
Vor rund 175 Jahren, am 29. November 1847, starb der Pflochsbacher Pfarrer Franz Kraus. Für die Sendelbacher Filialgemeinde, die er mit betreute, brachte sein Tod eine Überraschung: Der Nachlass des Pfarrers ermöglichte den Bau der ersten Kirche im Dorf. Nach dem Wohltäter ist heute eine Straße benannt, an der Pfarrheim und Kirche liegen.
Kraus wurde am 11. September 1780 in Retzbach als Sohn des Baders (Barbiers) Friedrich Kraus geboren und auf den Namen Johannes getauft. Bereits mit vier Jahren war er Vollwaise, weil seine Eltern bei einer Mainüberschwemmung umkamen. Verwandte in Würzburg nahmen sich des Waisenkinds an.
Die Stiefschwester seines Vaters, die Hausmeisterin im Würzburger Bürgerspital war, ermöglichte ihm die Aufnahme des Theologiestudiums. Am 13. April 1800 trat er als 19-Jähriger in das Benediktinerkloster Neustadt ein und nannte sich nach dem Ablegen des Gelübdes Bruder Franziskus. Im Jahr 1803 erfolgte die Säkularisation des Klosters.
Jüngstes Mitglied der Abtei
Bei diesem reichsweiten Vorgang entschädigten sich die deutschen Fürsten für die linksrheinischen Verluste an Frankreich, indem sie kirchliches Eigentum beschlagnahmten. Das Kloster Neustadt wurde aufgelöst und fiel an den Fürsten Löwenstein. Zu diesem Zeitpunkt war Franz Kraus Subdiakon und jüngstes Mitglied der Abtei.
Eine Pfarrstelle konnte er noch nicht übernehmen, weil sein Studium noch nicht abgeschlossen war. Deshalb gewährte ihm Fürst Löwenstein 1804 bis zur Priesterweihe eine jährliche Pension von 400 Gulden. Nach Kaplanstellen in Estenfeld und Retzbach wurde er 1808 Pfarrer von Pflochsbach.
Viele Begabungen
Franz Kraus wurde von Zeitgenossen als begabter Mann beschrieben. So wurde ihm die Schulinspektion in den Kreisen Rothenfels, Kreuzwertheim und Kleinheubach übertragen. Bessere Pfarrstellen als in Pflochsbach wurden ihm mehrfach angeboten, aber er lehnte sie ab. Kraus wollte die Region nicht verlassen, weil sein Ziel die Wiederbelebung des Klosters Neustadt war.
Zu seinem Wirkungskreis als Pflochsbacher Pfarrer gehörte die Filialgemeinde Sendelbach. Kraus war sehr beeindruckt vom Willen der Sendelbacher, endlich eine eigene Kirche zu bekommen. Aber das Dorf war zu arm für den Bau. 1818 scheiterte der heute absurd anmutende Antrag, die Wallfahrtskirche Mariabuchen abzutragen und nach Sendelbach zu verlegen.
13.390,21 Gulden
Die große Überraschung für Sendelbach kam nach dem Tod des Pfarrers am 29. November 1847. Dieser hatte nach den Benediktinischen Ordensregeln sehr bescheiden gelebt und hinterließ das große Vermögen von 13.390 Gulden und 21 Kreuzern. Haupterbin sollte laut Testament die Filialkirche Sendelbach sein.
Der Nachlass war so groß, dass die Zinsen nach Abzug der Aufwendungen zur Versorgung seiner Haushälterin und seiner Dienstmagd für die Unterhaltung eines Kaplans reichten. 1855 plante der Lohrer Bezirkstechniker Bernhard Hofmann im Auftrag der Sendelbacher, die damals noch selbstständig waren, den Bau einer Kirche und errechnete dafür Kosten von 6500 Gulden.
Allerdings verzögerte sich die Umsetzung, und 1867, als der Bau endlich beginnen sollte, waren die Kosten durch die Inflation auf 25.000 Gulden angestiegen. Daraufhin plante der königliche Bauassistent Stadelmann vom Bezirksamt (entspricht dem heutigen Landratsamt) Lohr um, so dass sich die Kosten auf 15.000 Gulden reduzierten.
Nach dem Krieg abgerissen
Die neue Kirche Sankt Josef wurde von Joseph Wirth aus Lohr gebaut und am 29. Juni 1874 vom Pflochsbacher Pfarrer Johann Adolf Kraus, einem Vetter von Franz Kraus, geweiht. Wegen des Bevölkerungswachstums in Sendelbach nach der Eingemeindung nach Lohr 1939 und dem Zustrom von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg war sie in den 1960er-Jahren zu klein geworden.
Sie wurde 1969 abgerissen und durch den heutigen größeren Neubau ersetzt. Von der alten Kirche übrig geblieben ist das Kriegerdenkmal an der straßenseitigen Wand.