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Lohr
Der leidende Mensch im Mittelpunkt: Palmsonntagsgottesdienst aus Lohr live im ZDF
Mit erheblichem technischen Aufwand hat das ZDF den Palmsonntagsgottesdienst live aus der Lohrer Stadtpfarrkirche St. Michael übertragen.
Foto: Thomas Josef Möhler | Mit erheblichem technischen Aufwand hat das ZDF den Palmsonntagsgottesdienst live aus der Lohrer Stadtpfarrkirche St. Michael übertragen.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 09.02.2024 04:08 Uhr

Mit einem erheblichen technischen Aufwand hat das ZDF den Palmsonntagsgottesdienst live aus der Stadtpfarrkirche St. Michael übertragen. 30 bis 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte der Sender im Einsatz, als Pfarrer Sven Johannsen inhaltlich die Brücke zwischen dem aktuellen Ukraine-Krieg und der Jahrhunderte alten Lohrer Karfreitagsprozession schlug.

Das Geschehen im Gotteshaus fingen nach Angaben von Produktionsleiterin Elvira Stolzenberger drei fahrbare Kameras ein – jeweils eine im Mittelgang und den beiden Seitenschiffen. Zwei stationäre Kameras waren auf den Chor gerichtet, der im südlichen Seitenschiff sang. Dazu kam eine weitere, drehbare Kamera.

Ton und Licht steuerten Mitarbeiter, die sich hinter einer Sichtschutzwand vor dem Beichtstuhl im nördlichen Seitenschiff eingerichtet hatten. Regisseur Matthias Schwab, ein gebürtiger Rodenbacher, saß im Übertragungswagen, der auf dem Seeweg-Parkplatz stand. Vor dem Ü-Wagen hatte sich am Samstagvormittag eine lange Schlange gebildet, als dieser besichtigt werden konnte.

Lange Kabelstränge

Im Übertragungswagen befand sich auch der Bildmischer, der für den Schnitt der Bilder zuständig war, bevor sie zum Satelliten geschickt wurden. Der Weg von Bildern und Tönen führte von der Kirche zum Ü-Wagen über lange Kabelstränge, die auf dem Kirchplatz an den Bäumen und dem Bauzaun befestigt worden waren, der die Häuser abschirmt, die gerade saniert werden.

Schwab und Stolzenberger waren über Kopfhörer verbunden, damit der Regisseur ihr sagen konnte, welche Bilder er haben wollte. Die Produktionsleiterin hatte noch eine wichtige Aufgabe: Mit der Stoppuhr auf dem Smartphone kontrollierte sie die Einhaltung des minuziös ausgearbeiteten Zeitplans, um etwa dem Pfarrer Zeichen zu geben, wenn er schneller sprechen musste, um verlorene Zeit wieder aufzuholen.

Für eventuelle Zwischenfälle aller Art saßen im benachbarten Bruder-Konrad-Haus zwei Redakteurinnen des Senders. Sie verfolgten die Übertragung, um notfalls live in die Sendung gehen zu können – beispielsweise um für einen Tonausfall um Entschuldigung zu bitten.

Der Koffer als Kreuz

In seiner Predigt ging Pfarrer Sven Johannsen auf mehrere Stationen der Karfreitagsprozession ein, die derzeit in St. Michael stehen. Beängstigende Bilder in den Medien erschreckten uns seit Beginn des Krieges in der Ukraine, meinte er zur Station "Der Kreuzschlepper". Frauen mit Kindern an der einen Hand und Koffern, Tüten, Reisetaschen in der anderen, stünden nicht am Abflugterminal eines Flughafens.

Zu sehen seien vielmehr Familien, die aus ihrer Heimat fliehen müssten und in den Nachbarländern oder "bei uns auf den Bahnhöfen ankommen". Die Koffer symbolisierten nicht Vorfreude auf den Urlaub, sondern das Leid der Flucht und den Verlust von Haus und Habe, so Johannsen. Der Koffer in den Händen von Menschen werde "zum schweren Kreuz, das Jesus trägt".

Die technische Einheit vor dem Beichtstuhl steuerte Ton und Licht in der Kirche.
Foto: Thomas Josef Möhler | Die technische Einheit vor dem Beichtstuhl steuerte Ton und Licht in der Kirche.

Die Station "Der Kreuzschlepper" richtet nach Johannsens Worten unser Augenmerk auf die Menschen, die in unseren Tagen ihr Kreuz, ihren Koffer, ihre Krankheit tragen, darunter zu fallen drohen und stumm um unsere Hilfe bitten. Unser Nachbar, so die Aussage des "Kreuzschleppers", sei immer der nächste Mensch, der unsere Hilfe brauche.

Beim Betrachten der Stationen fällt auf, so der Pfarrer, dass außer Maria und einem Jünger beim letzten Abendmahl immer nur Jesus zu sehen ist, aber kein Soldat, Politiker oder Richter. Oft müsse man heutzutage erleben, dass in den Medien den Tätern mehr Aufmerksamkeit gewidmet werde als den Opfern. Im Mittelpunkt der Prozession stehe der leidende Mensch, die Prozession gebe den Opfern Ansehen, denn in ihnen sei Jesus ganz Mensch geworden.

Zeichen für den Pfarrer

Auf Anraten der Produktionsleiterin besuchte unser Mitarbeiter zum Fotografieren die Generalprobe am Samstagabend, die Live-Übertragung am Sonntag verfolgte er am Bildschirm. Vom technischen und personellen Aufwand des ZDFs war am Sonntag im Fernsehen praktisch nichts zu bemerken. Nur Stolzenberger und eine der mobilen Kameras waren für Augenblicke im Bild.

So entging den Fernsehzuschauern auch, was einige Besucher des Gottesdienstes am Samstag sehen konnten: Zweimal gab die Produktionsleiterin Pfarrer Sven Johannsen Zeichen, dass er noch drei beziehungsweise eine Minute für den Rest seiner Predigt zur Verfügung hatte.

 
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