Zum fünften Mal hätte Thomas Störlein als "Scheinheiliger Bruder Petrus" kommenden Samstag der lokalen Prominenz die Fastenpredigt beim satirischen Starkbierabend im Gemündener Hotel-Gasthof „Zum Koppen“ halten sollen. Aus dem Derblecken wird wegen des Coronavirus nichts. Aber wenn es klappt, soll er seine Predigt bei einem Maibock im Mai halten, erzählt er. "Dann stehe ich parat." Der 73-jährige gebürtige Retzbacher verrät so viel: "Es ist eine Gegenrede zur Weihnachtsrede vom Herrbach (Zweiter Bürgermeister, Anm. d. Red.)." Weihnachtsreden sind traditionell auf Harmonie bedacht. Fünf Lieder hat Störlein für seine Gegenrede eingeplant.
Zwei Monate lang hat er sich auf seinen Auftritt unter anderem durch den regelmäßigen Besuch der Stadtratssitzungen vorbereitet, bei denen er sein "Blöckle" dabei hat. Nicht immer ist das vergnügungssteuerpflichtig. Das Gemündener Derblecken hat über die Jahre immer mehr Gäste angezogen, Störlein spüre deshalb einen hohen Erwartungsdruck. Bei den Auftritten trägt er ein Apostelgewand, einen Rauschebart, einen Schlüssel um den Hals (das Symbol für Petrus) und kommt dann, wie es sich für Petrus geziemt, von oben, in dem Fall eine Treppe herunter. Die Rolle ermögliche es ihm, die Perspektive von oben einzunehmen und "ihr da unten" zu sagen. "Wenn ich da in der Bütt bin, spreche ich alle mit Du an." Als Petrus könne er etwa den Bürgermeister ja schlecht siezen.
Wie das Derblecken den Charakter des Abends verändert hat
Schon lange vor seiner ersten Fastenpredigt gab es beim Koppen ein Bockbierfest, bei dem die Dixieband spielte. "Das war ein vornehmer Ausgehabend", erzählt er. Bier sei dabei nicht so viel getrunken worden. Inzwischen sei das Publikum, das zu einem großen Teil aus Stadtratsmitgliedern besteht, lockerer geworden – und jetzt werde auch mehr Bier getrunken. Vergangenes Jahr gab es zum ersten Mal einen Bieranstich mit Starkbier der Augustiner-Brauerei aus München. Das hätte jetzt am Samstag wiederholt werden sollen.
Worum es in seiner Fastenpredigt geht? "Ich beschäftige mich nur mit Gemünne", sagt der ehemaligen Eisenbahner Störlein, der 1974 mit seiner Frau nach Gemünden gezogen ist. Hauptsächlich gehe es um die Stadtpolitik. Er hat auch mal das Thema Krankenhaus gebracht, aber der Käse sei gegessen und auch im Moment kein Thema in Gemünden. Um sich vorzubereiten, liest Störlein auch ausführlich Zeitung. Er predige nur über Dinge, die auch in der Zeitung gestanden hätten, also allen Gästen bekannt seien, sagt er.
Störlein war lange vorher auf dem Pfarreifasching aktiv
Seit den 90er Jahren hat er im Gemündener Pfarreifasching, der immer einen Tag nach Fastnacht in Franken stattfand, mitgewirkt. Jedes Dorf habe seinen Faschingsabend, aber in Gemünden habe so etwas gefehlt, sagt der 73-Jährige. Am Anfang dichtete er die Bibel in die Jetztzeit um, erzählt er. Später machte er zur Hälfte Pfarreithemen, zur Hälfte Stadtgeschehen. Er war auch mal "Spottreporter". Anfangs sei der Besucherandrang groß gewesen. Aber über die Jahre habe der Besuch nachgelassen.
Irgendwann hätten sich Albin Schäfer und Miro Blaic darüber unterhalten, dass man so etwas wie die Fastenpredigt in Gambach mit Werner Hofmann als Bruder Barnabas doch auch in Gemünden bräuchte. Sie seien auf ihn und den Main-Post-Redakteur Michael Fillies als Fastenprediger gekommen. Aber Fillies habe nicht gezogen, sondern ihn "einbestellt" und gesagt, er solle das bitte machen. "Ich bin eingestiegen, weil ich gesagt habe, das fehlt in Gemünden."
Die erste Fastenpredigt entsprang noch dem Pfarreifasching
Er hatte seine erste Rede zuerst auf dem damals letztmalig stattfindenden Pfarreifasching gehalten. Den Teil mit der Stadtpolitik könnte er ja etwas aktualisieren, dachte er sich, und so hielt er vier Wochen später seine erste Fastenpredigt. Er habe aber nicht einfach die Figur des Bruder Barnabas vom Derblecken am Nockherberg und aus Gambach nachmachen wollen. Im Hinblick auf die Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul und weil Petrus der Patron der Fischer ist, was ja für Gemünden passt, suchte er sich die Figur des Petrus aus.
Er selbst sitzt vor seiner Predigt als normaler Gast drin. Dann geht er, zieht sich um und erscheint als Petrus von oben. Bier trinkt er erst hinterher. Er sei eigentlich Wein-, kein Biertrinker. Bei der Rede müsse er sich konzentrieren, außerdem verklebe Bier die Zunge, findet er. Im Pfarreifasching wurde Störlein bei seinen Liedern vom Chorleiter am Piano begleitet, später dann von Albin Schäfer. Dieses Jahr hat er seine Liedlich mit Friedrich Dornauer am Keyboard geprobt. Jetzt ist er guter Dinge, dass er seine Fastenpredigt im Mai wird nachholen können.