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Der Teufelsgeiger des JSG
Erstaunlich fortgeschrittener Nachwuchsgeiger: Richard Lehmann aus Thüngersheim besucht das Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt.
Foto: Haase | Erstaunlich fortgeschrittener Nachwuchsgeiger: Richard Lehmann aus Thüngersheim besucht das Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt.
Von unserem Redaktionsmitglied Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:20 Uhr

Karlstadt/Thüngersheim Als vor kurzem Bibliotheken aus ganz Bayern bei einem Festakt im Karlstadter Johann-Schöner-Gymnasium (JSG) ausgezeichnet wurden, spielte der 13-jährige Richard Lehmann aus der Klasse 7e auf der Geige gekonnt den Csardas von Monti, begleitet von seinem Vater Andreas Lehmann am Klavier. Die Familie wohnt in Thüngersheim. Andreas Lehmann ist an der Musikhochschule Würzburg Professor für Musikwissenschaft und Musikpsychologie.

Frage: Richard, du hast mit deinem Können für großes Erstaunen bei den Zuhörern gesorgt und viel Beifall bekommen. Bei dem Festakt wurdest du als Teufelsgeiger und David Garrett des JSG angekündigt. Wie fandest du das?

Richard Lehmann: Es hatte mich überrascht. Ich fand es im ersten Moment ein bisschen peinlich, aber gestört hat es mich nicht. Ich habe den Csardas schon beim Hausmusikabend am JSG gespielt und zusammen mit meinem Freund Dominik aus der 8. Klasse ein Stück von Wieniawski. Da gab es auch viel Applaus.

Warum bist du so gut auf der Geige? Ist das Talent oder erarbeitet?

Richard Lehmann: Ich habe mit vier Jahren begonnen bei meinem Lehrer Michael Szykulski. Er unterrichtet in der Frühförderung an der Musikhochschule Würzburg. Er ist konsequent, aber auch nett. Er macht nicht nur sein Ding und ist dann weg. Wenn er zum Beispiel sieht, dass ich Probleme habe, dann spielt er oft selbst mit.

Andreas Lehmann: Es ist manchmal die Rede von „Wunderkindern“. Aber das ist nicht primär anlagebedingt. Die musikalische Fertigkeit kommt vor allem vom Üben. Damit sich ein Kind musikalisch optimal entfalten kann, muss das Umfeld stimmen. Das beginnt damit, dass Richard zweimal pro Woche nach Würzburg gefahren wird und dort jeweils eine Dreiviertelstunde Unterricht hat. Und es zeigt sich, dass die meisten dieser „Wunderkinder“ aus Familien mit einer bestimmten Arbeitsethik kommen. Dort werden die Kinder zum Üben angehalten. Wenn in den Familien dann schon Instrumente gespielt werden, sieht das Kind auch, wie man übt.

„Arbeitsethik“ – das klingt ja heftig, wenn man bedenkt, dass einer mit vier Jahren zu spielen beginnt. Richard, ist das Musizieren für Dich Arbeit, musst Du Dich zwingen oder gezwungen werden?

Richard Lehmann: Ich bin generell nicht so der Arbeitsfreak. Manchmal müssen mich meine Eltern erinnern. Es hat auch schon Streit gegeben, weil ich geglaubt hatte, etwas Besseres zu machen – mit Freunden oder am PC spielen. Manchmal muss ich mich auch selbst aufraffen. Aber dann macht's Spaß.

Wie viel übst Du eigentlich?

Richard Lehmann: Ich übe täglich eine Dreiviertelstunde, aber über den Tag verteilt. Oft spiele ich mich nach der Schule eine Viertelstunde ein. Dazu gehören Etüden, Lagenübungen und Doppelgriffe. Oder ich spiele ein altes Stück, das ich schon länger kann, oder einen Jig oder Reel aus einem Fiddle-Heftchen. Und abends übe ich dann noch eine halbe Stunde.

Du sagst, Du hast einen sehr guten Lehrer. Was zeichnet eigentlich einen guten Lehrer aus?

Richard Lehmann: Herr Szykulski hat schon viele Schüler unterrichtet und hat sein festes Programm, das er mit ihnen macht. Unter dem, was er vorschlägt, kann man aber wählen, was einem am besten gefällt. Manchmal besteht er dann wieder auf einem Stück, obwohl ich lieber etwas anderes spielen würde. Ich spiele nämlich lieber schnell. Er gibt mir dann aber ein langsames Stück, bei dem es darauf ankommt, dass man den Ton mit Vibrato gestaltet. Die meisten denken, langsame Stücke seien leichter. Das stimmt aber nicht. Da muss jeder Ton genau stimmen. Man muss darauf achten, dass der Bogen ausreicht. Da muss man richtig an der Technik arbeiten. Wenn man schnell spielt, merken die Zuhörer oft gar nicht, wenn mal eine Stelle unsauber war.

Bis zu welchem Alter kann man auf der Geige beginnen und trotzdem noch gut werden?

Andreas Lehmann: Manche fangen erst mit zehn an, aber früher ist sicher besser, vor allem bei der Geige. Es geht darum, die Koordination und das Gehör zu trainieren. In jungen Jahren ist die sogenannte Neuroplastizität noch voll da, später nimmt sie immer mehr ab. Ab dem Eintritt in die Pubertät wird es schwierig.

Richard, was sagen Deine Freunde zu Deinem Hobby?

Richard Lehmann: Ich glaube, die mögen es.

Andreas Lehmann: Ich glaube, es ist wichtig, dass er in seinem Alter nicht mehr „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ spielt. Das wäre uncool. Auch deshalb ist es geschickt, bald anzufangen. Es geben erfahrungsgemäß die auf, die nicht üben, weil sie im Vergleich zu den Mitschülern nicht so gut sind. Die am meisten üben, die bleiben auch dran.

Willst du die Musik einmal zu Deinem Beruf machen oder hast Du andere Ziele?

Richard Lehmann: Ich interessiere mich für Biologie und befasse mich gerne mit Tieren, zum Beispiel unserem Hund. Aber ich gehe auch angeln. Musikalisch ist es mein Ziel, die „Vier Jahreszeiten“ zu spielen. Ich würde auch gerne einmal Straßenmusik machen.

Interessiert dich auch Musik, die nichts mit der Geige zu tun hat?

Richard Lehmann: Ich höre zum Beispiel die Charts im Radio und finde manche Melodien richtig gut. Ich mag auch Electro, zum Beispiel Skrillex (ein DJ, Anm. d. Red.). Manchmal höre ich auch Klassik und mag da besonders Mendelssohn oder Vivaldi.

ONLINE-TIPP

Ein Kurzvideo von Richard Lehmanns Violinspiel unter www.mainpost.de/ regional/main-spessart/karlstadt

 
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