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GRÄFENDORF
Der Felgenmacher von Gräfendorf: Vom Händler zum Hersteller
Michael Mahr
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:42 Uhr

Motorsport liegt Christoph Penisch im Blut. Der 48-Jährige Gräfendorfer ist viele Wochenenden im Jahr an Rennstrecken unterwegs. Er sitzt allerdings nur noch selten selbst hinter dem Steuer, um schnelle Runden zu drehen. Meist ist er geschäftlich unterwegs. Der gelernte Kfz-Mechaniker versorgt vor allem die Breitensport-Fahrer seit Jahren mit Rennreifen. Auch die dazugehörigen Felgen finden sie bei ihm. Seit Kurzem sind es die Eigenen, die Penisch verkauft. Der Gräfendorfer ist selbst Felgenhersteller geworden.

Felge und Reifen möglichst leicht halten

Felge und Reifen gehören zusammen. Für den Techniker sind sie, anders als die Karosserie, ein Teil der ungefederten Masse eines Autos, noch dazu der rotierende Teil dieser ungefederten Masse. Diesen Teil möglichst leicht zu halten, ist das Ziel, erläutert Penisch. Und das will er Sportfahrern mit seinen eigenen Felgen ermöglichen. Und nicht zuletzt: „Die Felge ist das Zubehör Nummer eins, das ein Auto schön macht.“

Eine Urkunde des Kraftfahrtbundesamts bescheinigt dem Gräfendorfer die Zulassung „für die Entwicklung und Herstellung von Kfz-Teilen – Rädern“. Das heißt nun aber nicht, dass der 48-Jährige in der großen Halle am Flurweg hinter dem Bahnhof plötzlich Metallverarbeitung im großen Stil betreibt. Penisch lässt seine Felgen von einer Firma herstellen.

Breitensport-Fahrer sind wichtigste Kunden

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Foto: Michael Mahr

Penisch versorgt mit dem Reifenhandel, den er mit seiner Frau Yasmin führt, zwar auch den ganz gewöhnlichen Autofahrer mit Reifen, bietet Montage und Einlagern an. Seine wichtigsten Kunden sind aber die Breitensport-Fahrer. Mit ihnen macht der Gräfendorfer 80 und mehr Prozent seines des Umsatzes. Sie kaufen bei ihm Slicks und Semislicks.

Erstere sind die profillosen Reifen, die nur auf Rennstrecken eingesetzt werden dürfen. Wer sie benutzt, muss seinen Sportwagen dann aber auf der Ladefläche eines Lastwagens oder Anhängers transportieren. Zweitere sind zwar auch für schnelles Fahren ausgelegt, haben aber etwas Profil, so dass sie von den Motorsportlern auch im Straßenverkehr gefahren werden dürfen. Weil das die Anreise vereinfacht, sind diese Reifen im Breitensport weit verbreitet.

Motorsportler sind auch die Zielgruppe für Penischs Felgen. „Protrack Wheels“ heißt die Marke, unter der er diese anbietet. Parallel zur Marke „Protrack Motorsport“, unter der er Reifen verkauft. Protrack war der Name der Firma, mit der Penisch vor vielen Jahren begann, sein Hobby zur Grundlage für die eigene Existenz machte. Zusammen mit seinem Bruder mietete er in Mitteleuropa Rennstrecken wie den Hockenheimring und bot dort Trainingsfahrten und Rennen für jedermann an.

Zurück zum alten Firmennamen

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Foto: Michael Mahr

Als er sich später auf den Reifenhandel konzentrierte, nannte er seine Firma „Profilreifen 24“, da er einen Namen suchte, in dem das Wort Reifen enthalten war und der gleichzeitig als Internetadresse noch nicht vergeben war. Doch die Sportfahrer kannten Penischs Unternehmen nun mal seit vielen Jahren unter dem Namen Protrack. Und statt immer wieder den neuen Namen zu erläutern, griff der Gräfendorfer die alte Marke – inzwischen eingetragen – wieder auf.

