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HAFENLOHR
Der bunte Schmetterling der Fasenacht
Bunter Schmetterling: Gernot Schüll (links) verkleidet sich gerne als sein Lieblingstier und macht mit beim Faschingsumzug in Hafenlohr. Unser Bild zeigt ihn mit seinem langjährigen Mitstreiter Charly Fischer.
Foto: Archiv Faschingsumzug | Bunter Schmetterling: Gernot Schüll (links) verkleidet sich gerne als sein Lieblingstier und macht mit beim Faschingsumzug in Hafenlohr. Unser Bild zeigt ihn mit seinem langjährigen Mitstreiter Charly Fischer.
Von unserem Redaktionsmitglied Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 09.10.2016 16:54 Uhr

Gernot Schüll ist ein bunter Vogel. Schillernd, ideenreich und ein bisschen skurril – so kennt man ihn in Hafenlohr und Umgebung. Vor über 30 Jahren hat er den Faschingsumzug in der Gemeinde mit ins Leben gerufen und hilft seither bei der Organisation. „Ich bin nicht der Fasching in Hafenlohr“, sagt er und verweist auf die vielen Freiwilligen, die das Spektakel Jahr für Jahr möglich machen. Dennoch hat Schüll seit jeher viel in die fünfte Jahreszeit investiert.

Tage und Wochen verbrachte er mit dem Gestalten und Bemalen von Wagen. Viermal war er selbst Faschingsprinz, weil sich sonst niemand bereit erklärte, das Amt zu übernehmen. Er schrieb und schreibt, unter anderem gemeinsam mit Marianne Riedel, den Dorfbarbier und pflegt die Homepage der Faschingsnarren. So sitzt er an diesem Nachmittag in blauem Jeanshemd und schwarzen Hosen hinter seinem Schreibtisch. Sein Gesicht liegt unter halblangem grauem Haar und hinter einem grauen Bart verborgen. Der 60-Jährige trägt eine Brille. Gerade hat er sich eine Zigarette angezündet, an der er genüsslich zieht. „Mit fünf Jahren habe ich an meinem ersten Umzug teilgenommen“, erzählt er und steht auf, um nebenan nach einer seiner historischen Schriften zu kramen. Er kommt zurück, schlägt das Heft auf, deutet auf ein Schwarz-weiß-Foto und sagt: „Das ist mein Vater. Da führt er den Marienbrunner Faschingszug an.“

In Hafenlohr hatte 1956 der letzte Umzug stattgefunden. Viele Jahre herrschte Ruhe, bis 1978 der so genannte Flopp-Club, der von Anhängern der Kapelle Flopp gegründet worden war, dafür sorgte, dass der Faschingstrubel wieder in der Gemeinde Einzug hielt. Der Flopp-Club war 1974 zum ersten Mal beim Faschingszug in Rothenfels mitgefahren. „1978 fand dort der letzte Umzug statt. Wir sind im Anschluss mit unseren drei oder vier Wagen durch Hafenlohr gefahren. Das war der Anfang“, sagt Schüll und schnippt ein wenig Asche in den goldfarbenen Aschenbecher zu seiner Linken. Treibende Kraft sei damals Elfie Blum aus Frammersbach gewesen.

Tummelten sich vor 35 Jahren rund 150 Zuschauer am Straßenrand, sei der Umzug in den letzten Jahren zu einer großen Sache geworden. „Da kommen ein paar Tausend Leute“, sagt der Faschingsfan. Um diesen Ansturm kümmert sich seit einem Jahr eine neue, jüngere Führungsriege – angeführt von Sven Endres und Michael Warmuth. Die ehemaligen Hauptorganisatoren stehen ihnen allerdings noch beratend und unterstützend zur Seite. „Wir Alten packen da mit an, wo wir gebraucht werden“, sagt der Grafiker und sein Blick fällt auf das Schild, das vor ihm auf dem Schreibtisch liegt. „Bonbonparadies für Kinder“ steht in großen Buchstaben darauf. Neben dem Schriftzug posiert ein sichtlich fröhlicher Junge im Clownskostüm. Ein Pfeil weist den Besuchern den Weg zum Startpunkt des Faschingsumzuges, wo es noch genügend Süßigkeiten für die jungen Besucher gibt. Mit den Schildern wollen die Faschingsorganisatoren versuchen, die Zuschauermasse zu entzerren und verhindern, dass die Kinder am Ende des Zuges keine Süßigkeiten mehr abbekommen. „Es ist normal, dass die Jugend mal was Neues probiert und die machen das gut“, sagt Schüll.

Immer wieder rollt er mit seinem Stuhl zwischen seinen Schreibtischen hin und her, um an einem seiner fünf Bildschirme Bilder von vergangenen Umzügen zu zeigen. Wie viele Wagen und Fußtruppen dieses Jahr teilnehmen werden, weiß Schüll nicht. „Bei uns wissen wir am Samstag noch nicht, wer am Sonntag teilnimmt. Das ist das Schöne“, freut er sich. Dadurch, dass sie keinen Faschingsverein hätten, gäbe es weniger Regeln, alles sei freier und offener, es gebe keinen Streit um Positionen. Das sei reizvoll und gefährlich zugleich: „Wir wissen natürlich nie, ob wieder etwas zustande kommt.“ Geld nehmen die Organisatoren durch den Verkauf des Dorfbarbiers, Werbung auf den Flyern und Spenden ein.

Auf die Frage nach seinem Lieblingsfaschingskostüm antwortet Schüll mit einer ausladenden Bewegung, die die Vielzahl an Schmetterlingsfiguren in seinem Büro einschließt. Geschnitzt, geklöppelt, in Rahmen, als Windfänger oder aus Porzellan gegossen zieren sie den Raum. In der mittelalterlichen Buchmalerei ist der Schmetterling das Symbol für Geist und Auferstehung. Das Schmetterlingskostüm hat zudem einen praktischen Vorteil: „Ich kann es einfach über Sweatshirt und Jogginghose ziehen und dann geht's ab.“

Der Faschingsumzug in Hafenlohr findet am Sonntag, 10. Februar, ab 13 Uhr statt. Die Internetseite der Faschingsnarren finden Sie unter folgender Adresse: fasenacht.gshafenlohr.de

 
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