Das, was da am Sonntagabend in Marktheidenfeld passiert ist, kommt dem, was man als kommunalpolitischen Umbruch bezeichnen kann, sehr nahe. Der neue Stadtrat, der unter dem neuen Bürgermeister Thomas Stamm ab dem 1. Mai die Arbeit aufnehmen wird, hat zehn neue Gesichter und zwei neue Fraktionen zu den schon drei bestehenden. Damit haben die Marktheidenfelder Wähler beinahe ihren halben Stadtrat ausgetauscht. Etwas Vergleichbares gab es in keiner Stadt im Landkreis. Das hat entscheidende Auswirkung auf die Entscheidungsfindung im zukünftigen Stadtrat.
Ein kurzer Überblick: Die CSU brachte mit 31,64 Prozent der Stimmen die meisten Marktheidenfelder hinter sich. Das bringt acht Sitze im Stadtrat, einen weniger als 2014. Mit 22,49 Prozent sprang proMar aus dem Stand auf den zweiten Platz. Das bringt fünf Sitze. Ebenfalls fünf Sitze haben die Freien Wähler, die auf 19,96 Prozent der Stimmen kamen. Noch 2014 waren sie mit zehn Sitzen der Wahlgewinner. Die Grünen gründeten erst im Juli vergangenen Jahres den Marktheidenfelder Ortsverband neu. Mit 14,75 Prozent der Stimmen und vier Sitzen ziehen aber auch sie in den Stadtrat ein. Die SPD erreichte 9,75 Prozent und zwei Sitze. Die FDP schaffte es mit 1,42 Prozent nicht in den Stadtrat.
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CSU schafft es aus der Opposition
Der Sonntagabend war ein voller Erfolg für die CSU. Man wird (zumindest indirekt) den Bürgermeister stellen und wird zudem die größte Fraktion sein. Zwar verlor en die Christsozialen einen Sitz im Vergleich zu 2014, doch alle Stadträte, die noch einmal kandidierten, wurden auch wiedergewählt. "Es ist ein klarer Sieg auf ganzer Linie", bewertet Ortsvorsitzender Richard Oswald das Ergebnis, welches die konsequente Arbeit als Oppositionspartei bestätige. "Wir haben uns nicht verbiegen lassen", sagt er. Dass der Abstand dann doch so deutlich gewesen sei, habe auch ihn überrascht.
Als der Reporter anruft, sitzt neben Oswald der CSU-Fraktionsvorsitzende Christian Menig. Er hat mit beinahe 4800 unter allen Stadträten die meisten Stimmen bekommen. Es sei ein "riesengroßer Erfolg", sagt er. Aber: "Alleine werden wir mit Sicherheit nichts entscheiden. Wir freuen uns wirklich auf die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen."
Damit spricht Menig eine essenzielle Änderung in der Zusammensetzung des Stadtrats an. Durch die Sitzverteilung zwischen den bald fünf Fraktionen – acht, fünf, fünf, vier und zwei – muss der parteilose Thomas Stamm noch intensiver als seine Vorgängerin Helga Schmidt-Neder überparteiliche Mehrheiten herstellen. Nur zwei Fraktionen hinter sich zu versammeln, würde nur für eine knappe Stimmenmehrheit reichen. Die CSU – und drei Viertel der Marktheidenfelder – glaubt jedoch, mit Stamm den Richtigen dafür gefunden zu haben, den mit zehn Neulingen politisch recht unerfahrenen Stadtrat zu leiten.
Den Freien Wählern fällt die Kreispolitik auf die Füße
Die neue Konstellation werde spannend, sagt Burkhard Wagner. Er ist der Vorsitzende einer Freien Wähler-Fraktion, die von zehn auf fünf Sitze schrumpfen wird. "Das Ergebnis war ernüchternd, da brauchen wir gar nicht um den heißen Brei rumreden", sagt Wagner, der selbst aber weiter Mitglied im Stadtrat bleiben wird. Den Freien Wählern sei die Kreispolitik auf die Füße gefallen, was man an dem Ergebnis von proMar sehe.
ProMar – das ist die zur Liste gewordene Bürgerinitiative um Ludwig Keller. Der war bis vergangenes Jahr selbst noch Stadtrat bei den Freien Wählern. Wegen Unstimmigkeiten bei den Themen "Krankenhauserhalt" und "Mainkai-Parkplatz" trat er aus. Diese beiden Themen besetzt proMar nun. Dass man aus dem Stand fast sechs Sitze gewonnen habe, bewertet Keller als Ergebnis des jahrelangen Engagements der Bürgerinitiative. "Wir haben kleine Dinge erreicht und die Leute haben das wahrgenommen", sagt Keller. Mit dem Schritt in den Stadtrat wolle man jetzt den Einfluss erhöhen. Er ist davon überzeugt, dass die Wähler Erneuerung wollen. "Diesen Prozess wird der neue Stadtrat einleiten."
Grüne schaffen vier Sitze, die SPD zwei und die FDP verpasst den Einzug
Die Bürger hätten einen bunten Stadtrat gewollt, sagt Susanne Rinno, Ortsvorsitzende der Grünen. "Das Gremium wird ein Abbild aller Ideen in der Stadt sein. Jetzt geht es darum, ein buntes Bild zu malen." Man habe mit zwei bis vier Sitzen gerechnet, dass es nun diese vier geworden seien, freut Rinno umso mehr.
Hermann Menig ist Fraktionsvorsitzender und neben dem 2. Bürgermeister Martin Harth einer der zwei SPDler im künftigen Stadtrat. Das Ergebnis sei vorauszusehen gewesen. Man sei im Wahlkampf zu wenig gesehen worden, sagt er. Dazu kam der Bundestrend. "Man muss nur die letzten Haushaltsreden lesen, um zu sehen, was wir als kleinste Fraktion auf den Weg gebracht haben", sagt er und nennt die Einführung der Elektrobusse als Beispiel. Man habe die vergangenen Jahre für Marktheidenfeld gearbeitet, nicht für die Fraktion. Für den künftigen Stadtrat habe man das Feld gut bestellt.
Nicht gereicht für den Einzug in den Stadtrat hat es für die FDP. Werner Jannek, Platz 1, hat jedoch damit gerechnet. "Wenn du lange Jahre nicht da bist und es auch überregional gerade schwierig ist, dann brauchst du dir auch keine großen Hoffnungen machen." Er werde jedoch den Ortsverband weiter aufbauen. Generell werde man mehr Präsenz zeigen.
Zum Schluss noch einmal zurück zu Burkhard Wagner. Er hat eine klare Einordnung für das Wahlergebnis, die in jeder Berichterstattung eigentlich zu kurz kommt. Er sagt: "Bei Wahlen geht es nicht darum, welches Ergebnis wir Parteien gerne hätten. Es ist der Wählerwille, dass es so sein soll, wie es jetzt ist."
sehe ich ganz genauso! Ich glaube die FW wachen erst auf wenn der oder die erste von Ihnen aufgrund eines medizinischen Notfalls auf dem Weg nach Lohr, Wertheim oder Würzburg aufgrund der langen Anfahrt verstirbt, in Marktheidenfeld aber noch hätte gerettet werden können. Sich nicht mit aller Kraft gegen die Schließung der Notaufnahme/Krankenhaus gestemmt zu haben halte ich für grob fahrlässig und absolut unverantwortlich.