Was tun, wenn Kinder und Jugendliche nicht mehr vom PC oder Smartphone wegzubekommen sind? Einen Vortrag über das Thema »Pathologischer Gebrauch von PC und Internet« hielt Verhaltenstherapeutin Julia Finmans, die über das digitale Suchtverhalten von Kindern und Jugendlichen promoviert hat, am Bezirkskrankenhaus Lohr.
Mit fundiertem Sachwissen und vielen praktischen Bezügen berichtete Finmans den rund 60 Zuhörern über das gewachsene Problembewusstsein. Hieß es früher, dass der Bub halt gerne spiele, wisse man heute, dass es sich bei exzessiven Konsum um eine Abhängigkeit handele, die oftmals psychiatrische Krankheitsbilder wie die Depression, mit sich ziehe.
Als Problembereiche führte die Psychologin Pornografie und Cybersex, Gewaltdarstellungen, Rechtsextremismus und islamistische Propaganda aus. Nicht nur Computerspiele, auch Glücksspiele, virtuelle Communitys, Chats und Online-Shops können mit einem Suchtverhalten einher gehen. Finmans kritisierte auch die Zunahme von exzessiven Recherchen im Internet. »Da findet man nicht nur das, was man will.«
Die Abhängigkeit könne zur Vernachlässigung der körperlichen Hygiene und der Nahrungszufuhr führen. Süchtige seien immer in ihrer virtuellen Welt, die zu einer verhaltensbezogenen Vereinnahmung führe.
Therapie oft einziger Ausweg
Die Therapie, auch stationär in psychiatrischen Kliniken, sei oft der einzige Ausweg aus der Sucht, so Finmans. Der Aufbau von Veränderungsmotivation, insbesondere die bewährte Methode der motivierenden Gesprächsführung sei ein Ansatz. Zudem seien die Patienten sehr empfänglich für visuelle Reize, das sollte auch in der Therapie genutzt werden. Auch das Verfassen von Briefen an einen Avatar, stellvertretend für die Sucht, und an einen Freund für die gute Seite, kann therapiefördernd sein. Eltern die selber das Smartphone intensiv benutzen, verhielten sich inkonsequent und gäben kein gutes Vorbild für ihre Kinder ab. Diese sollten vorab an ihrem eigenen Konsum arbeiten.
Am Bezirkskrankenhaus gibt es noch keine Station für stoffungebundene Süchte. Jedoch wurde im Psychologischen Dienst mittlerweile eine neue Gruppentherapie eingeführt, die sich dieses Themas und den betroffenen Patienten annimmt, erläuterte der promovierte Psychologe Carsten Pohl, der die Veranstaltung organisiert hatte.