
Es ist ein schwerer Gang. Als Greta die Uniklinik in Würzburg betritt und vor dem Kreißsaal steht, holt sie tief Luft. Jetzt kommen schreckliche Erinnerungen hoch. Sie zögert kurz, dann legt sie eine Rose, einen handgeschriebenen Brief und mehrere Flyer der Organisation Roses Revolution vor dem Kreißsaal ab. Sie macht ein schnelles Foto und verschwindet wieder. „Für ein Gespräch mit einem Arzt habe ich noch nicht die Kraft“, sagt die 33-Jährige, die in der Uni-Klinik vor zweieinhalb Jahren ihre Tochter auf die Welt gebracht hat.
Die junge Frau folgt damit einem Appell von Roses Revolution. Frauen, die während ihrer Schwangerschaft, Geburt oder im Wochenbett Respektlosigkeit und Gewalt erlebt haben, sind dazu aufgerufen, symbolisch eine Rose vor die Einrichtung zu legen und über ihre Erfahrungen zu berichten. Dies hat Greta an diesem 25. November getan, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Nach Angaben von Roses Revolution folgen diesem Appell immer mehr Frauen, um auf ihr Schicksal hinzuweisen. „Das war für mich ein Befreiungsschlag“, sagt die junge Frau, die mit Namen nicht genannt werden will, in einem Gespräch im Anschluss an diese Aktion.
Für sie sei es ein Schritt zurück ins normale Leben gewesen. Denn die Umstände der Geburt ihrer Tochter vor zweieinhalb Jahren haben sie aus der Bahn geworfen. Dies sagt sie ganz offen und sie soll auch über das Erlebte sprechen. Dies habe ihre Trauma-Therapeutin geraten.
Seelische Verwundungen
Sie redet nicht von Schmerzen. Die habe sie während der Geburt nicht gehabt, denn sie sei mit Schmerzmitteln ruhig gestellt worden. Die kamen erst später, als die Narkose nachgelassen hat. Als umso schlimmer beschreibt sie ihre seelischen Verwundungen. Sie habe sich während der gesamten Geburt als Gegenstand gefühlt, klagt sie. „Ich wurde nicht einbezogen, mir wurde nichts erklärt, es wurde mit mir nur gemacht.“ Die Geburt habe sie daher „wie eine Art Vergewaltigung“ empfunden.
Dabei sei es eine tolle Schwangerschaft gewesen, und sie hatte zusammen mit dem Vater des Kindes beschlossen, in einem Geburtshaus in Würzburg zu entbinden. Doch das Kind ließ auf sich warten. Erst zehn Tage über dem errechneten Termin setzten die Wehen ein.
Zunächst verlief alles nach Plan in den ersten Stunden im Geburtshaus. Dann ein Geburtsstillstand. Die Hebamme empfahl, in eine Klinik zu gehen. Dort sei sie besser aufgehoben, wenn es andauernde Komplikationen gibt. „Die Hebammen müssen sich so absichern“, sagt Greta und kritisiert, dass die Geburt zunehmend von technisierten, ökonomischen und juristischen Zwängen geleitet werde. Dies ist auch die Hauptkritik von Roses Revolution. In der Uniklinik fühlte sich Greta nicht willkommen. Schon die Begrüßung sei unfreundlich gewesen, sagt sie. Wegen der Schmerzen habe sie einer Narkose zugestimmt. Diese habe sie mit spöttischen Bemerkungen bekommen, da sie ja zunächst in einem Geburtshaus entbinden wollte.
Die Wehen waren gekommen, setzten aber wieder aus. Ihre Lage habe sie als demütigend empfunden. Sie sei auf dem Rücken gelegen und habe aufgrund der Narkose jegliches Gefühl für ihren Körper verloren. Die Beine seien festgebunden gewesen und ihr Körper verkabelt. Ihr Blick war starr auf eine digitale Uhr an der Wand gerichtet. Noch Monate später sollte sie Schweißausbrüche bekommen, wenn sie eine solche sah. Genauso erging es ihr beim Klappern von medizinischem Besteck.
