
Landrat Schiebel hat am Dienstagabend im historischen Rathaussaal in Karlstadt eine Wahlempfehlung ausgesprochen. Allerdings nicht für einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin, sondern für den neuen Landratsschoppen, einen trockenen 2018er Bacchus vom Retzstadter Langenberg. Die launige, offiziell-familiäre Vorstellung des durch ein erlauchtes Gremium zuvor ausgewählten Weines samt viergängigem Menü stand dieses Jahr unter dem Motto "Meine Wahlempfehlung – Landratsschoppen".
Zur letzten Präsentation des Landratsschoppens unter seiner Ägide hatte Schiebel die erstmals alle fünf aufeinander treffenden Landratskandidaten und -kandidatinnen eingeladen, außerdem die Weinprinzessinnen und ausgewählte Prominenz, daneben zum ersten Mal auch seinen Sohn und seine Tochter mit Begleitung. Neben seiner Partnerin Silke Huth kamen zudem seine Brüder Anton und Stefan sowie Freunde. Dem neuen, aus Holland stammenden Klinikreferenten René Bostelaar versprach Schiebel einen "Einblick in die fränkische Seele".

Die beiden wichtigsten Personen neben Schiebel waren vor und bei der Weinvorstellung der Hauptkellermeister der Gebietswinzergenossenschaft GWF Christian Baumann aus Homburg, der zum etwa zwanzigsten Mal in Reimform Tipps zum Weingenuss beisteuerte, und Schiebels Sekretärin Elke Rosenberger, die auch die "Taskforce Landratsschoppen" geleitet hatte.
Ein "richtiger Schoppenwein"
Als "Star des Abends" bezeichnete Schiebel jedoch den ausgewählten Wein, der dieses Jahr kein roter sei, um jeglichen Hauch einer Parteinahme zu vermeiden. Der Landratsschoppen sei ein "identitätsstiftendes Premiumprodukt". Zu den "knallharten Auswahlkriterien" gehören: Der Wein muss im Landkreis gewachsen sein, es muss ein einfacher "Zecherwein" sein und vom Landrat bzw. einem "handverlesenen Gremium von Experten" ausgesucht worden sein. Der Bacchus aus Retzstadt sei sowohl zum Feiern als auch zum Trösten geeignet.
Kellermeister Baumann ergänzte reimend: "Der Landratsschoppen ist zum Essen ideal, denn er passt zu jedem Mahl." Der Wein sei ein "richtiger Schoppenwein", "sehr trinkfreudig" mit einer "klaren, schönen Bacchusfrucht", der nach Aprikose und nicht nach Zitrusfrucht schmecke.

Wieder einmal "nicht verhindern" ließ sich laut Schiebel der Auftritt von Hermann und Hermine. Die berichteten Interna vom Auswahlprozess durch das Gremium aus "Schoppen-Schlürf-und-Schluck-Experten": "Den ganzen Abend werden nur Kreuzli gemacht", wie bei einer Wahl. Eine solche Blindverkostung wie beim Landratsschoppen, bei der nur die Qualität zählt, wäre doch auch was für die Politik, meinte Werner Hofmann. Und wie in der Politik müssten die Kandidaten "bekömmlich sein für die Bevölkerung", so Gerlinde Heßler. Ein "Ranzenbeißer" dürfe es jedenfalls hier wie da nicht sein.

Die Kabarettisten trauerten dem anwesenden Altlandrat Armin Grein nach, dessen Name sich so vorzüglich auf Wein reime. Was da bei den anwesenden Kandidaten in den kommenden Jahren für ein Landratsschoppen herauskommen solle, wenn deren Namen sich auf "reiher" (Baier), "flach" (Nembach), "mogel" (Vogel), "bitter" (Sitter) und "ölich" (Fröhlich) reimen? Wobei es auch unter Schiebel gute Weine waren, auch wenn dessen Name sich auf "Zwiebel" reimt.

Retzstadts Bürgermeister Karl Gerhard machte darauf aufmerksam, dass Schiebels erster Landratsschoppen 2008 und nun auch Schiebels letzter Landratsschoppen aus Retzstadt kommen. "Halten Sie sich an Ihren Vorgänger und küren Sie in Ihrem ersten Amtsjahr wieder einen Retzstadter Wein", legte er Schiebels potenziellen Nachfolgern ans Herz.
Als musikalische Unterhaltung hatte der Langenprozeltener Schiebel die Jungs von der Unplugged Connection des Männergesangsvereins (MGV) Liederkranz Langenprozelten eingeladen, die er als "Sahneschnitten" und "Boygroup" bezeichnete. Florian Wischert von der Combo entgegnete empört, sie seien die "härteste Schmuseband jenseits des Mains". Über die Bedeutung eines Weinglases sangen sie: "Lässt der Wein sich selbst nicht lumpen, schmeckt er gut aus größten Humpen." Gut schmeckte auch das Essen, das das Küchenteam der Marktheidenfelder Krankenhausküche zubereitet hatte und das die Weinprinzessinnen servierten.
