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Langenprozelten
Der alpine Schatzsucher aus Langenprozelten
Marcel Betz sammelt mit Gefährten im Hochgebirge Kristalle und Mineralien. Er verkauft Funde, arbeitet aber auch mit Wissenschaftlern zusammen.
Der Langenprozeltener Marcel Betz freut sich am Großvenediger über einen frisch gefundenen Bergkristall.
Foto: Marcel Betz | Der Langenprozeltener Marcel Betz freut sich am Großvenediger über einen frisch gefundenen Bergkristall.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 16.12.2021 02:22 Uhr

Der 24-jährige Marcel Betz hat eine für hiesige Gefilde recht außergewöhnliche Leidenschaft: Der Langenprozeltener verbringt jedes Jahr mehrere Wochen damit, in Österreich über Gletscher zu stapfen und auf 3000 Meter Höhe nach Mineralien und Kristallen zu suchen. Zum Teil behält er die Funde, zum Teil verkauft er sie. Aber nicht jeder darf im Nationalpark Hohe Tauern in Osttirol einfach so die Schätze der Berge heben. Seine Arbeit dient daher auch Forschungszwecken.

Ohne die richtige Ausrüstung geht es nicht, denn dort oben lauern Fels- und Gletscherspalten, und immer häufiger kommt es zu Steinschlag, weil der tauende Permafrost die Steine nicht mehr hält. Auf den Schneefeldern fänden sich immer mehr Steine, hat Betz beobachtet. "Ohne Helm gehe ich nicht am Gletscher zum Mineraliensammeln", sagt er. Und Steigeisen und richtiges Schuhwerk sind ebenfalls ein Muss. Gut, dass er mit dem Tiroler Brüderpaar Gerhard und Hannes Hofer, die beruflich auf Mineralienjagd gehen, zwei erfahrene Kletterkameraden hat.

Schon als Bub war er in den Alpen

Betz ist Mechatroniker bei Rexroth in Lohr. Seinen Jahresurlaub verbringt er aber zum großen Teil in den Alpen auf Schatzsuche. Schon als Kind hat er beim Verwandtenbesuch viel Zeit in den österreichischen Alpen verbracht, erzählt er. Der Bruder seiner Großmutter zog einst dorthin. Und schon in jungen Jahren interessierte er sich für Mineralien und Kristalle, kaufte sie anfangs auch – bei den Brüdern Hofer, die laut Betz Koryphäen auf ihrem Gebiet sind. Mit 18 verbrachte er drei Wochen in den Alpen und zog mit den Hofers hinauf, um selbst zu sammeln.

Auf der Suche nach Mineralien und Kristallen: Marcel Betz zwischen den Brüdern Gerhard (links) und Hannes Hofer.
Foto: Marcel Betz | Auf der Suche nach Mineralien und Kristallen: Marcel Betz zwischen den Brüdern Gerhard (links) und Hannes Hofer.

Die Zwillingsbrüder wissen mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung, wie man sich in den Bergen sicher bewegt und natürlich wo man suchen muss – und geben ihr Wissen an den jungen Flachländler weiter. "Wir lesen die Gesteinsschichten wie ein Buch", sagt Betz. So seien Stürze zwischen den Gesteinsschichten wahrscheinliche Fundorte von "Klüften", also Hohlräumen, in denen vielleicht Kristalle wachsen.

Am Ende von Quarzadern, die sich durch den Berg ziehen, finde man vielleicht eine solche kleine Höhle. Die Erwärmung des Klimas hat für Mineraliensammler auch etwas Gutes: Der sich zurückziehende Gletscher gibt Felsen und damit womöglich Klüfte frei, wo sich Kristalle befinden könnten. Es brauche generell Glück, Gespür und einen gewissen wissenschaftlichen Hintergrund beim Sammeln, sagt Marcel Betz.

Zu Forschungszwecken darf er im Nationalpark sammeln

Eigentlich ist es im Nationalpark Hohe Tauern verboten, Mineralien und Kristalle aus dem Fels zu schlagen. Aber in Sonderschutzzonen sei es für ausgewählte Sammler möglich, erzählt der 24-Jährige. Dafür habe man sich bei einem Forschungsprojekt der Uni Wien bewerben müssen, und wenn man etwas finde, müsse man den Fundort und das Gefundene genau dokumentieren und die Daten den Geologen schicken. So möchte die Uni herausfinden, wo genau welche Mineralien zu finden sind. Wissenschaftler kämen sonst womöglich selbst gar nicht dorthin. "Wir gehen ja wirklich Bergsteigen, wir gehen ja nicht an einem Wanderweg suchen."

In den Alpen sei das Sammeln von Mineralien keine industrielle Angelegenheit wie etwa in Brasilien, wo unglaubliche Mengen mit Baggern abgebaut würden. Was man in den Hochalpen finde, passe in einen Rucksack. Entsprechend seien Kristalle aus den Alpen auch ein mehrfaches teurer. Der Einsatz von Akkubohrhämmern oder gar Sprengstoff sei dafür im Nationalpark tabu, da dürfe man nur Hammer und Meißel einsetzen. Außerdem müssen die Projektteilnehmer darauf achten, dass Moos oder Grasbüschel anschließend wieder dorthin gelegt werden, wo man sie entfernt hat.

Verkauf über Online-Shop

Anfangs hat der Langenprozeltener nur gesammelt, mittlerweile betreibt er im Nebengewerbe jedoch auch einen Online-Shop, wo er gefundene Mineralien und Kristalle verkauft. Manche Stücke gibt es dort für unter 50 Euro, exklusive Sammlerstücke kosten aber auch mal über 1000 Euro. Die Hofer-Brüder, die ihre Funde auf Messen und Börsen verkaufen, hätten Betz irgendwann gefragt, ob er nicht einen Online-Handel machen möchte. Dort verkauft er denn auch Stücke der "österreichischen Top-Strahler", wie er sagt – "Strahler" ist vor allem in der Schweiz der Begriff für Mineraliensammler.

Er habe auch schon Kunden aus den USA gehabt. Stücke, die er im Rahmen des Forschungsprojekts findet, werden für Rückfragen oder eine mögliche Begutachtung ein Jahr lang aufbewahrt, ungewöhnliche Funde bekomme das Bundesland Salzburg für sein Museum.

Im September hat ein Filmteam des ZDF Marcel Betz und die Hofer-Brüder für eine Dokumentation mit dem Namen "Gold und Glitzer" zwei Tage lang begleitet. In dem Beitrag, an mehreren Orten dieser Welt gedreht, geht es um die Schattenseiten des Abbaus von Gold und Edelsteinen. Das mühsame Kraxeln und umweltverträgliche Sammeln in den Alpen dient als positives Gegenbeispiel.

Der ZDF-Beitrag wird am kommenden Samstag, 11. Dezember, um 17.35 Uhr ausgestrahlt und findet sich jetzt bereits in der Online-Mediathek.

 
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