Mit der Angst alleine gelassen
So vergingen Stunden, bis die Hektik immer größer wurde. Sie registrierte, dass die Herztöne des Kindes schwächer wurden. Sie habe Angst um das Kind gehabt, aber mit ihrer Angst wurde sie alleine gelassen. „Gesprochen wurde nicht mit mir“, sagt sie. Hebamme und Arzt seien sich auch nicht über das weitere Vorgehen einig gewesen. Hektisch sei über einen Kaiserschnitt diskutiert worden.
Zum Einsatz sei dann die Saugglocke gekommen. Sie sei aufgefordert worden zu pressen, wenn eine Wehe kommt. Das wiederum habe sie nicht zur Zufriedenheit der Hebamme getan. Sie beschreibt die Atmosphäre im Kreißsaal als ein Schreien, Schimpfen und Brüllen. Schließlich habe sich die Hebamme auf ihren Bauch geschmissen. Beim ersten Mal ohne Erfolg, beim zweiten Mal sei erst der Kopf und dann das Kind auf die Welt gekommen.
Dann war Stille – und auch diese war bedrohlich. Ihr Kind habe sie nicht gesehen und nicht gehört. Es wurde ihr sofort weggenommen. Erst quälend lange später habe sie im Nebenraum ein Kind schreien hören. Die Tochter lebt – das war dann eine Erleichterung. Doch ihr selbst ging es nicht gut. Durch die Geburt habe sie massive äußere Verletzungen davongetragen. „Ich drohte zu verbluten“, beschreibt sie die Situation. Die Ärzte haben ihr die Plazenta entrissen und versucht, die Blutungen zu stoppen, sagt sie. Sie habe eine Sauerstoffmaske ins Gesicht gedrückt bekommen, die für das Atmen im Liegen mit PDA falsch eingestellt war. Sie dachte, sie müsse ersticken.
Heute, gut zweieinhalb Jahre später, kann sie sagen, dass sich ihr Kind prima entwickelt hat. Alle Folgen konnten behoben werden. Das ist sehr wichtig für sie, sie selbst hatte allerdings mit den Folgen der Geburt schwer zu kämpfen – psychisch und körperlich. Es folgten zwei Operationen, zwei Jahre mit Schmerzen beim Sitzen und Überdehnungen, die bis heute medizinisch versorgt werden müssen.
Uniklinik hat Gespräch angeboten
Ein Arzt hatte ihr eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Sie habe eine schwere Zeit mit Wesensveränderungen, Minderbelastbarkeit und Heulkrämpfen durchgemacht. Gespräche mit der Oberärztin und der Hebamme haben ihr nicht geholfen. Es sei eine schwere Geburt gewesen, habe es geheißen.
Die Uniklinik hat den Erhalt von Gretas Brief am Roses Revolution Day bestätigt. Es sei ihr bereits geantwortet und ihr ein weiteres Gespräch angeboten worden, sagt Professor Dr. Achim Wöckel, Direktor der Würzburger Universitätsfrauenklinik. Mehr allerdings dürfe er zu ihrem Fall nicht sagen. Er sei an die Schweigepflicht gebunden.
Grundsätzlich könne er allerdings schon einige Ausführungen machen. So komme es immer wieder vor, dass Frauen die Geburt als traumatisch erleben – insbesondere wenn es zu ungeplanten Interventionen wie beispielsweise dem Einsatz einer Saugglocke oder einem Kaiserschnitt kommt. Traumatisch sei es auch für manche Mütter, wenn ihnen ihr Kind nach der Geburt sofort weggenommen wird. Doch Ärzte und Hebammen seien in manchen Situationen gezwungen, schnell zu handeln, damit das Kind aufgrund von einem möglichen Sauerstoffmangel keine bleibenden Schäden davonträgt.
Hebamme habe sich „auf den Bauch geschmissen“
Wöckel betont, dass bei allen Handlungen die Uniklinik „irrsinnigen Wert“ auf die Kommunikation mit der Mutter lege. Dies klappe am besten von Frau zu Frau und es sei daher die Aufgabe der Hebamme, die die Geburt begleitet. Sollte schnelles Handeln erforderlich sein, so werde der Mutter in jedem Fall im Nachhinein erklärt, warum der Arzt oder die Hebamme aus Sicht der Klinik so handeln mussten.
