Als es mir schlecht ging, hat er mir geholfen. Er hat mich wieder aufgerichtet, fit gemacht, in einen neuen Lebensabschnitt geführt. Nicht mit Cortison-Spritzen, sondern mit Zuwendung in homöopathischen Dosen hat er mich aufgepäppelt.
Grade mal 43 Jahre alt, hat er nun das Zeitliche gesegnet. Gut vorbereitet, ist er in aller Stille gegangen. Die Anzeige ist geprägt von der ihm eigenen Bescheidenheit. „Bayersturm e. V. Lohr – Verein ist aufgelöst.“ Der Amanns Peter hat sie aufgegeben, zeitweise stellvertretender Vorsitzender, vom Amtsgericht als Liquidator bestellt.
Fünf Dutzend Meeviertler
Der Bayersturmverein, das waren knapp fünf Dutzend Freunde aus der Fischer-, Muschel- und Steinmühlgasse. Aus der Taufe gehoben haben sie ihn 1975, um Geld für die Innenrenovierung des Turms aufzutreiben. Mit ihren Bayersturmfesten haben sie nicht nur die umgerechnet 125 000 Mark für die neue Treppe zu meinem Domizil erwirtschaftet – und damit dafür gesorgt, dass ich seit 1979 wieder besucht werden kann. In die Innenausstattung haben sie zudem fast 50 000 Mark gesteckt.
Nicht zu vergessen der Sandsteinbrunnen, den sie Lohr zum 650. Jahrestag der Stadtrechtsverleihung geschenkt haben. Geschenkt! Das ist jener bärtige Fischer, der sein Netz aus dem Wasser zieht – und je nach Perspektive fischt oder schifft. Eine pfiffige Idee, die bis heute für Lacher bei jeder Stadtführung sorgt. Geschaffen hat sie, auch daran sei erinnert, der Würzburger Künstler Bildhauer Helmut Weber, der ja schon 2012 von uns gegangen ist.
Verein hat einiges in Bewegung gebracht
Der Verein hat die 1000 Mark auf den Tisch gelegt, mit denen die Stadt dem Höflings Walter 1984 seinen Aalschokker abgekauft hat; er hat ein paar Euro zum Europäischen Kulturweg Lohr III beigetragen; er hat dafür gesorgt, dass die hölzernen Werkzeuge des letzten Lohrer Schiffsbauers, Fritz Molitor, an einem Hausvorsprung am Fischertor angebracht wurden und er hat den Gedenkstein der Meeviertel-Zünfte am Seeweg-Parkplatz finanziert. Unterm Strich, so hat der damalige Vorsitzende Toni Hoffmann 2005 zusammengerechnet, haben die Meeviertler mit ihren 15 Festen stolze 300 000 Euro zusammengekratzt.
Meine Freunde haben vor dem Fischertor den originalen Stockanker eines Lohrer Lastschiffes, an einem stilisierten Schiffsbug hängend, aufgestellt. Er ist ein Originalteil aus der Endzeit des Lohrer Lastschiffbaus in den Jahren 1850 bis 1900, hatte lange Jahre vor dem früheren Gasthaus Anker an der Fischergasse gelegen und war die Zierde der Bayersturmfeste.
Schauplatz für 22 Trauungen
Nun ist der junge Freund in Frieden gegangen. Die meisten seiner Mitglieder sind gestorben. Nachgewählt wurde nie. Ein Dutzend Leute und 1400 Euro sind noch übrig geblieben. Der Verein hat mehr als seine Pflicht und Schuldigkeit getan. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle in aller Form und auch herzlich bedanken. Durch ihn fühle ich mich heute pudelwohl in meiner luftigen Wohnung, freue mich über die Besucher, die mein Partner Heinz Müller allsamstäglich zu mir hochführt. Und ehrlich, anfangs war ich ja skeptisch: Die 22 Trauungen, die seit 2005 bei mir vollzogen wurden, das waren echte Highlights für mich. Und eine weitere ist für dieses Jahr noch angekündigt.
R.I.P., Bayersturmverein, Euer Bayerstürmer (rp)