
Dass die Volkshochschule Karlstadt für ihr "hervorragendes Qualitätsmanagement" zertifiziert wurde, klingt zunächst abstrakt. Worum es ging, verrät ein Blick auf die Kriterien: Gewertet wurden unter anderem die hohe Zufriedenheit der Teilnehmer mit den Kursleitern, das breite Angebot und das hilfsbereite Vhs-Team, das sogar manchmal Sonderwünsche der Teilnehmer erfüllen kann.
Frage: Sonderwünsche der Teilnehmer - was kann denn das bedeuten?
Claudia Ruppert: Zum Beispiel kam kürzlich eine Mann und sagte, er würde seinem Sohn, der Angler ist, gerne einen Gutschein für einen Fischkochkurs schenken. Nach einiger Recherche fanden wir eine Köchin und können im nächsten Semester einen solchen Kurs tatsächlich anbieten.
Ein solcher Aufwand ist sicher nicht immer möglich, angesichts der Fülle Ihres Angebots. Wie viele Veranstaltungen hat die Vhs jedes Jahr?
Ruppert: Wir bieten 600 Veranstaltungen pro Jahr beziehungsweise 300 pro Semester an. In dieser Zahl ist eine breite Mischung enthalten, im Wesentlichen Kurse und Vorträge, aber beispielsweise auch Exkursionen oder Studienfahrten. Man muss sehen, dass mancher Kurs zehnmal oder mehr läuft. So kommen wir im Jahr auf rund 4200 einzelne Veranstaltungstermine mit zusammengerechnet mehr als 6000 Teilnehmern.
Wie kommen diese Angebote zustande? Wer hat die Ideen?
Ruppert: Zum einen melden sich Kursleiter bei uns mit einem Angebot, zum Beispiel kürzlich mit einem "Zauberkurs für Kinder" oder mit "Ringe schmieden". Oder wir schauen, was gerade Trend ist. "Handlettering" ist gerade in der jüngeren Generation angesagt. Da geht es darum, Postkarten mit schönen Schriften und Verzierungen zu gestalten. Oder "Zentangle", das ist Malen von verschiedenen Mustern zu Meditation. "Stand-up-Paddling" haben wir aufgenommen, um eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Die meisten unserer Teilnehmer sind bisher zwischen 40 und 80. Die Zielgruppe zwischen 18 und 30 wollen wir stärker erreichen.

Wie kommen Sie an Referenten für neue Kurse heran?
Ruppert: Wir schauen einerseits bei den bisherigen Referenten, ob sie etwas Neues anbieten können. Oder wir fragen nach Empfehlungen bei befreundeten Volkshochschulen. Meine Mitarbeiterinnen Yvonne Mücke und Sonja Luger sind gut vernetzt und haben oft Tipps für Kontakte.
Nach welchen Kriterien wird die Befähigung der Kursleiter beurteilt?
Ruppert: Alle, die mit Kindern arbeiten, müssen ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Wer zum Beispiel Yogakurse anbieten will, muss ein ausgebildeter Yogalehrer sein. Er muss Zertifikate nachweisen oder schon lange in dem Bereich tätig sein. Dann schauen wir nach Referenzen. Hat er zum Beispiel schon an anderen Volkshochschulen Kurse angeboten? Und ich verschaffe mir in einem persönlichen Gespräch einen Eindruck.
Wie viele Kurse pro Semester sind neu?
Ruppert: Rund 15 bis 20 Prozent unseres Angebots sind neu. Vor allem im Gesellschaftsbereich gibt es immer wieder neue Themen.
Es melden sich aber nicht überall genügend Teilnehmer an.
Ruppert: Ja, von den 300 Veranstaltungen pro Semester fallen rund 50 aus.
Gibt es exotische Kurse, von denen man von vorneherein ahnt, dass sie vielleicht nicht zustand kommen?