Greta hatte beklagt, dass sich bei ihr eine Hebamme auf den Bauch geschmissen habe. In der Fachsprache spricht man vom Kristeller-Handgriff, der aber in der Regel mit der Hand ausgeübt wird. Für Wöckel ist der Kristeller-Handgriff ein erlaubtes Mittel, um eine stockende Geburt zu unterstützen. Dazu werde zeitgleich mit einer Wehe Druck über den Bauch auf den Säugling ausgeübt, so dass sich dieser seinen Weg durch den Geburtskanal bahnt. Eine Geburt sei eine hochstrapaziöse Angelegenheit für Mutter und Kind, betont Wöckel. In der Erwartungshaltung sei sie positiv besetzt. Die Frauen, die dann eine schwere Geburt hinter sich haben, würden sich fragen, was bei ihnen falsch gelaufen ist, warum sie nicht die Norm erfüllen.
Sie fallen nicht selten in eine Depression. Bei bis zu 15 Prozent der Frauen sei dies der Fall. Aber auch hier würde die Uniklinik Hilfe in Form von Sprechstunden mit einem Psychologen anbieten.
Greta bleibt bei ihren Vorwürfen. Ihre Depression sei die Folge einer falschen Behandlung. Sie bestätigt, dass die Klinik ihr in einem Brief ein weiteres Gespräch angeboten hat. Es werde aber noch etwas dauern, sagt sie, bis sie sich dem erneut stellen kann.
Einen Verein mit dem Dogma und der Parole „Gegen Gewalt in der Geburtshilfe“ (!) ins Leben zu rufen und diesen öffentlich zu bewerben - wie kommt man auf solche Ideen!?
Dass die Mutter eine Posttraumatische Belastungsstörung hat, wie der Artikel darlegt, ist offenkundig. Diese gilt es jedoch zu behandeln, indem man die Ressourcen und Kompetenzen der Mutter stärkt und NICHT, indem man sie in ihrem Abwehrverhalten und ihren Projektionen gegen die Geburtshelfer bestärkt.
Wie fühlt sich eigentlich das Klinik-Personal, wenn es derarte anprangernde Schuldzuweisungen und "Symbol-Rosen" vor die Tür gelegt bekommt. Wie wirkt sich das auf das zukünftige Motivation aus....?
Aber auch für Ehrlichkeit ohne ideologische Verklärung!
Eine Saugglockenentbindung zählt nicht zu den schönsten Geburtserlebnissen, dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Aber ich bin mir sicher, dass keinem vom Personal im Kreißsaal daran gelegen ist, eine entbindende Frau zu demütigen oder ihr vermeidbare Schmerzen zuzufügen.
Anm. an den Redakteur: Entbunden wird mit Saugglocke, nicht SAUGLOCKE
vielen Dank für den Hinweis. Wir haben den Fehler ausgebessert.
Freundliche Grüße
Denise Schiwon
Digitalredaktion
In Kinderkliniken im Umkreis von 30 Kilometer. Was sage ich nicht. Von solchen Details veschont man die Leserschaft. Nur das eine, wir hatten es immer verdammt eilig, und mussten doch immer auf Sicherheit fahren. Tag oder Nacht, Sommer wie Winter. Und wir liesen verzweifelte Eltern zurück. Aber diese Eltern waren dennoch irgendwie froh, dass es noch Hoffungen gab. Damals gab es fast noch keine weiblichen Rettungssanitäter und Notarztfahrerinnen. Heute schon. Auch das ist ein Segen für Mütter rund um die Geburt. Solche Einsätze gingen uns näher als wenn ältere Menschen beteiligt waren. Ist einfach so. Ist das schlimm? Gar ein neues Thema?
vielen Dank für den Hinweis. Wir hatten das Foto als Symbolfoto genommen. Aber natürlich haben Sie recht, dass das verwirrend ist. Deshalb habe ich das Foto ausgetauscht.
Freundliche Grüße
Denise Schiwon
Digitalredaktion
Kind und Mutter geht es gut.
Dass bei Notfällen oder schwierigen Geburten nicht unbedingt alles optimal laufen mag,sei dahin gestellt.
Die Berichterstattung empfinde ich als aussenstehende Betrachterin als übertrieben.Wem hilft das-jetzt noch?
So kam mein Kind halt mit Hilfe des Vaters zur Welt.
