten am Main ist toll und man freut sich schon lange vorher darauf«, erzählt Natalie Klüber. Auch bei diversen Musikveranstaltungen in der Turnhalle ist die Jugend am Start.
Das Einzige, was wirklich fehlt, ist eine Kneipe oder ein Biergarten: »Gerade im Sommer wäre es schön, wenn es einen Ort gäbe, wo man sich immer treffen kann und in Gesellschaft ist«, so Klüber. So treffe man sich eher privat bei jemandem Zuhause oder am Main mit Picknickdecke. Auch das Vereinsleben sei schön: Die 22-Jährige ist Mitglied der Showtanzgruppe des Neustadter Karneval-Clubs und trainiert die Garde.