Ruppert: Vergleichsweise viele Angebote im Bereich "Berufe" fallen aus, zum Beispiel "Ab morgen sag ich auch mal Nein" oder "Die Stärken der stillen Menschen", aber auch ein Computerschreibkurs. Weitere Beispiele für ausgefallene Angebote sind ein Entspannungskurs für Kinder, Gedächtnistraining für Ältere, Selbstverteidigung für Frauen, Orientalischer Tanz, Entspannen mit Klangschalen, ein Duftworkshop, Ausdrucksmalen für Erwachsene oder der Arabisch-Crashkurs. "In Beziehung sein", "Resilienz" – das sind so Themen, die laufen in Karlstadt nicht so gut. Unter den hier aufgezählten Kursen waren nun eigentlich keine ganz exotischen dabei.
Ich kann mir vorstellen: Für die Kursleiter und die wenigen Interessierten ist es immer schade, wenn ein Kurs ausfällt.
Ruppert: Ja, manchmal aber lassen wir einen Kurs auch dann stattfinden, wenn er sich für uns nicht trägt. Er hat aber vielleicht Potenzial für die Zukunft. Manche Kurse brauchen einfach eine Anlaufphase. Und manchmal wollen wir den Leuten, die sich für das Thema interessieren, eine Chance geben. Wir sind dafür da, viele Zielgruppen anzusprechen – auch mit Nischenthemen. Und wenn wir das Thema sinnvoll finden, etwa "Nachhaltige Geldanlage", das sich in den Köpfen der Leute durchsetzen soll, dann lassen wir das auch mal mit fünf Teilnehmern stattfinden. Leider ist unsere Studienreise ausgefallen, die nach Vietnam, Laos und Kambodscha führen sollte.
Es gibt andererseits aber auch Dauerbrenner.
Ruppert: Ja, in 40 Prozent unserer Kurse gibt es Weitermeldelisten. Da melden sich die Teilnehmer in der letzten Kursstunde gleich für die Fortsetzung an. Das ist auch gut für die Sicherheit und Planung der Kursleiter. Ganz stark verbreitet ist das in unseren Gesundheitskursen. Von den 300 Kursen pro Semester liegt etwa ein Drittel im Bereich "Gesundheit", gefolgt von "Politik und Gesellschaft" mit 50 bis 60 Veranstaltungen und "Kultur" mit jeweils 37 pro Semester. Die Sprachen habe ich hier mal ausgeklammert, weil dazu auch die Integrationskurse gehören.
Gibt es Grenzen, bei denen man sagt: Das gehört eigentlich nicht in ein Vhs-Programm?
Ruppert: Wir klammern alles aus, was in Richtung Esoterik geht. Auch was in Richtung politische Propaganda geht, passt nicht hierher. Ebenso soll ein Dozent bei Verbrauchervorträgen nicht für sein eigenes Produkt werben, zum Beispiel bei Finanzen und Anlageberatung. Neue Kursleiter müssen eine Neutralitätserklärung unterschreiben. Wir sehen uns als Institution, die den Auftrag hat, allgemein zu bilden – und das zu einem niederschwelligen Preis, also sozialverträglich und mit guter Qualität.
Vor 40 Jahren konnte die Vhs noch mit einem Ehrenamtler und einer Sekretärin gemanagt werden.
Ruppert: Damals hatte der Vhs-Haushalt ein Volumen von 143 500 DM, heute sind wir ungefähr beim Achtfachen. Verwaltungstechnisch ist wesentlich mehr zu erledigen – Daten sammeln, Statistiken erstellen, Herzgruppen abrechnen, alles dokumentieren . . . Alleine die Integrationskurse fordern mehr als eine Stelle, weil es starke Vorgaben gibt vom Bamf, sind aber gesamtgesellschaftlich sehr sinnvoll. Es geht darum, Menschen hier aufzufangen und zu integrieren, ihnen eine gute Basis zu geben. Wir vermitteln nicht nur die Sprache, sondern geben auch Unterstützung, beispielsweise beim Jobcenter.
Wie sieht die Zukunft der Vhs aus?
Ruppert: Wir bedienen schon jetzt Außenstellen in Zellingen, Retzbach, Retzstadt und Eußenheim-Bühler mit. Wir wollen künftig diese Außenstellen noch mehr stärken mit Kursen in Gesundheit, Computer und eventuell Sprachen. Außerdem möchten wir Unternehmen stärker für unsere Angebote in den Bereichen Gesundheit, IT, Sprachen und Persönlichkeitsentwicklung interessieren.