Dass die "Brettl-Spitzen" das derzeit quotenstärkste Format im Bayerischen Fernsehen sind, hat einen guten Grund: Wo immer die Akteure der bunt-fröhlichen Volkssängerrevue auftreten, garantiert ihr Musikkabarett auf hohem Niveau eine willkommene Auszeit vom Alltag. So auch am Sonntagabend in der Lohrer Stadthalle, wo fast 500 Besucher eine Lachoffensive über "was Älteres, was Neues und was Brandneues" starteten.
"Lasst uns in Unterfranken die Brettl-Spitzen feiern. Das ist unser Ziel", ruft Moderator Jürgen Kirner dem Publikum zu. Nicht nur Lohr mache Laune, sondern auch die Brettl-Spitzen, zieht er die Parallele zur Gastgeberstadt. Der gebürtige Oberpfälzer ist Gründer und Kopf der Couplet-AG sowie Initiator der Brettl-Spitzen im BR. Das Ziel wird erreicht: Das überwiegend ältere Semester im Saal feiert ein Fest des ansteckenden Frohsinns mit satirisch-musikalischer Fülle. Das Ergebnis ist Vergnügen pur, kundgetan durch herzhaftes Lachen und die lautstarke Beifallsbekundung.
Wohltuend, dass in der Volkssängerrevue mit Schleudergang, Couplet-AG, Conny und den Sonntagsfahrern, Martin Frank und Roland Hefter die politische Lage mit all ihren Kuriositäten außer Acht gelassen wird. Im rasanten Wechsel konzentrieren sich die 13 Akteure auf Alltagsgeschichten, denn "das tägliche Leben bietet genug Stoff".
Hintersinniger Wortwitz
Die Talentbühne der Brettl-Spitzen kann aus dem Vollen schöpfen: Da ist die "Couplet-AG" mit Frontfrau Bianca Bachmann um Jürgen Kirner und die Musiker Bernhard Gruber und Berni Filser, die der bayerischen Seele ihre ganz eigene Stimme gibt: Ganz gleich, ob "a Glaserl Eigenurin vom Morgenstrahl" in den Saal gereicht wird, ob ein Loblied auf den "Mann mit Bierbauch" oder den Fortpflanzungstrieb des Bofrostmannes gesungen wird. Mit hintersinnigem Wortwitz lauert der Münchener Liedermacher Roland Hefter den Tücken des Alltags auf mit dem Fazit: "Schlimmer geht's immer".
Wohl wahr ist sein Kommentar zum "Ständig in Urlaub-Fahrer" mit dem Menschen, der ihn am meisten aufrege. "Gemeint ist damit nicht die Ehefrau, sondern er selbst."
Das Trio "Schleudergang" (Roland Stetter, Florian Weinmann, Raimund Pauli) aus dem musikalischen Bermudadreieck Alkofen, Lalling und Freyung hält die Tradition der "griabigen niederbayerischen Wirtshausmusi" hoch und testet erfolgreich den Lohrer "Drei-Stufen-Applaus". An Komik kaum zu überbieten ist das Heimatlied, mal gesungen als "Kurzzüngler", mal mit einer "Bleetschn wia a Kuh" oder ihr Appell: "Iss an Radi und trink a Weißbier drauf" samt den Folgen in Form des tiefen Basses.
Ganz nah dran am Menschen sind die Strophen vom "Problem-Trepferl". Unvergessene Melodien mit "Conny und den Sonntagsfahrern" gleichen einer Hommage ans deutsche Wirtschaftswunder.
Zum Publikumsliebling wird Martin Frank gekürt. Frisch, frech und frei behauptet der 1992 geborene Ex-Standesbeamte: "Niederbayern plus Bauernhof ist gleich Kabarettist" und erklärt Brigitte aus NRW die vier Zitzen einer Kuh so: "Jeweils eine für Bergbauernmilch, Vollmilch und H-Milch". Dank einer Handvoll Kaffeebohnen sei der "Latte Macchiato" aus Zitze Nummer vier ein Genuss.
Unter dem Motto "Es kommt, wie's kommt" schmettert der klassisch ausgebildete Sänger eine Abschiedsarie zur "Hendl-Beerdigung" auf dem Misthaufen. Standing Ovations am Ende: Nach drei Stunden und der letzten Zugabe mit Publikumschor prophezeit ein strahlender Jürgen Kirner: "Irgendwann erreichen wir die Fusion mit Fastnacht in Franken".