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DGB warnt: Auch mit Zentralklinik wird's nicht einfach
Bei der DGB-Maikundgebung auf dem Lohrer Marktplatz forderte Andrea Fehrmann von der IG Metall vor rund 150 Zuhörern einen Kurswechsel bei den Unternehmen in Sachen Tariftreue.  Foto: Wolfgang Dehm
| Bei der DGB-Maikundgebung auf dem Lohrer Marktplatz forderte Andrea Fehrmann von der IG Metall vor rund 150 Zuhörern einen Kurswechsel bei den Unternehmen in Sachen Tariftreue. Foto: Wolfgang Dehm
Wolfgang Dehm
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:54 Uhr

„Der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen muss ein Ende haben“, sagte Andrea Fehrmann bei der DGB-Maikundgebung am Sonntag vor rund 150 Leuten auf dem Lohrer Marktplatz. „Wir wollen Normalarbeitsverhältnisse wieder zum Regelfall machen.“

Fehrmann ist bei der IG Metall Bayern zuständig für den Bereich Industriepolitik sowie für die Betreuung des Gesamtbetriebsrats von Bosch Rexroth. Durch den gesetzlichen Mindestlohn sind ihren Worten nach bayernweit 130 000 neue Jobs entstanden, gleichzeitig sei die Zahl der Minijobs um knapp 12 000 gesunken.

Doch immer noch laute das Motto vieler Arbeitgeber: „Arbeit muss so billig wie möglich zu haben sein und das rund um die Uhr.“ Wer so rede, sagte Fehrmann, handele nicht nur gegen die Gesundheit der Beschäftigten, er zerstöre auch das Sozialsystem.

Aktuell habe nicht einmal die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland einen tarifvertraglich geregelten Arbeitsplatz, weil immer mehr Unternehmen aus den Arbeitgeberverbänden austräten, kritisierte die Gewerkschafterin. Hier müsse der Gesetzgeber eingreifen. Mit Blick auf die Renten forderte sie einen Kurswechsel im System hin zu einer Erwerbstätigenversicherung.

Der Landkreis Main-Spessart mit seinem wichtigsten Wirtschaftsstandort Lohr habe gute wirtschaftliche Perspektiven, sagte Fehrmann. Bei Rexroth müsse „zeitnah“ geklärt werden, welches Geschäftsmodell bei der Gießereiumstrukturierung umgesetzt werden solle. Außerdem wolle die IG Metall viel mehr darüber wissen, was bei Rexroth in Lohr Lohr in Sachen Industrie 4.0 „in der Pipeline ist“. Stefan Kimmel, der frühere stellvertretende Personalratsvorsitzende des Klinikums Main-Spessart und jetzige Verdi-Gewerkschaftssekretär für die Bereiche Gesundheit, soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen im Bezirk Würzburg/Aschaffenburg, beschrieb das deutsche Gesundheits- und Sozialwesen in düsteren Farben.

Dunkle Wolken im Sozialwesen

Outsourcing, die Bildung von steuerrechtlich höchst fragwürdigen Servicegesellschaften und Privatisierung hätten auf der einen Seite zu gesellschaftlicher und echter wirtschaftlicher Armut der Beschäftigten geführt. Auf der anderen Seite diene das Gesundheitssystem trotz immer höherer Ausgaben immer weniger den Menschen und immer mehr den Profiten einiger. Laut Kimmel werden Untersuchungen zufolge bis zum Jahr 2030 in Deutschland 500 000 Pflegekräfte fehlen. Vor diesem Hintergrund sagte er, die öffentliche Hand müsse die Arbeitsbedingungen verbessern, um jungen Leuten einen Anreiz zu geben, einen sozialen Beruf zu erlernen. „Völlig unzureichend“ sei auch die Refinanzierung der Krankenhausleistungen seit Einführung des DRG-Abrechnungssystems vor zwölf Jahren. Von den 1980 Krankenhäusern in Deutschland schrieben mehr als 50 Prozent rote Zahlen.

Auch im Landkreis Main-Spessart habe „die Ökonomisierung im Gesundheits- und Sozialwesen, der Wettbewerb um die billigste Leistung, der Druck, mit Gesundheit Geld verdienen zu müssen, Spuren hinterlassen“. Nach Einschätzung von Kimmel wird es auch mit dem geplanten Zentralklinikum „nicht einfach werden, keine roten Zahlen zu erwirtschaften“, denn es sei mit seinen geplanten 270 Betten immer noch ein kleines Krankenhaus.

Seit Jahren klagen Betriebe über Fachkräftemangel. Madeleine Scheiner von der IG-Metall-Jugend wusste, woher dieser kommt: Es werde immer weniger ausgebildet. Kritik übte sie auch an „Schmalspurausbildungen“ innerhalb von zwei statt drei Jahren.

Die Schere zwischen Arm und Reich werde immer größer, die einst starke Idee eines geeinten Europas sei angesichts großer Herausforderungen durch Flüchtlinge „nur noch ein Torso“, meinte Lohrs Bürgermeister Mario Paul. „Wir brauchen ein Mehr an Solidarität“, sagte er, das Motto der Maikundgebungen aufgreifend.

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von den Schülerbands „Brillanto Kampfenten“ aus Lohr und „No Stairway“ aus Burgsinn.

 
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