Die große Leidenschaft für die Musik ist einer der Mittelpunkte im Leben von Reinhold Meurer aus Retzstadt. Der 71-Jährige ist seit fast 30 Jahren Organist der Hofkirche in der Würzburger Residenz, aber auch an zahlreichen Manualen in der ganzen Region daheim. Darüber hinaus ist er Begründer und Leiter des bekannten, 1970 gegründeten Chors „Capella Herbipolensis“, Komponist und Musikforscher.
Meurers anderer Schwerpunkt aber liegt im ehrenamtlichen Einsatz für die nähere und weitere Heimat: Er gilt in Retzstadt als der „Vater der Wege“, der die neun Themenwege des Dorfes mitinitiierte und sie teilweise auch heute noch betreut. Bei der Jugendarbeit im Heimatort, im Weinbauverein und als Webmaster der ersten Stunde hat er sich hier einen Namen gemacht. Überörtlich ist er Vorsitzender des Vereins „Wein, Gesundheit und Tourismus im Main- Retztal“, Vorstandsmitglied im Verein „Zweiuferland Tourismus“ und verantwortlich für die Idee und Durchführung des 50-Kilometer langen Panorama-Wanderwegs „Auf der Höh?“.
In seinem „wirklichen Leben“ war der Tausendsassa bis zu seiner Pensionierung 2012 Volksschullehrer und zeitweise stellvertretender Leiter der Mittelschule Zellingen. Der verheiratete Vater von drei Kindern und Opa von bislang drei Enkeln lebt seit 1979 in Retzstadt. Für die Verdienste um die Kirchenmusik und die ehrenamtliche Tätigkeit in der Region wurde ihm bereits das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Wie aber kommt ein solch rast- und ruheloser Geselle zur eher meditativen Orgelmusik? Schuld daran war wohl auch die Fußballleidenschaft des elfjährigen Pennälers, der bei den Würzburger Benediktinern Choräle einstudierte und mitsang. Anfangs allerdings nur, weil er und seine Freunde dafür anschließend auf einem freien Platz des Klosters Fußball spielen durften. Doch so nebenbei steckte sich der Junge mit dem Virus der Kirchenmusik an. Eigentlich reichlich spät beginnt der Zwölfjährige mit dem Klavierunterricht und lernt dabei – gewissermaßen als Autodidakt – das Orgelspiel. Ein Jahr später wagt er sich an seine ersten Kompositionen.
Neben dem Unterricht am Humanistischen Gymnasium (heutiges Riemenschneider-Gymnasium) sang er in verschiedenen Chören, auch im Domchor. Noch vor dem Abitur war er dann mit 17 Jahren als „erlaubter Hörer“ bei Professor Hummel am Staatskonservatorium zugelassen. In dieser Zeit spielte er jeden Tag vor dem Unterricht die Orgel zum Morgenamt in der Augustiner-Kapelle. Über die Domchorgruppe und die von ihm 1970 gegründete „Capella Herbipolensis“ führte ihn der Weg in die Hofkirche der Residenz, wo er zunächst aushilfsweise, seit 1989 aber als Hauptorganist bis heute tätig ist. Viele hundert Hochzeiten hat er in dieser Zeit musikalisch begleitet – manchmal waren es fünf bis sechs Trauungen an einem einzigen Samstag.
Wieso aber wird aus einem solch vielfältigen Talent mit dieser Passion großen für die Musik kein berühmter Star? Dazu hat Meurer zwei Antworten: „Einmal habe ich beim Klavierspielen mit zwölf Jahren definitiv zu spät angefangen, um Spitzenvirtuose zu werden“, sagt er. Zum andern aber sieht er seine Leidenschaft sehr breit aufgestellt. Er will spielen, improvisieren, komponieren und auch musiktheoretisch arbeiten können. Schließlich hat er in den Jahren seines musikalischen Schaffens zahlreiche Messen, Motetten, Serenaden und Chorsätze komponiert. Außerdem wollte er schon immer eine Familie: „Und das funktioniert selten, wenn man ständig auf Proben oder Konzertreisen ist.“
Der Retzstadter „Vater der Wege“ hat sich auch daheim einen Namen gemacht. Neun geführte Themenwege gibt es heute im Retztal, der vorerst letzte ist der „Energieweg“, der im Norden und Osten des Langenbergs an mehreren Stationen im Weinberg eine breite Palette zur Energie thematisiert: Von der Physik, über die Biologie, die Geografie bis hin zur Mystik reicht das Spektrum. Viele Jahre hat sich Meurer im heimischen Weinbauverein engagiert, er hat den „Gesundheitsgarten“ in Retzbach mitinitiiert, und sein „jüngstes Kind“ sind die Idee und die Durchführung des 50-Kilometer langen Panorama-Wanderwegs „Auf der Höh?“.
Sich zur Ruhe setzen ist für Reinhold Meurer augenblicklich noch keine Option. Solange er Ideen hat und die Kraft dazu, sie voranzutreiben, wird man wohl noch einiges von ihm zu hören bekommen. Seine Frau Gabi steht ihm übrigens kaum nach. Auch sie ist ehrenamtlich stark engagiert und wurde für ihren Einsatz für Flüchtlinge ebenfalls mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.