„Protrack One“ heißt Penischs erste Felge, gefertigt in Gusstechnik. Er bietet sie in fünf verschiedenen Größen mit Vier- oder Fünf-Loch-Anbindung an. Die Breite der mit zwölf Speichen versehenen Felge reicht je nach Modell von 7,5 bis 9 Zoll, der Durchmesser von 15 bis 18 Zoll. Das Gewicht der kleinsten und leichtesten Ausführung gibt Penisch in seinem Prospekt mit rund 6,5 Kilogramm an. Die größte wiegt neun Kilogramm.

Zusätzlich zur One gibt es inzwischen eine Felge in Schmiedetechnik, die STF10. Die 8,5 Zoll breite Felge mit 20 Zoll Durchmesser weist nur zehn Speichen auf. Sie wiegt etwas mehr als zehn Kilogramm. Penisch bietet sie in drei Farben an. Besonders auffällig ist die goldfarben eloxierte Version.

Lieferung containerweise

Containerweise kommen die Felgen in Gräfendorf an. Mehrere Tausend hat Penisch auf Lager, um alle Wünsche innerhalb von ein bis zwei Tagen erfüllen zu können. Derzeit verkauft er seine Felgen noch vorwiegend direkt an Endkunden, also an Motorsportler. Sein Ziel ist es, künftig vor allem an Händler in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu liefern.

Dass der Gräfendorfer den Markt für Autozubehör mit seinen Felgen aufmischt, ist nicht zu erwarten, und auch gar nicht angestrebt. Penisch konzentriert sich bewusst auf den kleinen, überschaubaren Markt für der Sportfahrer. Mit den großen Firmen auf dem Massenmarkt „könnten wir nicht mithalten“, sagt er.

Auch so musste er einen höheren sechsstelligen Betrag in das Projekt investieren. Insgesamt dauerte es gut drei Jahre, bis aus der ersten Idee für die eigene Felge hohe Stapel weißer Kartons in den Regalen wurden.

Der Weg zum Felgenproduzenten

Christoph Penisch lässt seine Felgen bei einer Firma in Taiwan herstellen, die das Knowhow hat, die gewünschten Fertigungsverfahren umzusetzen – darunter auch Schmieden. Die Vorgaben liefert er. Dazu gehört vor allem die Festlegung des Bremsfreigangs, der garantiert, dass die Felge mit den sehr großen Bremsanlagen aus dem Motorsport kompatibel ist. Für die Feinheiten der Konstruktion hat Penisch ein deutsches Ingenieurbüro engagiert. Das leitet die Konstruktionspläne an die Fertigungsfirma weiter.

Seine Felgen hat der Gräfendorfer vom TÜV Austria unter die Lupe nehmen lassen, um zu beweisen, dass sie die hohen Belastungen und Geschwindigkeiten im Renneinsatz aushalten, samt vorgeschriebener Sicherheitsreserve. Dieses Festigkeitsgutachten ist der erste Schritt zur Zulassung der Felgen.

Das Teilegutachten ist der zweite. Es legt fest, für welche Fahrzeugtypen Penischs Felgen zugelassen sind. Wer sein Auto durch Teile aufmotzt, die von der Serienausstattung abweichen, etwa Rennreifen, muss darauf achten, dass die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug nicht erlischt. Nur wenn es ein Teilegutachten gibt und Prüfer wie Dekra oder TÜV den sachgemäßen Einbau bescheinigen, darf man damit auf die Straße.

Ein Qualitätsmanagement-Hand-buch war auch nötig für den Felgenhersteller. Penisch erarbeitete es mit Jürgen Hofmann, Geschäftsführer der bundesweit tätigen Gräfendorfer Firma „Coaching factory“. Das Handbuch ist Voraussetzung für die Zertifizierung des Betriebs. Darin sind die Betriebsabläufe festgelegt, um dauerhaft Qualität zu garantieren.

Der Prüfer, Auditor genannt, schaue vor allem bei der Erstzertifizierung sehr genau hin, so Hofmann. Wie die Firma Protrack dafür sorgt, dass garantiert die Schrauben der richtigen Größe mit der Felge geliefert werden, war nur eines von vielen geprüften Details.

Mehr als ein Jahr arbeiteten Hofmann und Penisch an den Unterlagen. Die Zertifizierung gab's ohne Probleme. Und ein Lob vom Prüfer: Seine Erwartungen seien bei Weitem übertroffen worden.

 
 
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