Darf ich auf der Fränkischen Saale mit dem Kanu fahren? Und wie sieht's auf der Pegnitz aus? Welche Wehre kann man befahren und um welche muss man das Boot herumtragen? Antworten auf Fragen wie diese gibt der neue Kanuwanderführer für Bayern. Der pensionierte Vermessungsingenieur Otto Schneider (65) aus dem Lohrer Stadtteil Sendelbach war maßgeblich an der Erstellung der Inhalte der gut 650 Seiten starken Kanufahrerbibel beteiligt.
Wie die Jungfrau zum Kinde
Zu dieser Aufgabe sei er gekommen „wie die Jungfrau zum Kind“, lacht Schneider und erläutert, dass ein Kanuwanderführer alle paar Jahre aktualisiert werden müsse. Bei der 2005 erschienenen 10. Auflage habe diese Arbeit Gerd Burghart übernommen. Aus gesundheitlichen Gründen habe dieser für die 11. Auflage nicht mehr zur Verfügung gestanden.
Bei der Mainstaffel, die in den Jahren 2005 und 2006 in verschiedenen Etappen gefahren wurde, kam Isa Winter-Brand, die damalige unterfränkische Wanderwartin und heutige Vizepräsidentin des Bayerischen Kanuverbandes, auf Schneider zu und fragte ihn, ob er bereit wäre, an der Erstellung der 11. Auflage „etwas mitzuhelfen“. Schneider sagte nicht nein und Ende 2007 ernannte ihn der damalige bayerische Kanuverbandspräsident Willi Rogler kurzerhand zum Kanu-Wanderführer-Referenten. Zunächst einmal traf und besprach sich Schneider mit seinem Vorgänger Burghart, dann ging die Arbeit richtig los. Aus „etwas mithelfen“ wurden für ihn am Ende „weit über 5000 Arbeitsstunden“. An manchen Tagen sei er 14 Stunden am Computer gesessen. Schneider nimmt's mit Humor. Er habe die Arbeit gerne gemacht – „da denkst du nicht über sonstige Wehwehchen nach“. Im Kanuwanderführer für Bayern werden rund 300 Flüsse unter die Lupe genommen. Nach einer allgemeinen Beschreibung geht es dann schnell ins Detail. Der Paddler erfährt alles, was für ihn relevant ist: wo sich Gefahrenstellen befinden, wo ein Wehr installiert ist, wo sich Naturschutzgebiete befinden, wo er Pegelstände abfragen kann.
Ferner ist dem Kanuwanderführer zu entnehmen, welche Flüsse aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ganzjährig oder zu bestimmten Zeiten nicht befahren werden dürfen. Das sind rund 30 in Bayern. Darüber hinaus empfiehlt der Kanuverband für rund 20 Flüsse, diese nicht zu befahren, weil der Mindestpegel nicht erreicht werde und damit die Zerstörung des Flussbodens und Vernichtung von Laich drohe.
Umweltgerechtes Fahren sei „der große Grundgedanke“ des Kanuverbandes, betont Schneider. Ziel müsse sein, das „Sportgerät Wasser“ so zu pflegen, dass auch die nachfolgenden Generationen es noch nutzen könnten.
Schneiders wichtigste Hilfsmittel bei seiner Arbeit waren die amtlichen topografischen Karten und Luftbilder Bayerns sowie ein GPS-Gerät. Damit habe er die Kilometrierung der meisten Flüsse überprüft; zu Veränderungen könne es beispielsweise durch Flussbettverlegungen kommen. Dass er dabei „so penibel“ vorgegangen sei, liege wohl an seinem früheren Beruf als Vermessungsingenieur, meinte der Pensionist, der in den vergangenen Jahren einen ehrenamtlichen Vollzeitjob hatte.
Noch kein Nachfolger gefunden
Nun will er aber kürzertreten; den Posten des Kanu-Wanderführer-Referenten hat er nach vollbrachter Tat aus gesundheitlichen Gründen abgelegt; ein Nachfolger ist aber noch nicht gefunden. Anfang Juni bekam Schneider vom bayerischen Kanuverbandspräsidenten Oliver Bungers für „hervorragende Verdienste um den Kanusport“ den Ehrenbrief des Verbandes verliehen.
Erste Erfahrungen mit dem Kanufahren machte Schneider als Schüler auf der Donau. Wiederentdeckt hat er den Sport vor 20 Jahren, seitdem ist er auch Mitglied im Lohrer Kanuverein. Und was ist Schneiders Lieblingsfluss? Da will sich der kanubegeisterte Pensionist nicht so recht festlegen: der Main sei sein Hausfluss, ein „ganz herrlicher Fluss“ sei die Saale und die Weser sei „auch recht nett“, wobei ihm auch die Sächsische Saale sehr gefallen habe. . .