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LOHR
Der oberste Geburtshelfer
Von unserem Redaktionsmitglied Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 21.06.2012 12:01 Uhr

„Es waren etwa 10 000“, sagt Dr. Winfried Dornhöfer auf die Frage, wie viele neue Erdenbürger er auf ihrem Weg in die Welt begleitet hat. Mehr werden es nicht mehr werden, denn der 68-jährige Gynäkologe hat seine Praxis an Dr. Theoklitos Konstantinidis übergeben. Darüber ist er froh, aber auch ein bisschen wehmütig. „Ich habe meine Arbeit immer sehr gerne gemacht“, meint er.

Im Büro seiner Praxis liegen viele Geschenke, die er zu seinem Abschied bekommen hat. Noch hat Dornhöfer keine Zeit gehabt, alle auszupacken, obwohl seine Praxis zurzeit geschlossen ist. Zum 1. Juli will der 35-jährige Konstantinidis sie wieder öffnen. Er ist Grieche, hat aber in Deutschland studiert.

Es sei nicht einfach gewesen, einen geeigneten Nachfolger zu finden, sagt Dornhöfer. Seit fünf Jahren habe er gesucht und erst jetzt jemanden gefunden, mit dem er einig wurde. Die Gründe dafür sieht er darin, dass viele Ärzte das Risiko scheuen, freiberuflich tätig zu sein. Vor allem Frauen würden eine Anstellung – oft in Teilzeit – bevorzugen. Zudem sei der Standort entscheidend. Viele Ärzte würden eine Praxis in einer Großstadt suchen.

Dornhöfer jedenfalls hat seine Entscheidung für Lohr nie bereut. In Mannheim ist er aufgewachsen, seit 36 Jahren ist er hier. „Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt“, sagt er. Daher falle der Abschied von seinem Berufsleben schwer – der Abschied von seinen Patienten und auch von seinen Mitarbeitern, mit denen er teilweise 30 Jahre zusammengearbeitet hat.

Als Gynäkologe ist er für alle Frauenleiden zuständig, die größte Freude habe er aber immer gehabt, wenn er ein Kind auf die Welt begleitet. Bis zur Aufgabe der Geburtshilfe in Lohr zum 1. Juli 2004 hat er dies als Belegarzt im Lohrer Krankenhaus getan, im Anschluss in Karlstadt.

Bei der Geburt gilt: Die Kinder kommen, wann sie wollen. In zwei Fällen hatten es die von ihm betreuten werdenden Mütter nicht mehr ins Krankenhaus geschafft, erinnert er sich. Ihre Kinder kamen in seiner Praxis zur Welt. „Ein Kind haben wir gerade noch auf dem Weg der Mutter zur Toilette aufgefangen“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Aber alles sei gut gegangen.

Besonders gefreut habe er sich, wenn ältere Eheleute, die nicht mehr mit einer Schwangerschaft gerechnet hätten, noch Eltern geworden sind. Aber es gab auch traurige Erlebnisse. Schlimm ist es, wenn ein Kind tot auf die Welt gekommen ist. Dies sei aber Gott sei dank nur sehr selten vorgekommen.

Ein Gynäkologe wird von vielen als oberster Geburtshelfer wahrgenommen, sein Aufgabenbereich umfasst aber natürlich alle Frauenleiden von der Sterilisation bis zur Entfernung der Gebärmutter. Genaue Bilanz kann Dornhöfer über die Zahl seiner Operationen führen. Bis zuletzt war er als Operateur tätig und habe sich dabei immer sicher gefühlt, denn auf Fortbildung von sich und seinen Mitarbeitern habe er immer großen Wert gelegt.

Dass er jetzt in ein Loch fällt, glaubt er nicht. Er freut sich, mehr Zeit für seine Hobbys zu haben. Dazu gehören Tennisspielen beim TSV Rot-Weiß Lohr oder Radfahren mit seinem Hund entlang des Mains. Seine große Leidenschaft ist aber das Segeln. Seine Yacht liegt in einem Hafen an der slowenischen Küste. Mit der will er jetzt öfters in See stechen, als dies aufgrund seines knapp bemessenen Urlaubs vorher möglich war.

 
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