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SACKENBACH
Die Frau, die Tomatenpflanzen streichelt
Frau erntet Tomaten | Woman harvest Tomatoes       -  Astrid Späth mit Freilandtomaten in ihrem Garten in Sackenbach.
Foto: Otmar Diez | Astrid Späth mit Freilandtomaten in ihrem Garten in Sackenbach.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:17 Uhr

Astrid Späth ist eine fanatische Gärtnerin. Im positiven Sinne. Mit Begeisterung kann die 53-Jährige aus Sackenbach im Landkreis Main-Spessart erzählen, was in ihrem über 900 Quadratmeter großen biologischen Schaugarten sprießt und kreucht. Eigentlich hat Astrid Späth ja Musik studiert. Aber Akkordeon und Klavier tauschte sie irgendwann gegen Gartenschaufel und Gießkanne ein, ihre wahre Leidenschaft.

Den Enthusiasmus teilt sie in ihrem Internet-Blog „Biogarten Füllhorn“ mit anderen. Ein neuerer Eintrag handelt von ihrem Zimmer-Wurmkomposter. „Wollen Sie mal sehen?“, fragt sie und hat ihn auch schon in die Küche geholt. Als sie den Deckel abnimmt, sieht man Biomüll. Als „Müll“ möchte sie den Inhalt aber nicht verstanden wissen. Im Teil darunter wimmeln jede Menge Würmer in schwarzem Humus – „das schwarze Gold des Gärtners“, sagt Astrid Späth stolz. Angeblich stinkt und schimmelt da nichts. „Da kann ich mich dem Kreislauf in Richtung Selbstversorgung immer mehr nähern.“

Nicht täuschen lassen, die Sorte Bernau Orange ist reif, wenn sie orange ist.
Foto: A. Späth | Nicht täuschen lassen, die Sorte Bernau Orange ist reif, wenn sie orange ist.

Der wahrscheinlich erste Online-Tomatenkurs Deutschlands

Für die bevorstehende Gartenzeit, die Anfang März beginnt, bietet die Sackenbacherin nun einen saisonbegleitenden Online-Kurs für Tomatenanbauer an. Und für solche, die es werden wollen. Den wahrscheinlich ersten Online-Tomatenkurs in Deutschland, sagt Astrid Späth. Und man glaubt es ihr gleich.

Die 53-Jährige blickt auf 20 Jahre Tomatenanbauerfahrung zurück. Angefangen hat sie auf dem Balkon im nordrhein-westfälischen Düren. Als sie wenig später aufs Land zog, bekamen die Tomaten einen Platz im Gartenbeet. Jetzt lebt Astrid Späth mit ihrer Familie seit neun Jahren in Sackenbach bei Lohr. Ein wichtiges Kriterium für die Wohnortwahl war, wie sollte es anders sein, ein schönes Gartengrundstück. Neben allerlei anderem Gemüse hat sie im Jahr etwa 60 Pflanzen der unterschiedlichsten Tomatensorten im Gewächshaus und im Freiland. Über Sorten tauscht sie sich gern mit „Tomatenfreaks“ aus, wie sie sagt.

Zwölf Lektionen für eine „üppige Tomatenernte“

Wie man richtig gartelt, darüber hat sie viele Bücher gelesen, auch Kurse besucht und viel selbst ausprobiert. Aber weil es ihr nicht reichte, einfach nur für sich zu gärtnern, gab sie auch selbst schon Volkshochschulkurse und beriet Gartenbauvereine. „Ich bin“, sagt sie, „von meiner Neigung Lehrerin“. Der neue Online-Tomatenkurs besteht aus zwölf Lektionen, in denen die Nutzer von Astrid Späth gewissermaßen an der Hand genommen und Schritt für Schritt von der Aussaat zur Ernte geführt werden. Und zwar zu einer „üppigen“, wie sie sagt. In der Kommentarfunktion oder per Mail sollen sich die Nutzer mit ihr austauschen können. „Das ist der Vorteil gegenüber einem Buch.“ Über einen Newsletter werden die Tomatenanbauer auf die aktuelle Lektion hingewiesen.

Das nagelneue Tomatengewächshaus im Sackenbacher Garten: „Das wird ein Spaß.”
Foto: Astrid Späth | Das nagelneue Tomatengewächshaus im Sackenbacher Garten: „Das wird ein Spaß.”

Ein paar Tipps für einen gelingenden Tomatenanbau verrät sie vorab. Bei der Anzucht geht es schon los: Dafür brauche es eine Temperatur von 24 bis 28 Grad – „gerne auf der Heizung“, sagt Astrid Späth. Man könne auch eine Folie oder eine Klarsichthaube über die Pflanzschale legen. Es brauche übrigens keine Pflanzschale für Profis, sagt sie, eine leere Plastikschale vom eingekauften Gemüse funktioniere genauso.

