Auch Röttbach hat eine Fliegergeschichte. Und zwar eine außergewöhnliche, wie der Heimatforscher Kurt Schüll aus Marktheidenfeld recherchiert hat. Siegbert Schick, wohnhaft in Röttbach, bewahrt im Dachboden seines Hauses einen Holz-Propeller eines Flugzeugs aus den 30er Jahren auf. Er stammt von seinem Vater, der bei der Luftwaffe in Wertheim beschäftigt war. Schick informierte Schüll und beim Besuch übergab Schick dem Heimatforscher einige Fotos seines Vaters.
Es sind Fotos, die mit einer Kleinbildkamera im Krieg in Frankreich gemacht wurden. Schicks Vater Leo ist auf den Bildern zu erkennen und ein viermotoriger amerikanischer Bomber, der notgelandet war. Der Ort der Landung war unbekannt.
Kurt Schüll vergrößerte die Bilder und recherchierte zunächst über Leo Schicks Leben als Soldat. Leo Schick war von Beruf Sattler, seinen Wehrdienst leistete er als Sattler in der Werft des Fliegerhorstes in Gablingen ab. Im April 1937 wurde der Fliegerhorst in Wertheim in Betrieb genommen und Schick stellte einen Versetzungsantrag dorthin. Die Fliegerhorstkommandantur gab ihr Einverständnis und Schick nahm den Dienst als Sattler in Wertheim auf. Die Nähe zu seiner Heimat bekräftigte den Entschluss zu heiraten, weiß Schüll.
Leo Schick kam aus dem Krieg nicht wieder zurück
Dann aber kam der Krieg und Leo Schick wurde nach Frankreich versetzt, um Aufgaben bei der Luftwaffe wahrzunehmen. Danach musste er nach Russland. Von dort kam er, wie viele seiner Kameraden, nicht mehr zurück.
Auch über das bereitgestellte Foto mit dem Flugzeug konnte Heimatforscher Schüll einiges herausfinden. Das Bild zeigt den amerikanischen viermotorigen Bomber Boeing B17F 42-30048 "Flak Dancer", der am 26. Juni 1943 auf einem Feld nahe der Stadt Laon in Frankreich notlanden musste. Dabei wurde der Bomber leicht beschädigt. Man sieht die verbogenen Propeller der Maschine, die man wieder zum Weiterflug ausrichtete. Die Luftwaffe war an einer solch guterhaltenen US-Beutewaffe sehr interessiert, erklärt Schüll.
Leo Schick bewachte den notgelandeten Bomber
Man warf grüne Tarnnetze und Grünzeug über den Bomber, damit er nicht von den Amerikanern gesehen wurde. Diese hätten ihn sofort durch Bombenabwürfe zerstört, denn die Amerikaner wollten nicht, dass ihre Technik in deutsche Hände fällt.
Bewacht wurde der Bomber von dem Gefreiten der Luftwaffe Leo Schick aus Röttbach und einem Kameraden. Zwei Nächte und einen Tag mussten sie die Maschine mit schussbereiten Karabinern bewachen.
Von den zehn amerikanischen Besatzungsmitgliedern konnten sechs entkommen, zwei wurden gefangen genommen. Der Pilot der Maschine war Delten Wheat. Er konnte sich der Gefangennahme entziehen und sein Co-Pilot wurde als vermisst gemeldet, so der Heimatforscher. Durch den Nick-Namen, den Spitznamen, und das Wort Flak-Dancer (Fliegerabwehrtänzer) konnten alle Daten und der Ort der Landung und ihrer Besatzung ermittelt werden.
Soldaten machten den Bomber wieder flugfähig
Bei der deutschen Luftwaffe gab es das Kampfgeschwader 200 (KG200). Es war ein Verband für Sonderaufgaben und führte unter außergewöhnlichen Bedingungen Kampfaufträge und Transportunternehmungen von besonders schwierigen Charakter durch. Das fast immer unter Geheimhaltung.
Deutsche Soldaten machten den Bomber am Ort der Notlandung wieder flugfähig. "Unter den Tragflächen und am Heck wurden Hakenkreuze angebracht, damit er nicht von der eigenen Flak abgeschossen wurde", erklärt der Heimatforscher.
Man flog die Maschine nach Deutschland zur Luftwaffenerprobungsstelle Rechlin. Dort bestaunte man das große US-Beuteflugzeug. Mit der Maschine wurden anschließend zahlreiche Testflüge durchgeführt, wobei alle Daten über die Leistung und die Schwachstellen des Bombers aufgezeichnet wurden, so Schüll.