Nicht alles mag immer optimalst patientenorientiert laufen in einem Grossklinikum wie der Uniklinik.Aber bei Komplikationen oder wirklich schwierigen,lebensbedrohlichen Zuständen ist man dort sehr gut aufgehoben.
Mutter und Kind geht es gut ! Das vor allem zählt doch,das Ergebnis.
Anstelle dies in der Presse breitzutreten,ist sicherlich im weiteren eine begleitende psychotherapeutische Aufarbeitung für Greta sehr hilfreich.
Dem Baby und der Mutter weiterhin alles Gute.
Die subjektive Erlebnissicht der Betroffenen unverblümt aber ohne die bei der Mainpost übliche manipulative und suggestive Parteinahme für "Opfer".
Das beifallheischende Schüren künstlicher Empörung wird endlich einmal weggelassen, was die Belastungen für die Mutter spürbar und authentisch macht, ebenso den zugrundeliegenden Konflikt.
Im Ergebnis muss man endlich für ausreichend Personal und finanzielle Mittel bei der Geburtshilfe sorgen anstatt Vereine mit eigenen Interessen eine Plattform zu bieten, die Ängste schüren und kataloghafte Schuldzuweisungen propagieren.
Drei Monate nach Geburt dieses in Heiratsabsicht geborenen Wunschkindes hat die Mutter die Trennung erzwungen. Seit 14 Jahren wird der Kontakt zu meinem Kind zerstört, weil die Mutter sich aggressiv als "Opfer" darstellt, von feministischen Netzwerken und inkompetenten Behörden gestützt und ermutigt. Meine Vaterschaft wurde wie viele andere nach einseitiger Trennung seitens Müttern, zerstört, mein Kind entfremdet.
Die "Opferrolle" scheint für Frauen als Lebensinhalt, als Mittel für Aufmerksamkeit und Schuldzuweisung aller Befindkichkeiten nach außen bestens zu funktionieren.
Üblicherweise trifft das die Männer, die Partner, die Väter der Kinder.
Dass nun "Traumatherapeuten" mittels Verein Mütter dazu motivieren, auf die Geburtshilfe loszugehen, passt insoweit. Erbärmlich!
in Ihrem Fall finde ich es traurig...Was Sie schildern,auch wenn das mit dem Bericht hier wenig zu tun hat.
Sie bleiben der Vater Ihres nun mehr 14Jahre alten Kindes.
NIe werde ich Frauen verstehen die Männer nur mehr zur Zeugung "benötigen",dann rasch aus dem Leben "entsorgen".
Es mag vielschichtige Trennungsgründe geben.
Mein Respekt gilt anderen Geschlechtsgenossinnen,die es nach einiger Zeit;Jahren von verarbeiteter Wut und Enttäuschung hinsichtlich Trennung oder Scheidung dennoch hinbekommen,DEM KIND ZULIEBE zum Kindsvater zumindest einen -regelmässigen Kontakt ermöglichen,diesen fördern,ohne über den Expartner herzuziehen (gegenüber dem Kind).
Verlierer ist vor allem das Kind,manche Frauen vergessen das,zu zentriert darauf,dem Expartner eine meinen reinwürgen zu müssen-dauerhaft,wozu? Bringt alles nix.
Wenn sie das so erlebt hat, ist es eben ihre Geschichte.Zum großen Glück war mit der fachkundigen Hilfe des medizinischen Personals dann mit der kleinen Tochter alles in Ordnung.---
Ich habe 3 Mal in der Uniklinik entbunden,2 normale Geburten und eine Risikogeburt,eine PDA-Geburt, eine mit Pudentusblock und eine ohne Betäubung.Und,meine Herren, ich kann ihnen versichern, dass man auch bei einer PDA-Geburt alles vom Geburtsverlauf klar mitbekommt, man muss ja schließlich mitarbeiten!!!-Vielleicht sollten sie mal selbst bei einer Geburt dabei sein-manche Männer halten das auch nicht aus!---Mein Mann war 3 Mal dabei.-----
Insgesamt kann ich sagen,dass ich kompetent behandelt wurde.Ich habe inzwischen 3 erwachsene , gesunde Kinder, Schwiegerkinder, 9 Enkel.- Die 2. Geburt war gleichzeitig mit 7 weiteren
A. Maria Roth