Sterilisierte und damit keimfreie Anzuchterde ohne Düngung sei für die Anzucht am besten. Enthalte die nämlich kaum Nährstoffe, bilde das junge Pflänzchen auf der Suche nach solchen stärkere Wurzeln. Erst wenn nach den ersten Keimblättern das erste richtige Blattpaar zu sehen ist und die Tomätchen „pikiert“, also verpflanzt, werden, sollte man gedüngte Erde nehmen.

Pikierte Pflänzchen müssen raus aus der Wärme

Nach dem Umsetzen müssen die Pflänzchen aber raus aus der Wärme, sagt Späth. Am besten seien 15 Grad und ein sehr heller Ort, etwa ein Fensterbrett. „Sonst werden sie immer dünner und gakeliger“, erklärt die Expertin. Damit vermeide man auch einen „Pflanzschock“, wenn die Tomaten irgendwann ins Freie kommen. „Die sollen sich recht schnell dran gewöhnen, dass das Leben kein Ponyhof ist“, scherzt sie.

Ein weiterer Tipp klingt, das gibt sie selbst zu, etwas verrückt: Späth rät dazu, die Pflänzchen ab und an zu streicheln, genauer: darüberzustreichen. Damit soll nicht etwa eine intensivere Verbindung zu den Tomaten aufgebaut, sondern schlicht Wind imitiert werden. Manche sorgsamen Gärtner nähmen auch einen Föhn dazu. Bewegen sich die Pflänzchen, bildeten sich feine Risschen, die dann wieder verwachsen. „Man reizt sie dazu, kräftiger zu wachsen“, erklärt Späth. So würden die Pflanzen auch widerstandsfähiger gegen den Braunfäulepilz.

Im Sommer dann reiche Ernte: ein bunter Tomatenteller von Astrid Späth.
Foto: Astrid Späth | Im Sommer dann reiche Ernte: ein bunter Tomatenteller von Astrid Späth.

Die gefürchtete Braunfäule ist auch der Grund, warum Tomaten nicht neben Kartoffeln gepflanzt werden sollten, von denen der Pilz sonst auf die Tomaten übergehen könnte. Gegen Ende der Erntezeit könne man gegen die Braunfäule von unten her ein bis zwei Blattstände in der Woche entfernen, sagt die Gärtnerin. Aber nicht alle, sondern etwa bis zur Mitte, die Blätter würden schließlich für die Fotosynthese gebraucht.

Wasser marsch? Lieber zurückhaltend gießen

Beim Gießen rät Astrid Späth zu Zurückhaltung. Ab Ende Juni sollten Tomaten „eher zu wenig als zu viel“ gegossen werden, sonst leide das Aroma der Tomaten. Sie rät, die Pflanzen von Anfang an zurückhaltend zu gießen, dann bildeten sie größere Wurzeln. Dass die Pflanzen im Sommer mittags die Blätter hängen lassen, sei normal, das sei ein Schutz gegen Verdunstung und kein Anlass, zur Gießkanne zu greifen. Lediglich wenn an sich nicht verwöhnte Pflanzen schon morgens schlaffe Blätter haben, sollte man sofort gießen.

Ein Ärgernis, das mancher kennt, der schon Tomaten angebaut hat, sind braune Fäulnisstellen am unteren Teil der Früchte, sogenannte Blütenendfäule. Für schnelle Hilfe rät sie, Kalzium-Tabletten, wie man sie aus dem Lebensmittelhandel kennt, aufzulösen und damit zu gießen. Das auch empfohlene Gesteinsmehl wirke nicht ganz so schnell.

Tomaten von Astrid Späth, Sorte Sibirisches Birnchen.
Foto: Astrid Späth | Tomaten von Astrid Späth, Sorte Sibirisches Birnchen.

Der wichtigste Tipp: bitte mit Überdachung

So gibt die Sackenbacherin Tipp um Tipp: Ausgeizen am besten morgens, große Geiztriebe herausschneiden, gegen Läuse sollten die Pflanzen mehr Abstand haben, Pferdemist ist gut, muss aber abgelagert sein, Tomaten nicht mit dem Schlauch gießen. Der vielleicht wichtigste Tipp: „Die ganz sichere Ernte kann man nur garantieren mit Überdachung.“ In Unterfranken gehe es ohne Überdachung aber noch ganz gut, weil es hier wenig regnet.

Beim Gang durch ihren weitläufigen Garten, dessen Boden sie mit Mikroorganismen aufpeppt, der aber erst aus dem Winterschlaf erwachen muss – „den würden Sie nicht wiedererkennen in ein paar Monaten“ –, zeigt sie auch ihr neues begehbares Tomatenhaus, das ihr der Mann einer Freundin gebaut hat. Sie kann es gar nicht erwarten, es in Betrieb zu nehmen. „Das wird ein Spaß.“

 
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